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Mittwoch, 19. September 2018

HANSESTARTUP Recalm: Was laut ist, wird leiser ... und leiser.

HAMBURG STARTUP REPORT

Lärm macht krank. Wir leiden körperlich und geistig, wenn es zu laut wird. Schwerhörigkeit ist die zweitgrößte Berufskrankheit in Deutschland. Jeder 8. Bundesbürger leidet unter Hörschäden. Wer in der Stadt lebt, hat durch Straßenlärm schlechte Hörwerte, als Landbewohner. Marc von Elling kennt das aus eigenem Erleben. An der Hauptverkehrsachse zwischen Altstadt, Neustadt, Altona und Blankenese ist im Sommer die Hölle los.


Das Team der Hamburger Tech-Startups Recalm.
Foto: Recalm

Ein sechköpfiges Team um den Elektroingenieur hat den Kampf gegen Lärm auf Baustellen aufgenommen. Unterstützt von Airbus und Stadt startet das Tech-Startup Recalm jetzt durch - auf dem Weg zum Lösungsanbieter für schallbasierten Lärmschutz in Führerständen von Baggern und Landmaschinen. Ein Hamburg Startup Report - entstanden in einem lauten Zugabteil zwischen Hamburg und Berlin: 

Ein Montag-Morgen, im ICE 1518 von Berlin nach Hamburg. Im "Bahn Comfort"-Abteil macht es sich eine Gruppe junger Mädchen bequem. Die Sportlerinnen entertainen den halben Wagon. Im Business-Abteil stört das die Pendler zwischen Spree- und der Alstermetropole wenig. Sie haben große Kopfhörer auf, auf diesen bekannte Namen, wie "Bose" und "Beats". Das Geheimnis der Geschäftsreisenden heißt Active Noice Cancelling - kurz: ANC - und ist Standard im Kopfhörer jedes Vielfahrers. Ob schrille Reisegruppe, quängelnde Kleinkinder oder lautstarke Urlauber - mit einem Klick ist Ruhe.

Szenenwechsel: Donnerstag, 17. Mai, Hamburg Innovation Summit in Harburg. Wirtschaftssenator Frank Horch besucht die Ausstellung junger Unternehmen und visionärer Hamburger Hochschulprojekte in einer zugigen Garage des TU Tech-Gebäudes gegenüber dem künftigen Innovationsport am Harburger Hafen. Der interessierte Spitzenpolitiker setzt sich in die Kabine eines Kompaktbaggers und lässt sich die Arbeit des Hamburger Startups Recalm erklären. Was BahnCard 100-Nutzer in ihren Over Ear-Kopfhörern haben, gibt es auch in Kopfstützen von Fahrerhäuschen - inkl. Antischall. Und das ist eine Innovation für den Industriestandort Hamburg.


Wirtschaftssenator Horch im Demo-Bagger in Harburg.
Foto: HANSEVALLEY

Der Anfang des Hamburger Tech-Startups Recalm begann auf einer mit HANSEVALLEY befreundeten Matching-Plattform - Founderio. Der Hamburger HAW-Student Marc von Elling suchte auf der von Studenten der Berliner Gründerhochschule HWR initiierten Plattform nach Mitstreitern. 'Ich möchte die Lebensqualität durch Lärmminderung erhöhen', schrieb der Elektrotechniker frei von der Leber weg. Betriebswirt Lukas Henkel aus dem Rheinland blieb an der Recalm-Website hängen. Gesucht, gefunden - in weniger als 11 Minuten - und ohne Jahresabo. Lukas erzählt im Recherchegespräch, wie bei Co-Founder Marc alles mal losging.

Active Noise Cancelling: Schall hilft gegen Schall.

Sommer 20216, eine Wohnung oberhalb des Fischmarktes, dort wo der 112er Bus seinen Schlenker macht. Die Fenster bei schönsten Wetter offen lassen, das ist für den jungen Studenten der HAW eine Herausforderung. Bei fast 30 Grad mit einem "Bose QuietComfort 35" der Abteilung "Bahn Comfort" durch die Wohnung zu laufen ist nicht wirkliche eine Alternative. Dem sympatischen Techi kommt eine Idee: Das Grundprinzip Schall gegen Schall zu setzen, um die Ohren zu schonen, gibt es seit 1930. Wie wäre es dann, wenn das Prinzip auch ohne Kopfhörer möglich wäre? Eine Idee ist geboren.


Unterschied mit und ohne Recalm in der Baumaschine.
Grafik: Recalm

Beim Pitch-Event bei Airbus setzt sich das junge Team um den Embedded Systems-Spezialisten Marc gegen 90 Ideen aus 30 Ländern durch. Im Inkubator bauen sie ihr Team mit 3 Startuppern auf und werden über 6 Monate auf ihren weiteren Weg vorbereitet. Neben Büroflächen helfen den Gründern vor allem Workshops und Coaching. Ein Mentor aus dem Airbus-Management gibt ihnen wertvolle Tipps. Ralf Ressel, Ingenieur und langjähriger Entwicklungsleiter für Baumaschinen wird ihr 4. Mann. Bis heute gibt es ertrauensvolle Kontakte zu Airbus, auch wenn sich Recalm in eine eigene Richtung entwickelt. 

Vom Flugzeug zu Baumaschinen zu Bahnsitzen.

Das Nachwuchsunternehmen spezialisiert sich auf Bau- und Landmaschinen. Der Lärmpegel auf Baustellen und im Außeneinsatz ist vergleich mit dem einer startenden Passagiermaschine. Die Schlüsselfrage wird: "Wie können wir Baustellen leiser machen?" Co-Founder Lukas Henkel ergänzt: "Wenn wir einmal in einem Sitz einer Baumaschine präsent sind, können wir später vielleicht in einem Flugzeug- oder Bahnsitz oder dem heimischen Ohrensessel aktiv werden." Womit er der beste Freund von tausenden täglicher Bahn-Pendler zwischen Haupt- und Hafenstadt werden dürfte. Doch zunächst arbeitet das junge Team am Führerstand eines Bagger- oder Maschinführers.

Mit dem Exist-Gründerstipendium des Bundes i. H. v. 125.000,- € konnten die pfiffigen Jungunternehmer ab Mitte 2017 durchstarten und ihren Prototypen mit einer intelligent-vernetzten Kopfstütze und cleveren Lautsprechern zur Rauschunterdrückung weiterentwickeln. Ein Jahr später der erste Markterfolg: In einem mehrwöchigen Stresstest wird das Recalm-System im Stresstest bei einem Pilotkunden getestet. Ein System, das im Kern aus Fingernagel-großen Mikrofonen, 3 Zoll-Laursprechern, einer Hardware-Plattform leistungsfähigen Chips und einer intelligenten Betriebssoftware mit eigens entwickeltem ANC-Algorythmus der Harburger Tüfftler.


Keine Kopfhörer, keine Kopfschmerzen, kein Hörschaden.
Grafik: Recalm

Nach dem Exist-Gründerstipendium unterstützt auch die Stadt Hamburg die visionären Gründer - fast mit dem Höchstbetrag der IFB-Gründerförderung "InnoRampUp". Dabei entwickeln sich die Profis  der IFB Innovationsstarter GmbH zugleich zu Sparrings-Partnern mit Rat und Tat. Der 28-jährige Wahl-Hamburger Lukas freut sich, ganz vorn dabei zu sein: "Es ist ein Produkt, dass die Leute gebrauchen können." Jetzt geht es um den ersten Pilotkunden. Bereits im nächsten Jahr wollen die zukunftsweisenden Hamburger auf der weltgrößten Baumaschinenmesse "Bauma" in München präsentieren, ihre Neuheit der Branche demonstrieren und Kontakte für Projekte gewinnen.

Ein Unternehmen aufbauen statt Bullshit-Bingo.

Im Gegensatz zu Hype-Statups an de Spree sehen die Recam-Gründer durchaus einen Fokus auf mittelständische Familienunternehmen unter den Baumaschinenherstellern, und nicht nur Marktführer, wie Caterpiller, John Deere und Kumastu. In ihrem Marketing beschränkt sich das heute 6-köpfige Team vor allem auf Messebesuche zur Vernetzung sowie auf die Teilnahme an Seminaren und Tagungen. Das Team aus 3 Wirtschafts-/Ingenieuren und 1 Betriebswirt plus Praktikanten hat sich auf den Weg gemacht. Co-Founder Lukas gibt uns als Inside mit: "Uns wird zurückgespielt, sehr gemischt aufgestellt zu sein." Und schließt mit den hoffnungsvollen Worten: "Das ist kein Projekt, dass 6 Monate laufen soll. Wir wollen organisch ein Unternehmen aufbauen." Wir nennen das ein echtes HANSESTARTUP.





* * *

 Hamburg Digital Background: 

Recalm Hamburg:
www.recalm.com

Active Noise Cancelling, ANC:
www.itwissen.info/ANC-active-noise-cancelling-ANC-Verfahren.html

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Hamburg Innovation Summit:
https://hamburg-innovation-summit.de/

IFB Innovationsstarter:
https://innovationsstarter.com/

Donnerstag, 8. März 2018

HANSEHISTORY: Das digitale Freilichtmuseum auf dem Hammaburgplatz

Hamburgs Stadtgeschichte beginnt auf dem heutigen Domplatz in der Altstadt, wo die erste Befestigungsanlage der frühmittelalterlichen Siedlung Hammaburg errichtet wurde. Von hier aus entwickelte sie sich zu einer florierenden Hafen- und Handelsmetropole. Nahe dieser Keimzelle entstanden bedeutende Gebäude, wie der Mariendom und das steinerne Stadttor, das noch heute das Hamburger Stadtwappen prägt.
Visualisierung der Hammaburg-Siedlung in der Altstadt.
Illustration: AMH Hamburg
Hamburgs Gedächtnis ist an Museums- und Rathausplatz in Harburg zu Hause. Unter dem Dach des Helms-Museums kümmert sich das Team um den Archäologen und Sammlungsleiter Michael Merkel um die Sichtbarkeit der Hamburger Historie. Im Mittelpunkt: die digitale Hammaburg. Ein Hamburg Digital Report zur virtuellen Kaufmannssiedlung an der Elbe:

Ausstellungen, Kataloge, pädagogische Programme - so sieht die Arbeit eines Archäologischen Museums aus, so sieht die Arbeit der Hamburger Archäologen im Landesmuseum in Harburg aus - zugleich Hamburgs Behörde für Bodendenkmalpflege. Die Stiftung Helms-Museum kümmert sich mit rd. 2,2 Mio. € öffentlichen Mitteln im Jahr und 30 Mitarbeitern um das historische Vermächtnis der einst freiesten Stadt in der Mitte Europas. Die Ergebnisse der Ausgrabungen  werden im Archiv des Archäologischen Museums verwahrt, während sich die Bodendenkmalpflege vor allem mit Zeichnen, Vermessen und Graben beschäftigt.


Das Stammhaus des Helms-Museums in Harburg.
Foto: Wolfgang Meinhart, Lizenz: CC BY-SA 3.0
"Alles unter der Grasnarbe" fällt in die Zuständigkeit des "AMH", bringt Geschäftsführer Thorsten Römer auf den Punkt. Und ergänzt: "Die Inhalte sind eigentlich gesetzt" - z. B. auf dem Domplatz mit seinen 39 weißen - die historischen Umrisse des Mariendoms nachbildenden - Lichtkissen. Thorsten Römer, seit gut 2 Jahren für die Finanzen von Hamburger und Harburger Geschichte zuständig, spricht aus, was heute zählt: "Es geht darum, mit neuen Konzepten an die Nutzer heranzukommen." Auch wenn die 2,5 Mio. Objekte in Harburg zu den größten archäologischen Sammlungen Norddeutschlands zählen.

"Die Hammaburg gehört uns"

"Wir versuchen, digital up-to-date zu sein", unterstreicht Sammlungsleiter Michael Merkel, zuständig für digitale Projekte. Das Digitale ist für ihn längst im Museum angekommen. Bereits 2010 veröffentliche das Landesmuseum eine eigene App, um die Schätze der Kaufmannssiedlung vielen Menschen zugänglich zu machen. Mittlerweile geht man nicht nur in Harburg weg von Apps - und damit hin zu digitalen Inhalten - vor Ort und unterwegs. Mit einem E-Culture-Projekt tragen die Archäologen zusammen mit Partnern, wie der HafenCity Universität, dem E-Culture-Lab und Hamburg@work die Inhalte jetzt in die Stadt.


Soll digital wieder lebendig werden: Die Hammaburg-Siedlung
Illustration: AMH
Seit 1 Jahr forschen Stadtentwickler der HCU mit Archäologen des AMH an der gegenwärtigen Nutzung des zugigen Platzes an Hamburgs ältester Straße, der Steinstraße. 1,4 Mio. € stehen den Partnern in dem 3-jährigen Projekt zur Verfügung, nach der wissenschaftlichen Analyse zunächst einzelne Angebote und schließlich eine lebendige Museumsstätte zu errichten. Einer der entscheidenden Schritte zur Sichtbarkeit Hamburger Geschichte ist die für das Frühjahr geplante Umbenennung des Domplatzes in Hammaburgplatz. 

"Displays sind eigentlich auch Vitrinen"

Mit Displays rund um den Platz sollen im nächsten Schritt die wichtigsten Informationen zur Entstehung der Siedlung jedem zugänglich werden. Der seit 20 Jahren engagierte Sammlungsleiter Michael Merkel umreißt das Ziel der Aktivitäten: "Wir wollen kurz- bis mittelfristig Dauerausstellungen am Hammaburgplatz, der Keimzelle der Stadt Hamburg, etablieren." Zu den Orten von besonderem historischem Interesse gelten das historische Stadttor - heute Wappen der Freien und Hansestadt, der 1. Dom und die Wallanlage um die Hammaburg-Siedlung.


Museumsschaufenster in der Harburger Schloßstraße
Foto: AMH
Bevor das digitale Freilichtmuseum in der historischen Mitte am Hammaburgplatz Realität wird, ist zunächst ein "Schaufenster der Archäologie" geplant, zum Leben erweckt durch Audio- und Videoinhalte, um die Bedeutung des Platzes Touristen wie Hamburgern näher zu bringen. Das Projekt wird eventuell mit weiteren Inhalten per App oder Onlinepräsenz ergänzt. Ein Beispiel, wie ein Museumsfenster ganz praktisch aussehen kann, ist in drei Museumsfenstern in der Harburger Schloßstraße 30 zu erleben.

Weil man in Hamburg nicht nur gründlich, sondern auch vorausschauend arbeitet, steht der künftige Hammaburgplatz am Speersort nicht allein auf weiter Flur. So plant die Stadt einen "digitalen Touristenpfad" - beginnend beim Kreuzfahrtanleger, dem Cruise Center in der Hafencity. Mit der im Dezember vergangenen Jahres präsentierten Speicherstadt-App der Hamburger Kulturbehörde geht es virtuell durch das UNESCO-Weltkulturerbe. Nächste Station ist der Hammaburgplatz mit dem geplanten Freilichtmuseum zur Geschichte der Hafen- und Handelsstadt - mit Digital-Displays, Bischofsturm im Backhus und Museums-Schaufenster.

"Digital gehört heute einfach dazu"

Die historische Besucherroute könnte weiter zum Rathausmarkt und zur Nikolaikirche geführt werden, dem Ort der 1125 erbauten "neuen Burg" von Hamburg - der historischen Keimzelle der Kaufmannssiedlung an der Norderelbe. Dabei soll die Route von der Speicherstadt zur Hammaburg auch mit dem städtischen WLAN-Netz "MobyKlick" ausgeleuchtet werden, um die Angebote jederzeit auf dem Smartphone nutzen zu können. Für die Macher des Archäologischen Museums gehören die neuen Möglichkeiten zur ihrer Arbeit genauso dazu, wie die Dauerausstellung in Harburg und Gastausstellungen.

Die Dauerstellung in Googles VR-Cardboard
Foto: AMH
Michael Merkel fast abschließend zusammen: "Ein Museum ist immer auch das kulturelle Rückgrat einer Gesellschaft". Der langjährige Museumsmacher glaubt wie sein Geschäftsführer an das nebeneinander von persönlichen Erlebnissen vor Ort und virtuellen Möglichkeiten unterwegs. Auf die Zukunft der digitalen Hammaburg angesprochen, können sich die Museumsmacher z. B. virtuelle Museumsbesucher per VR-Brille und individuell angefertigte 3D-Modelle ausgewählter Fundstücke für das heimische Regal vorstellen. So wird das eigene Wohnzimmer zum "musealen Showroom".  

 Hamburg Digital Background: 

Archäologisches Museum Hamburg - Digitale Ausstellung "Mythos Ham(ma)burg" 
http://amh.de/digitales-angebot/unsere-onlinesammlung-auf-google-arts-culture/

Archäologisches Museum Hamburg - Digitale Angebote:
http://amh.de/digitales-angebot/

Archäologisches Museum Hamburg@Google Art Project:
http://amh.de/digitales-angebot/google-art-project/

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Übersicht Smart Square Projekt auf dem Domplatz:
www.hamburg.de/bwfg/8324196/verbundprojekt-der-hafencity-universitaet-hamburg-erweckt-domplatz-wieder-zum-leben/

Übersicht zum historischen Domplatz in Hamburg:
www.hamburg.de/oeffentliche-plaetze/4254702/domplatz/

Broschüre "Der Domplatz - Hamburgs Wiege" (PDF):
www.hamburg.de/contentblob/2713892/acab8d412072401960fedb79d9f7cc75/data/broschuere-domplatz.pdf

Digitale Augmented- und Virtual-App zur Speicherstadt:
www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/10070408/speicherstadt-digital/

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Museumsfenster Harburg - Bericht "Besser im Blick":
www.besser-im-blick.de/feuilleton/3301-lebendiges-schaufenster-in-die-geschichte-harburgs

Sonntag, 18. Februar 2018

HANSEINVESTIGATION: "Startup Dock sehe ich als notwendiges Übel".


HAMBURG DIGITAL RECHERCHE

Rd. 16,- € pro Quadratmeter für ein Startupbüro in Harburg hinterm Fußgängertunnel. Rd. 80,- € pro Monat für eine Internetleitung ohne Flatrate, Ex-McKinsey-Berater als Studentenjobber in der Startupberatung mit zweifelhaften Leistungen nach der Förderung: Was Hamburgs "Startup Dock" für Hochschulgründungen im 4,5 Mio. € teuren "Innovation Campus Green Technology" liefert, scheint alles andere als vorbildlich. Ein "abgedockter" Gründer spricht Klartext, wie es hinter den Kulissen der Startupberatung der Technischen Universität in Harburg zugeht. Eine Hamburg Digital Recherche:


"Wenn Du aus der TU kommst, kommst Du gar nicht daran vorbei." Mit einem einfachen Satz bringt der Hamburger Startupgründer auf den Punkt, was das "Startup Dock" in der Harburger Schloßstraße ist: ein Monopol für Fördermittelanträge, wenn es um "Exist" mit Gründerstipendium und Forschungstransferförderung sowie um das - unabhängig von "Startup Dock" erfolgreiche - Innorampup-Programm der Förderbank IFB geht. "Im Anträge schreiben sind sie gut", fasst der Techi im Recherchegespräch seine Erfahrungen zusammen.

Echte Hilfe? "Wenn Du da sitzt, verweisen sie dich."

Was mit Bierdeckeln, Kugelschreibern, Jutebeuteln und dem rauf und runter bestellten Werbemittelkatalog beginnt, hat nach der Bewilligung der Fördermittel ein jähes Ende. Dann hat das "Startup Dock" sein Geld verdient - mit Fördermittelbeantragung und Startuphosting im luxussanierten "TuTech Haus" unweit des Harburger Hafens. Auf die Frage, was "Startup Dock" Jungunternehmen zu bieten hat, bekommen wir eine klare Aussage: "Alles, bis Du Exist hast." Von da an gehts "bergab" mit Beratung und Betreuung. Der Informant bringt auf den Punkt: "In der Vorgründungsphase helfen Sie Dir. Wenn Du dann da sitzt, verweisen sie Dich."


Verantwortlicher Leiter des "Startup Dock": Christian Salzmann
Foto: Startup Dock

Mentoring-Angebot? "Gibt es in diesem Kontext nicht."

Der Nachwuchsunternehmer bescheinigt den Beratern des "Startup Dock" viel Engagement, Studenten anzusprechen, sie an Gründungen heranzuführen und die Antragstellung zu erledigen. Konkrete Empfehlungen für Mentoring z. B. in den wichtigen Bereichen Vertrieb oder Steuern? "Gibt es so in diesem Kontext nicht." Unser Gesprächspartner nennt als Gegenbeispiel das Mentoringprogramm der Familienunternehmer, betreut von einem Hamburger Startupnetzwerk. Die Unterschiede klingen wie Tag und Nacht.

Startup-Support? "Sie haben sich stets redlich bemüht."

'Sie haben sich stets redlich bemüht', werfen wir als Beurteilungsvorschlag in den Ring. Der junge Geschäftsmann bestätigt: "So ein Zeugnis würde ich Ihnen ausstellen." Wenn das Jahr Förderung vorbei ist, wird's zudem richtig teuer: Wie in der Hamburg Digital Recherche unter dem Titel "Die Startup-Abzocke von Harburg" vorgestellt, kassiert der Verbund aus TechTech Innovation und "Startup Dock" von Jungmietern nach der Förderung als unverschämt geltende 16,- € pro Quadratmeter, lässt sich über einen Anteil i. H. v. 25% der Mietfläche Klos, Kaffeeküche und Kuschelecke mitfinanzieren. 16,- € pro Quadratmeter warm - hinterm Fußgängertunnel, 14 km von der Hamburger Innenstadt entfernt.


Das TuTech-Haus mit dem "Startup Dock" in Harburg.
Foto: Eigenwerbung TuTech

Internet-Flatrate? 'Die Leute sollen hier ja arbeiten.'

Wären überhöhte Mieten das einzige Übel, hätte der "abgedockte" Ex-Kunde des "Startup Dock" in den sauren Apfel gebissen, wenn sich die Vermieter nicht als äußerst unflexibel zu erkennen gegeben hätten: Für rd. 80,- € im Monat wollten die Startupförderer ein 300 GB-Internetpaket verkaufen - an ein Tech-Startup, das Software in Produktentwicklung und Vermarktung komplett in der Cloud nutzt. Jedes weitere GB wird extra abgerechnet. Die Erwiderung auf den Wunsch nach einer Internetflatrate lautete sinngemäß: 'Die Leute sollen hier ja arbeiten, und nich YouTube gucken'.

300 GB?: "Für das normale Arbeiten sollte das reichen."

Unser Gründer glaubte seinen Ohren nicht. Auf Nachfrage legte der Mitarbeiter des "Startup Dock" noch eine Schippe nach: "Für das normale Arbeiten sollte das reichen." Hintergrund für die "Internet-Abzocke" ist eine überteuerte, individuell abgerechnete Standleitung, die man sich Ende der neunziger Jahre aufschwatzen lassen hat. Eine 2. Leitung mit der Möglichkeit günstiger Flatrates wurde immer wieder versprochen, jedoch nie gehalten. Für Startups, die nach ihrer Förderung als Mieter im Luxus-Bau in Harburg bleiben, eine unglaublich teure Angelegenheit.

Telefon-Gebühren? Keine verbindlichen Informationen.

Überzogene Mietkosten, überteuerte Internetleitung - doch das ist nicht alles, was man im "Startup Dock" für Jungunternehmen zu bieten hat: Was in Sachen Internet recht ist, ist in der Telefonie nur billig; Auf Nachfrage konnten die Mitarbeiter keine Preise für die minutenweise abgerechneten Telefonkosten mitteilen. Für erforderliche Telefonate zu Mitarbeitergewinnung und Kundenakquise eine unglaubliche Geschichte. Seitens des "Startup Dock" und der verantwortlichen TuTech Innovation wurde trotz IT-Personal über Jahre hinweg keine Lösung im Interesse der Startups umgesetzt.


TuTech: Neue Möbel, altes Problem - überteuerte Internetleitungen.
Pressefoto: TU Harburg/Startup Dock

Startup-Beratung: Auch schon mal 2 Monate vergangen.

Bleibt die Frage nach der Betreuung durch die beim "Startup Dock" oder bei der TU angestellten Startupconsultants. Das durch Landes-, Bundes- und Europamittel finanzierte Projekt rühmt sich online, 'Existenzgründer und technologieorientierte Startups während des erfolgreichen Unternehmensaufbaus zu fördern', u. a. durch Beratung und Coaching. Die Praxis sieht etwas anders aus: In der Antragsphase hat sich unser Interviewpartner 2 bis 3 mal in 14 Tagen getroffen, manchmal war der Kontakt auch häufiger. Außerhalb vergingen auch schon mal 2 Monate zwischen den Gesprächen.

Schaut man sich die Personalseite des "Startup Dock" an, stellt man fest, dass allein 4 Köpfe in der Leitung sitzen, 3 Leute fürs Trommeln mit Marketing, PR und Event zuständig sind und lediglich 3 Consultants und 1 Academy-Leiter inhaltliche Arbeit leisten. Der Rest sind Finanzmanager, Hilfskräfte und ein gern vorgezeigter Bürohund. Fragt sich der Beobachter, ob die von Insidern als zweifelhaft bewerteten Leistungen eine qualifizierte Rechtfertigung für ein 10 Mio. € teures Startup-Portal mit angeschlossener Gründerberatung names "Beyourpilot" sind - oder doch nur ein "notwendiges Übel".

 Hamburg Digital Background: 

HANSESTATEMENT:
Steuerverschwendung "Beyourpilot" - 10 Millionen Euro für was?

HANSINVESTIGATION:
Die Startup-Abzocke von Harburg.

HANSESTATEMENT:
Von Harburger Subventiontsrittern zur hanseatischen Metropole.


Freitag, 9. Februar 2018

HANSESTATEMENT: Steuerverschwendung "Beyourpilot" - 10 Millionen Euro für was?


HAMBURG DIGITAL STATEMENT

Das zieht einem fast die Schuhe aus: Das nur auf dem Papier existierende, dafür aber umso hoch gelobtere Startup-Portal "Beyourpilot" entwickelt sich zu einem noch größeren Fass ohne Boden, als ursprünglich sichtbar: Sage und schreibe 10 Mio. Euro soll das Projekt der - laut Landesrechnungshof öffentlich kritisierten -"Steuerverschwender" von Hamburg Innovation GmbH, der TuTech Innovation GmbH und "Startup Dock" kosten. Das sieht die Beschlussvorlage der Wirtschaftsbehörde BWVI für die Hamburger Bürgerschaft vor. Ein Hamburg Digital Statement:

Ein Portal mit "Ideenfinder" mittels altbekanntem Business Model Canvas, einer nicht existenten Datenbank mit "Expertenshop" und "Ressourcenfinder" zu Know how- und Technologie-Experten und Einrichtungen sowie ein "Finanzierungskompass", den die Hamburger Konzeptagentur Evers & Jung ähnlich schon einmal an die KfW und den Bund verkauft hat. Das Ganze für 500.000,- € über 5 Jahre. So sah es zum Zeitpunkt der Hamburg Digital Recherche zu Jahresbeginn aus. Mit der Veröffentlichung der Beschlussvorlage zur Finanzierung des Startup-Projekts wird klar: 


Ist "Beyourpilot" ein Fass ohne Boden?
Grafik: Hamburg Innovation

Das unausgereift konzeptionierte Startup-Portal kostet laut Planungen der Wirtschafts- und Innovationsbehörde in den kommenden 5 Jahren insgesamt rd. 10 Mio. € - in Worten: zehn Millionen, wie die Hamburg Digital Nachrichten am Mittwoch berichtet haben. Dabei werden von 2018 bis 2022 jedes Jahr linear fast 2 Mio. € mit vollen Händen aus dem Fenster geworfen - direkt in den Rachen der für die eigene "Luxusversorgung" bekannten TuTech Innovation GmbH, ihrer Schwestergesellschaft Hamburg Innovation GmbH und dem nach Beendigung des "EXIST"-Programm de facto überflüssigen "Startup Dock": 


„Finanzbedarf und Zeitplan werfen einige Fragen auf. Diese werden wir im Wirtschaftsausschuss detailliert besprechen. So jedenfalls wird Hamburg nicht zur Gründermetropole.“ 
Carsten Ovens, Sprecher für digitale Wirtschaft und Hochschulpolitik
der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft

Blind auf dem Auge TuTech oder gemeinsame Leichen?

Allein für die Ausschreibung des simplen Portals, die Stellenausschreibung und das Lobbying kassierte Hamburg Innovation im vergangenen Jahr schlappe 500.000,- € - überwiesen von der Wirtschaftsbehörde BWVI nach Harburg - ohne Nachfrage, ohne Ausschreibung, ohne kritische Prüfung. Offensichtlich ist die Innovationsbehörde auf dem Auge TU Harburg und TuTech Innovation blind - oder der Harburger Geschäftsführer Martin Mahn und Vertreter der Behörde haben gemeinsame Leichen im Keller. Wer weiß ...


„Die Drucksache des rot-grünen Senats zur Start-up-Plattform wirft einige Fragen auf. Insbesondere die Höhe des Finanzbedarfs überrascht. Die FDP-Fraktion wird dazu im Wirtschaftsausschuss detaillierte Auskünfte verlangen.“
Michael Kruse, Vorsitzender der FDP-Fraktion in der Bürgerschaft

Diese Fragen stellen sich aus unserer Sicht nach der intensiven Recherche der Steuerverschwendung und der fortlaufenden Machenschaften im Harburger "TuTech-Haus":
  • Wie kann der Hamburger Senat - vertreten durch die Wirtschaftsbehörde BWVI - sicherstellen, dass es sich bei dem 10 Millionen Euro-Projekt "Beyoupilot" definitiv nicht um Subventionsbetrug und Schattenwirtschaft zu Lasten des Hamburger Steuerzahlers geht?

    "Der Senat braucht weniger als 1.000 Worte um knapp 10 Millionen Euro auf fünf Jahre für eine neue Startup-Plattform zu beantragen. Es ist abenteuerlich mit welch nebulösen Projektspezifizierungen hier eine Art Globalvollmacht zur Geldvernichtung vorgelegt wird."
    Stephan Jersch, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft

    Chefredakteur Thomas Keup
    Foto: HANSEVALLEY
    Jetzt liegt es bei der Hamburgischen Bürgerschaft, den 10 Mio. € Brocken blind durchzuwinken, oder kritische Fragen zu stellen und die Steuerverschwendung an der Süder-Elbe zu stoppen - im Interesse der nicht üppig gesähten Startup-Gründungen in Harburg, im Interesse der Hamburger Wirtschaft und - vor allem - im Interesse jedes einzelnen Hamburger Steuerzahlers. 

    Das Thema ist bei der Opposition bekannt. Es nicht gewusst zu haben, wird spätestens nach der Fragestunde im Wirtschaftsausschuss keine Antwort mehr sein. Wir bleiben dran.


    Vielen Dank für Ihr Interesse, Ihre Steuern nicht blind in der Elbe zu versenken.

    Mit  herzlichen Grüßen

    Ihr


    Thomas Keup
    Chefredakteur



     Hamburg Digital Recherche: 

    Beyourpilot - Startup Port Hamburg:
    Beschlussvorlage des Hamburger Senats

    HANSEINVESTIGATION: Der Fuchs im Hühnerstall. 
    Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 1

    HANSEINVESTIGATION: Ein Startup Port für Hamburg. 
    Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 2

    HANSEINVESTIGATION: Die Startup-Abzocke von Harburg.
    Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 3


    HANSESTATEMENT: Von Harburger Subventionsrittern zur hanseatischer Metropole.











    Donnerstag, 11. Januar 2018

    HANSESTATEMENT: Von Harburger Subventionsrittern zur hanseatischen Metropole.



    Ein HAMBURG DIGITAL STATEMENT von
    Herausgeber & Chefredakteur Thomas Keup

    Liebe Leserinnen, liebe Leser:


    Herausgeber & Chefredakteur
    Thomas Keup
    Am 16. November 2016 besuchte ich mit großer Freude den jährlichen Pitch-Contest "Uni Pitch" der Hamburger Hochschulen im Forum Finkenau der HAW Hamburg. Ich war begeistert,  dass eine hochschulübergreifende Veranstaltung Studentinnen und Studenten aus Hamburg die Chance gibt, ihre Ideen für ein neues Geschäft in einem renommierten Wettbewerb zu präsentieren. Ein wenig verwundert war ich über die unübersehbare Präsenz des "Startup Dock". Als merkwürdig aufgefallen war mir der komplett eingekaufte Werbemittelkatalog - von Bierdeckeln bis zu Jutebeuteln. Damals dachte ich mir noch nichts dabei. Ein gutes Jahr später bin ich schlauer.

    55 Mann "Wasserkopf", 7,5 Mio. € Personaletats, 4,5 Mio. € "Luxus-Sanierung".

    In Hamburg hat sich mit TuTech, der Schwesterfirma Hamburg Innovation und ihrem "Startup Dock" allein ein Verwaltungsapparat von 55 Mitarbeitern in einem für 4,5 Mio. € sanierten "Luxus-Quartier" komfortabel eingerichtet. Ich selbst konnte bei einer Startup-Recherche am 29. August vergangenen Jahres die nagelneuen, ökologisch korrekten Glaskästen der Mitarbeiter*innen in der Harburger Schloßstraße in Augenschein nehmen. Noch bevor TuTech zu einem Investigations-Thema wurde wunderte ich mich, in welch' "Saus und Braus" eine öffentlich-rechtliche Technologie-Transfergesellschaft und ihre Startup-Förderung arbeiten. Heute bin ich mehr als schlauer.

    Die Geschichte zur "Steuerverschwendung an der Süder-Elbe" war ursprünglich als Sachbeitrag über die Arbeit der Technologietransfersstelle gedacht. Bis mehrere Kenner von Harburg auf mich zukamen und sagten: "Schauen Sie sich das mal näher an." Zu diesem Zeitpunkt wußte ich weder von dem exorbitanten Personalschlüssel, noch von der Beinahe-Pleite, den mich schockierenden Rügen des Rechnungshofes oder gar den unfassbaren Mieten für Startups in Harburg hintern Fußgängertunnel. Nach Gesprächen mit Hamburger Insidern über die geplante Serie bekam ich immer wieder neue Hinweise, die letzten Fakten teilweise erst 24 Stunden vor der Veröffentlichung.

    Jeder Politiker und Verwaltungsbeamter konnte die Zahlen und Fakten nachlesen.

    Nahezu alle Informationen in den drei Investigativ-Beiträgen sind öffentlich zugänglich, für jedermann ohne Hürden abrufbare Dokumente, jedoch nicht aus dem Hamburger Transparenzportal. Denn daran nehmen TU und TuTech aus "gutem Grund" nicht teil. Warum die Sprecher der Fraktionen in der Bürgerschaft die Berichte des Rechnungshofes, der TU Harburg und der TuTech GmbH bislang nicht zum Anlass genommen haben, nachzufassen, kann ich nur mit mangelndem Interesse, blinder Gutgläubigkeit und falsch verstandener Sympathie erklären. Hinter den Kellertüren von TuTech roch es bereits vor dem jetzigen Geschäftsführer ziemlich streng. Leider hat sich seit der Übernahme durch Martin Mahn seit 1. Oktober 2014 offensichtlich nichts verändert. 

    Mein Eindruck nach den persönlichen Reaktionen renommierter Protagonist*innen an Alster und Elbe, nach dem wütenden Aufschrei eines - natürlich nicht genannten - Mitarbeiters aus der Wirtschaftsbehörde (seine einzige Äußerung zur TuTech-Kritik: 'marktschreierische Darstellungen'), nach den Aufrufen meines Impressums und meiner Facebook-Seiten: hier habe ich offensichtlich in ein Wespennest gestochen. Nach der Veröffentlichung der drei Folgen zur finanziellen Situation, zum geplanten Gründerportal und zur Startup-Förderung kamen gut informierte Vertreter mit den Worten auf mich: "Weißt Du eigentlich schon das ...?".

    Die TuTech ist ein Thema - und im Gegensatz zu den Reden - leider nicht positiv.

    Ich hätte mir gewünscht, dass die Erfolgsbeispiele der Startup-Förderung - von Breeze bis Vilisto - nicht von durchsichtiger PR ("80% der Startups sind erfolgreich") billig verwässert werden. Das Aufwärmen der eigenen Aktivitäten in "Hamburg News" und "Harburg Aktuell" mit unbestätigter Behauptung nach Pareto-Prinzip lässt die Arbeit der Fleißigen, Ehrlichen und Engagierten in Technologietransfer, Patentverwertung und Startupförderung in ein zweifelhaftes Licht rücken. Derweil lässt sich Martin Mahn in Harburg als "Mann mit Meinung" feiern, der den Mief im Bezirk "wegwischt". Vielleicht sollte er mal vor der eigenen Haustür anfangen, bevor er den Bundesminister für digitale Infrastruktur anpöbelt.

    Diese Fragen stelle ich stellvertretend an die zuständigen Fachsprecher*innen für Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft und Technologie sowie Finanzen und Haushalt:
    • Wann wird die TuTech GmbH ihren überfälligen Geschäftsbericht 2016 veröffentlichen, damit jeder die testierten Fakten nachlesen kann?
    • Sind fast 1 Mio. € Notfall-Rettung und 55 Mann Verwaltung mit 7,5 Mio. € jährlichem Personalaufwand für eine lokale Transferstelle akzeptabel?
    • Ist die Harburger Schloßstraße für Technologie-Startups im internationalen Wettbewerb ohne innerstädtische Nähe heute wirklich eine gute Adresse?
    • Sind rd. 16,- €/qm Warmmiete für betreute Startups im 2. Jahr ff. noch ein vertretbarer Mietpreis oder schon Wucher gegenüber Jungunternehmen?
    • Sind 11 Mitarbeiter für 7 geförderte Jungunternehmen im Startup Dock womöglich eine reine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme?
    • Ist der "Gründerpate" Martin Mahn angesichts der nachzulesenden Fakten noch der geeignete Steuermann für die TuTech in Harburg?
    • Wie will der Senat die Geldverschwendung in den Griff bekommen und die Effizienz von TuTech auf ein akzeptables Niveau heben?

    Es ist die Aufgabe der Bürgerschaft in Koalition und demokratischer Opposition, im Auftrag der Hamburger Steuerzahler dafür zu sorgen, dem "Dukatenesel" das "Freiticket" zu entziehen. Wenn der von Wissenschafts- und Wirtschaftsbehörde geplante "Innovation Port Hamburg" nicht mit einem Geschmäckle von Steuerverschwendung und "Vetternwirtschaft" ans Netz gehen soll, ist jetzt die Zeit gekommen, in der Harburger Schloßstraße durchzufegen und auszumisten. Hierum wird sich in den kommenden Monaten auch das Bundeswirtschaftsministerium und der Bundesrechnungshof kümmern müssen, da das "Startup Dock" mit BMWi-Geldern im Werbemittelkatalog shoppen war.

    Olaf Scholz, Katharina Fegebank und Frank Horch haben Recht, Wissenschaft und Forschung, Wissenstransfer und wissensbasierte Startups in den Mittelpunkt der politischen Ambitionen für die Freie und Hansestadt zu stellen. Die digitale Transformation und die technologiebasierte Ausbildung der nächsten Generation sind das künftige Kapital, damit in Hamburg nicht mehr ein Kaffeesack nach dem anderen umfällt (wie z. B. Medien, Reederein, Banken und Versicherungen). Die Digital Hub Initiative von Bitkom und Wirtschaftsministerium zeigt: die 11 DE-Hubs neben Hamburg schlafen nicht. Niemand - und ich meine niemand - wird auf die Freie und schlafende Hansestadt warten.

    Appell an weltstädtische Politik der echten Offenheit im Interesse der Zukunft.

    Die Aufgabe eines Journalisten ist es, zu berichten, was ist. Eine Investigativ-Recherche über mehrere Monate, vertrauliche Gespräche und stundenlanges Studium ist sicher keine "Kuschelgeschichte".  Ja, es tut weh in Wissenschafts- und Wirtschaftsbehörde. Und es ist im Interesse der Stadt, für die ich mich aus voller Überzeugung entschieden habe und jeden Tag stark mache. Eine Stadt, die ein paar "Sümpfe trocken legen" muss, Offenheit gegenüber anderen Meinungen lernen darf und ihre etwas "provinzielle Anmutung" in der Öffentlichkeit gern ablegen kann. Als langjähriger Wahl-Berliner darf ich sagen: Dann klappt's auch mit der Weltstadt. Und das wäre plietsch!

    Vielen Dank für die Bereitschaft, sich eine andere Meinung durchzulesen!

    Mit  herzlichen Grüßen

    Ihr


    Thomas Keup
    Chefredakteur

     Hamburg Digital Recherche: 

    HANSEINVESTIGATION: Der Fuchs im Hühnerstall. 
    Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 1

    HANSEINVESTIGATION: Ein Startup Port für Hamburg. 
    Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 2

    HANSEINVESTIGATION: Die Startup-Abzocke von Harburg.
    Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 3

    Mittwoch, 10. Januar 2018

    HANSEINVESTIGATION: Die Startup-Abzocke von Harburg.


    Unabhängig. Unmanipuliert. Ungewollt.
    www.hanseinvestigation.de

    Die millionenschwere Steuerverschwendung
    an der Süder-Elbe - Teil 3:

    Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank erklärt am 3. März 2017 zur Eröffnung des Innovation Campus Green Technology: „Gute Ideen und innovative Gründungsansätze brauchen das richtige Umfeld, um erfolgreich sein zu können. Ich freue mich, dass wir so einen Ort mit dem ICGT geschaffen haben. Das einzigartige Konzept der kurzen Wege, schnellem Austausch und der ganzheitlichen Betreuung bietet die Chance junge Talente zu gewinnen und Hamburg als attraktiven Innovationsstandort weiter auszubauen.

    Eröffnungsakt nach der Sanierung: ICGT Harburg
    Foto: Presseservice TU Harburg/StartupDock

    Was steckt hinter dem Innovation Campus Green Technology? Welche Rolle spielt das lautstarke "Startup Dock" von TuTech? Und wie werden Hamburgs Tech-Startups zur Kasse gebeten - mit wucherähnlichen Mieten? Schließlich: Was plant Martin Mahn mit "Virtuellen Transferstellen"? HANSEVALLEY hat sich umgeschaut, weiter recherchiert und erstaunliche Zusammenhänge gefunden. Ergebnis: In Harburg wird offesichtlich ein Startup-Ökosystem mit virtueller Plattform und subventioniertem PR-Betrieb geschaffen - vor den Augen von Senat und Bürgerschaft.


    HANSEINVESTIGATION: Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 3: Die Startup-Abzocke von Harburg.

    Es scheint festzustehen: Hamburg Innovation aka TuTech Innovation will auf Dauer Herr über das Gründungsthema an Hamburgs staatlichen Hochschulen werden. In der aktuellen Stellenausschreibung für "beyourpilot" steht: "Zunächst ist die Anstellung auf 5 Jahre befristet mit der Option auf Verlängerung, ggf. Entfristung." Nicht genug: Mit der Auschreibung für den "Startup Port" plant Hamburg Innovation offensichtlich auch gleich die PR für alle Hamburger Hochschulgründungen zu übernehmen. Beweis: ein ausgewiesener "Pressebereich" im Lastenheft der Onlineplattform (Punkt 20).

    Unter Punkt 1.3 des Lastenheftes für "beyourpilot" ("Zukünftige Lösung") steht: "Durch die Virtualisierung bestehender Beratungsangebote soll die Schwelle zur Anfrage und Inanspruchnahme gesenkt werden." Unter 1.4 ("Langfristiges Projektziel") heißt es: "Insbesondere soll bei Mitarbeitern in Hochschulen sowie bei der Zielgruppe der Plattform – primär Wissensgründer aus dem Hochschulumfeld – die Plattform als zentrales Instrument bei der Beratung und Förderung von Gründern im Bewusstsein verankert werden." Unter 1.5 ("Ziele am Projektende") lesen wir: "Ziel ist eine von allen beteiligten Partnern und von den Mittelgebern gestützte Fortführung des Projekts nach Ende der vorgesehenen Projektdauer von bislang 60 Monaten". 

    "beyourpilot" - Lock-in-Falle für Gründerförderung?


    Hier baut sich anscheinend jemand auf Kosten des Stadtsäckels sein künftiges Geschäftsmodell auf, als "Gründerpate" aka "Projektkoordinator" - aber ohne Personal, weil dann virtuell. Dies wird in Punkt 4.7 ("Virtuelle Transferstellen") der Ausschreibung offensichtlich. Auch wenn alle Transferstellen der staatlichen Hochschulen eingeladen sind, ihre Leistungen über die Plattform zu erbringen. Wer betreibt künftig das Portal? Wer bestimmt laut Ausschreibung, wo die Plattform gehostet wird? Wer hat damit die Datenhoheit? Da ist er wieder, der "Fuchs im Hühnerstall" aus Harburg.

    Als Feigenbaltt für die Gründeraktivitäten schickt der Harburger Martin Mahn gern seinen "Startup-Doktor" ins Rennen: Dieser berät die Harburger Uni-Startupszene mit sage und schreibe 14 Mann im hauseigenen "Startup Dock" - auf 300 qm luxussanierter Bürofläche. Nimmt man 3 dekorative Vizepräsidenten und Akademische Direktoren aus der Personalpräsentation heraus, bleiben stolze 11 Mann auf staatlichen Stellen - plus Aushilfen, plus Hund. Bei aktuell 7 geförderten Startups entfallen auf jede Gründung 1,5 Berater, plus Aushilfen plus (geteiltem) Hund. Aus Steuergeldern.

    Die Startups sind nicht nur gut für den Personalschlüssel. Sie sind ersichtlich auch ein Profit-Center. So kassiert TuTech als Vermieterin von Startup-Büros nahezu Wucherpreise. Die Fakten aus gut unterrichteten Kreisen: Formal sind die Büros für EXIST-Ausgründungen mit rd. 10,- €/qm günstig, abzüglich 20% "Stammkunden-Rabatt". Der Trick: Als Vermieter lässt sich TuTech/Startup Dock 25% der Bürofläche obendrauf als Anteil für "Gemeinschaftsflächen" von den Startups bezahlen. Sprich: Küche, Klo & Co. gehen extra. Plus 5,- €/qm für Nebenkosten. Macht unterm Strich rd. 16,- € warm/qm - von jedem Startup im 2. Jahr ff. - in Harburg bei Hamburg - hinterm Fußgängertunnel.

    Schaut man in das Mietkonzept, wundert man sich nicht wirklich: Für Startups stehen effektiv 578 qm Bürofläche zur Verfügung. Das "Startup Dock" belegt mit seiner Fußball-Mannschaft allein 300 qm, dazu das Institut für Entrepreneurship 200 qm und das TuTech-Büro weitere 160 qm - macht zusammen 660 qm allein für den "Wasserkopf". Dazu kommen 444 qm Meeting-Räume + 333 qm Eventfläche. Seite 4 der Drucksache 21/3101 der Hamburger Bürgerschaft zeigt, was der Spaß kostet: fast 800.000,- € im Jahr. Davon soll knapp die Hälfte durch Mieten erwirtschaftet werden. Volltreffer! Für den Steuerzahler dennoch ein Faß ohne Boden: In 5 Jahren versenkt TuTech in Harburg allein für die Immobile 3,1 Mio. €, plus Luxus-Sanierung, plus Notfall-Rettung.

    "Nachhaltige Digitalisierung" - Was immer das ist?

    Green Tech Campus "ICGT" in Harburg.
    Foto: TuTech / J. Kilian
    Bei explizierter Beschränkung der Förderungen auf "Green & Clean Technology", "Life Science" und "Nachhaltige Digitalisierung" (was auch immer das sein möge) im neuen Innovationscampus "ICGT", könnte der sorgfältige Haushälter die Frage stellen, wofür 4,5 Mio. € in eine ökologische Sanierung und Neugestaltung geflossen sind: Rechtfertigen aktuell 7 EXIST-geförderte und z. T. kräftig zur Kasse gebetene Startups mit 11 öffentlich bezahlten Beratern eine millionenschwere Immobilie und ein Beinahe-Konkurs? Mit einem EXIST-Programm, das von der Bundesregierung in diesem Jahr eingestampft wird.

    Die TuTech mit ihrem "Startup Dock“ jubelt sich derweil im stadteigenen Nachrichtenportal "Hamburg News" in schwindelerregende Höhen. "Managing Director" Christian Salzmann rechnet sich in bester Pareto-Manier schön: „80 Prozent der Startups erweisen sich als Erfolg.“ Der Diplom-Soziologe und promovierte Wissenschaftsforscher vergisst leider die Einordnung: 80% von was? Von allen beratenen Tech-Startups? Von 80% der ausgesiebten EXIST-Startups? 80% von 6 Förderungen im 2016 oder 7 Förderungen in 2017? Bei aktuell 640 Startups laut Hamburger Monitor macht das den Kohl wohl auch nicht mehr fett.

    Die erst 1980 in die Forschungs- und 1982 in den Lehrbetrieb gegangene Harbruger Hochschule hat gerade einmal 92 Professuren. Dahinter stehen 32 reguläre Studiengänge. 7.620 Student*innen zählt die Universität. 123 Mio. € kostet der Spaß den Hamburger Steuerzahler im Jahr. Zum Vergleich: Die Uni Hamburg hat rd. 43.000 Studenten in 174 Studiengängen mit 704 Professor*innen - einschl. UKE. Die HAW Hamburg zählt 16.800 eingeschriebene Studenten in 75 Studiengängen mit zusammen 386 Professor*innen. Was rechtfertigt einen nachgewiesen millionenschweren, laut Google-Analyse nur von 9 bis 5 überhaupt anwesenden, "Wasserkopf" in Transfer und Startup-Betreuung. 

    Im vergangenen Jahr holte die TuTech im Rahmen ihres eigentlichen Geschäftszwecks - des Technologietransfers - 513 neue Forschungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von 12,8 Mio. € rein, wie der Geschäftsbericht der TU Hamburg-Harburg ausweist. Dabei rechnetete sie sich ihre Angebote so schön, dass kein anderer überhaupt eine Chance hatte, wie der Rechnungshof in seinem Bericht 2017 scharf angreift. Vielleicht sollte sich TuTech auf den eigentlichen Zweck konzentrieren und nicht versuchen, mit teuren Luftschlössern und einer handvoll Startups andere Player im Hamburger Forschungs- und Startupsystem zu übervorteilen - mit millionenschweren Steuersubventionen. 

    Dazu im Hamburg Digital Magazin: 

    • Welche Fragen die Hamburger Bürgerschaft jetzt beantworten lassen sollte 
    • Wie der Senat sein hehres Ziel der Wissenschaftsmetropole retten kann
    • Wie unsere Stadt zur offenen und erfolgreichen Weltstadt werden wird 

    HANSESTATEMENT: Von Harburger Subventionsrittern zur hanseatischen Metropole.



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     Hamburg Digital Recherche: 


    HANSEINVESTIGATION: Der Fuchs im Hühnerstall. 
    Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 1

    HANSEINVESTIGATION: Ein Startup Port für Hamburg. 
    Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 2

    HANSESTATEMENT: Von Harburger Subventionsrittern zur hanseatischer Metropole.

     Hamburg Digital Background: 

    Pressemitteilung BWFG 03.03.2017: 
    www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/8292486/2017-03-03-bwfg-innovationcampus-green-technologies-icgt-eroeffnet/

    Mietkonzept "Innovation Campus Green Technologies"
    www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/51431/haushaltsplan-2015-2016-haushaltsjahr-2016-einzelplan-3-2-der-beh%c3%b6rde-f%c3%bcr-wissenschaft-forschung-und-gleichstellung-nachbewilligung-gem%c3%a4%c3%9f.pdf

    Dummi-Präsentation "beyourpilot":
    https://hamburginnovation.de/oc/index.php/s/K4BgQpMRQFuxxmA?path=%2FPressematerial#pdfviewer

    Unterlagen Vergabeverfahren "beyourpilot" 31.10.2017:
    https://hamburginnovation.de/oc/index.php/s/K4BgQpMRQFuxxmA

    Gründerservice Leuphana Universität Lüneburg:
    www.leuphana.de/forschung/foerderung/existenzgruendung.html

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