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Mittwoch, 21. März 2018

HANSECHAMPION A. W. Niemeyer: "Wir wollen die Welt."

www.hansevalley.de


HAMBURG DIGITAL REPORT

"A. W. Niemeyer sticht mit Digitalisierungsexperte Hanse Ventures in See." Die gemeinsame Pressemitteilung sorgte am 18. Januar d. J. an Alster und Elbe für lebhafte Diskussionen: Der Hamburger Traditionshändler für Bootbsbedarf beteiligt den Hamburger Company Builder mit 30% an seinem Geschäft - und holt sich mit den Online-Experten um Jochen Maaß und Tobias Seikel die Digital-Expertise ins Haus.


Traditionshändler vor der Digitalisierung: A. W. Niemeyer
Foto: HANSEVALLEY

Was hat ein Familienbetrieb aus dem Jahr 1745 mit einer Online-Company aus dem Jahr 2010 vor? Was plant ein Einzelhändler mit 13 Filialen in der DACH-Region mit dem Company-Builder von hausgold.de, geschenke.de und pflege.de? Wie werden die 140 Mitarbeiter in Einkauf, Marketing und Verkauf am Holstenkamp fit gemacht durch 30 Digital-Experten vom Sandtorkai? Ein Hamburg Digital Report:

Ein kalter Dienstag-Nachmittag im verschneiten Februar: Hamburg-Bahrenfeld, im Gewerbegebiet am Holstenkamp. In Europas größtem Wassersport-Geschäft ist man auf die Saison vorbereitet. Auf 2.000 qm findet der Bootseigner alles, was er fürs Hobby braucht: von Deckausrüstung bis zu Sicherheitsausstattung, vom Kajütenkomfort bis zur Hochseekleidung. Ein Hamburger Stammkunde steht an der Kasse. Der langjährige AWN-Kunde lebt in Russland, kauft Bootsfarbe für 1.300,- €. Die 500,- €-Scheine gehen über den Tresen. Neben der Kasse liegt der jährliche Katalog des Sportbootausrüsters.


Hält das Ruder bei "AWN" fest im Griff: Geschäftsführer Christian Hofmann
Foto: A. W. Niemeyer
528 Seiten ist der "AWN"-Katalog dick. 250.000 Exemplare druckt der Hamburger Händler jedes Jahr zum Saison-Auftakt mit der "Boot" in Düsseldorf. Der Ausstatter hat mit 22.000 Artikeln "Alles an Bord". Gegründet als Eisenwaren-Händler für die Schifffahrt, großgeworden als Schiffsausrüster für Berufsschifffahrt - von Container- bis zu Kreuzfahrtschiffen. Das Familienunternehmen vom Rödingsmarkt wechselt nach dem Krieg in die Sportschifffahrt. 76% erwirtschaftete eines der ältesten Hamburger Handelskäuser im vergangenen Jahr nach wie vor im Filialgeschäft. 300.000 potenzielle Kunden gibt es allein in Deutschland.

Digitales: "Da wird viel passieren in den nächsten 5 Jahren"

"AWN" ist Platzhirsch unter den stationären Händlern. Mehrere hundert Lieferanten sorgen fürs Geschäft, dazu ein eigene B2B-Sparte mit Takelei, Wartungsstation und Spezialreinigung. Seit 4 Jahren leitet Christian Hofmann das Unternehmen, ist mit 10% am Unternehmen beteiligt. Im 1. Stock der Zentrale sitzt ein hellwacher Vertriebsexperte am Ruder. Er spricht offen über die Herausforderungen: 1998 startete Niemeyer mit einem ersten Online-Shop, stellte 15.000 Artikel ins Netz. Doch der Fokus liegt auf Filialexpansion in Deutschland, später auch in Österreich und der Schweiz. Zu den wichtigsten Standorten zählen, Hamburg, Kiel und Berlin - dem größten Wassersportzentrum Deutschlands.


Stationärer Marktführer unter den Bootsausstattern: "AWN"
Foto: HANSEVALLEY
Ein Blick auf die Zahlen zeigt das Dilemma: 76% seines Geschäfts macht A. W. Niemeyer in den Filialen, 10% gehen via Katalog über den Ladentisch, 14% machen die Online-Shops aus - seit 2014 mit 22.000 Produkten im neu gelaunchten Online-Shop und der 2016 forcierten Internationalisierung in die Niederlande, nach Dänemark, Schweden und Polen, nach Frankreich, Spanien und Italien. Dazu kommt seit 2017 die Präsenz auf Marktplätzen, wie Amazon und Ebay. Aus dem 4.000 qm großen Zentrallager in Hamburg werden im Jahr rd. 80.000 Pakete verschickt. 

Online-Handel: "Ein großer Wandel wie vor 70 Jahren"

So richtig online ist der Schiffsausrüster trotz zweistelligem Wachstum dennoch nur bedingt. Zum digitalen Wandel bringt der 47-jährige Geschäftsführer und Vater dreier Kinder auf den Punkt: "Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem", und ergänzt: "Wie saßen selbst 3 Jahre darin." Über 2 Jahre suchte man einen "Online-Star", der "AWN" zu einem Raketenstart im E-Commerce verhilft - vergeblich. Langsam öffnet sich der Vorhang zur Partnerschaft zwischen Bootsausrüster und Digitalexperten. Der Vater u. a. zweier motorsportbegeisterter Söhne gibt zu: "Es ist uns nicht gelungen, schnell genug online zu wachsen, um daraus ein Gesamtwachstum herzustellen." 


Europas größter Bootsshop auf 2.000 qm am Holstenkamp.
Foto: HANSEVALLEY
Zu langsam und zu zögerlich, könnte man die Entwicklung zusammenfassen. Christian Hofmann geht noch weiter, legt das Negativbeispiel des in Konkurs geratenen amerikanischen Spielzeugriesen "Toys'R'Us" auf den Tisch. Seit 2014 stagniert das Gesamtgeschäft, im vergangenen Jahr wurden 2 schwächere Filialen abgeschlossen. Wettbewerber "SVB" aus Bremen ist Vorreiter beim Internet-Handel, Konkurrent "Compass24" aus Ascheberg führend als Katalog-Versender. "AWN" ist der stationäre Platzhirsch mit der Herausforderung, online Wachstum zu generieren.

Hanse Ventures? "Die haben alle schon geliefert!"

In mehr als 100 Länder liefert Niemeyer bereits, betreut seine Kunden in 8 Sprachen. "Wir wissen schon, wie das geht", bekräftigt Hofmann im Interview, und ergänzt: "Wir sind seit vielen Jahren Versandhändler." Die Schlüsselfrage für das von Amadeus Wilhelm Niemeyer 1745 gegründete Unternehmen lautet: 'Wo wollen wir hin?' Mit dem bislang einmaligen Schritt der Beteiligung dürfte "AWN" einen cleveren Schachzug machen. "Es geht um die Experise von Hanse Ventures", fasst Hofmann fast bescheiden zusammen. Die gemeinsame Vision der Hamburger Partner ist, "den Online-Umsatz stark auszubauen". 


4.000 qm Paletten- und Kleinteilelager in Bahrenfeld.
Foto: A. W. Niemeyer
10 Mann kümmern sich in Bahrenfeld bislang um 12 Shops plus Marktplätze. Dazu gehören Redakteure und Native-Speaker für den Content, Marketer und Customer Care-Mitarbeiter für das internationale Geschäft. Hanse Ventures baut eine eigene Digital-Unit mit CEO für das Online-Business, mit E-Commerce-Leiter, SEO- und SEA-Spezialisten, mit BI- und CRM-Experten sowie eigener Social Media Expertise auf - wie ein Startup. Das Team aus 30 Hanse Ventures-Experten wird in einem halben Jahr durch eigene Digitalexperten abgelöst. Hofmann unterstreicht das Besondere an dem Deal: "Wir konnten am nächsten Tag starten." So kann die Markterschließung national und international parallel skalieren.

Christian Hofmann: "Digitalisierung beginnt im Kopf"


Im nächsten Schritt plant der pfiffige Geschäftsführer, die Prozesse zu digitalisieren. Mehrere Mitarbeiter sind im Einkauf tätig, zuständig für Disponieren und Einlagern von 22.000 Artikeln. "Im Tagesgeschäft kommt es zu kurz, sich die Prozesse anzuschauen"; weiß der Geschäftsführer. Sein Wunsch: die bestmöglichen Prozesse definieren, daraus Exzellenz im Betriebsablauf ermöglichen und weitere Einkaufsvorteile entwickeln. Selbstkritisch gibt Hofmann zu bedenken: "Es gibt Mitarbeiter, die machen es so, wie sie es machen - auch wenn sie es nicht effizient machen." Digitalisierung beginnt für den Macher im Kopf. 


Flaggschifffiliale, Zentrallager und Unternehmenssitz von AWN.
Foto: HANSEVALLEY
Einkauf, Logistik, Buchhaltung  - "was machen wir falsch?" fragt Hofmann, und schiebt hinterher: "der Business-Case hat ambitionierte Ziele." Das Statement lässt ahnen, was zwischen Hanse Ventures und A. W. Niemeyer vereinbart wurde. "Man kann nicht radikaler vorgehen", gibt der Unternehmer zu Protokoll. Für einen der größten Boots- und Yachtausstatter Europas geht es um nicht weniger, als die Zukunft - im Umfeld eines sich konsolidierenden stationären Einzelhandels. Eine spannende Entwicklung zweier ambitionierter Hamburger Unternehmen - für uns ganz klar HANSECHAMPIONS.



 Hamburg Digital Background: 

Pressemitteilung Hanse Ventures:
hwww.presseportal.de/pm/80173/3835683

A. W. Niemeyer im Überblick:
www.awn.de/ueber-awn/

Hanse Ventures im Überblick:
www.hanseventures.com/hv-team/