Mit stolzen 10,2 Prozent liberaler Zweitstimmen zur Bundestagswahl und einem desaströsen Abschneiden der Scholz-SPD mit 23,5% weht ein rauherer Wind durchs Rathaus. Hamburgs 1. Liberaler knüpfte die Koalition zum Gewinn des ITS-Weltkongresses denn auch gleich als "Stauhauptstadt" mit "desolater Verkehrssituation" auf.
Hamburgs digitaler Oppositionschef Michael Kruse |
Wie beurteilt einer der engagiertesten Digitalpolitiker die Bemühungen der Stadt auf dem Weg zur vernetzten City? Was sagt der führende Liberale zu den digitalen Aktivitäten in Hafen und HHLA? Und was schreibt der Oppositionschef dem Senat ins Stammbuch? Unser HANSEPERSONALITY ist der neue Fraktionsvorsitzende der FDP in der Hamburgischen Bürgerschaft - Michael Kruse:
Digitale Verwaltung Hamburg
Bei unserem ersten Sonntags-Interview brachtest Du auf den Punkt: Die Digitalisierung führt bei Rot-Grün ein "stiefmütterliches Dasein". Mittlerweile ist der Senat einen Schritt weiter: Vier Behörden arbeiten an digitalen Themen. Künftig soll die Senatskanzlei die Aktivitäten koordinieren. Zufrieden?
Dass der Senat die Kompetenzen für den Digitalbereich erst aufsplittet, um sie dann wieder zusammenzuführen, hat wertvolle Zeit gekostet. Natürlich ist das Thema Digitalisierung so wichtig, dass die Kompetenzen an einem zentralen Ort gebündelt werden müssen. Ich habe aber Zweifel, ob eine rein koordinierende Rolle des neuen Amtes in der Senatskanzlei ausreichen wird.
Die Stadt hat ein Angebot für die Besetzung des Chief Digital Officer abgegeben. Nach Abschluss der Ausschreibungsphase scheint es jetzt loszugehen. Bringt ein CDO unterhalb der Staatsräteebene in den zuständigen Ressorts die gewünschte Dynamik in der digitalen Entwicklung der Hansestadt?
Das muss das Ziel sein. Allerdings zeigt sich in dieser Position die verzweifelten Bemühungen des Senats, sich ein digitales Image zu verpassen, anstatt die Digitalisierung der Verwaltung tatsächlich voranzutreiben. Zunächst wurde die Stelle eines Chief Information Officer (CIO) eingerichtet, nun wurde ein weiterer außertariflicher, hoch dotierter Posten geschaffen. Eine zusätzliche Stelle ohne Weisungskompetenz bringt Hamburg aber nicht voran.
Digitaler Verkehr Hamburg
Zur Entscheidung, den ITS-Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme 2021 in Hamburg auszurichten hast Du die kleine Keule rausgeholt: Hamburg sei "Stauhauptstadt" mit "desaströser Verkehrssituation". Ist der ITS-Kongress keine Chance, zum "Musterschüler" zu werden?
Die erfolgreiche Bewerbung Hamburgs für den ITS-Weltkongress ist zu begrüßen: Das Großereignis wird die drastisch wachsenden Verkehrsprobleme Hamburgs schonungslos offenlegen. Im Bereich der Hafenverkehre trägt der Senat mit seiner Gebührenerhöhung für Binnenschiffer sogar aktiv dazu bei, dass ökologisch und ökonomisch vorteilhafte Transporte verteuert werden. Der ITS-Kongress ist eine Chance, aber ich sehe nicht, dass der Scholz-Senat sie nutzt.
Schauen wir uns die Projekte von HOCHBAHN, MOIA und switchh an, muss die Metropole Berlin eigentlich laut losheulen. Die Mobilitätspartnerschaften mit BMW, Daimler, Deutscher Bahn und VW sind doch richtig fortschrittlich. Wie will die FDP Hamburgs Straßenverkehr digital vernetzen?
Der technologische Fortschritt verlangt leistungsfähige Kommunikationsnetze, bei denen z. B. Maschinen, Automaten und Fahrzeuge untereinander oder über Leitstellen verbunden sind. Die geplante Einstellung einzelner Projekte von "smartPORTlogistics" zeigt, dass Hamburg weit davon entfernt ist, intelligente Verkehrsprojekte zu präsentieren, die über die Pilotphase hinauskommen.
Einführung des lange angekündigten Verkehrsmodells
Der Senat müsste erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die notwendige Verkehrsbeschleunigung für eine Metropole zu erreichen. Dazu gehört die Einführung des lange angekündigten Verkehrsmodells, mit dem man Konfliktsituationen im Straßenraum bestmöglich abfedern kann, aber auch eine dynamische Ampelsteuerung, die nicht stumpf vor sich hinschaltet, egal, wie die Verkehrslage gerade ist.
Digitaler Hafen Hamburg
Die erfolgreiche Bewerbung Hamburgs für den ITS-Weltkongress ist zu begrüßen: Das Großereignis wird die drastisch wachsenden Verkehrsprobleme Hamburgs schonungslos offenlegen. Im Bereich der Hafenverkehre trägt der Senat mit seiner Gebührenerhöhung für Binnenschiffer sogar aktiv dazu bei, dass ökologisch und ökonomisch vorteilhafte Transporte verteuert werden. Der ITS-Kongress ist eine Chance, aber ich sehe nicht, dass der Scholz-Senat sie nutzt.
Schauen wir uns die Projekte von HOCHBAHN, MOIA und switchh an, muss die Metropole Berlin eigentlich laut losheulen. Die Mobilitätspartnerschaften mit BMW, Daimler, Deutscher Bahn und VW sind doch richtig fortschrittlich. Wie will die FDP Hamburgs Straßenverkehr digital vernetzen?
Der technologische Fortschritt verlangt leistungsfähige Kommunikationsnetze, bei denen z. B. Maschinen, Automaten und Fahrzeuge untereinander oder über Leitstellen verbunden sind. Die geplante Einstellung einzelner Projekte von "smartPORTlogistics" zeigt, dass Hamburg weit davon entfernt ist, intelligente Verkehrsprojekte zu präsentieren, die über die Pilotphase hinauskommen.
Einführung des lange angekündigten Verkehrsmodells
Der Senat müsste erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die notwendige Verkehrsbeschleunigung für eine Metropole zu erreichen. Dazu gehört die Einführung des lange angekündigten Verkehrsmodells, mit dem man Konfliktsituationen im Straßenraum bestmöglich abfedern kann, aber auch eine dynamische Ampelsteuerung, die nicht stumpf vor sich hinschaltet, egal, wie die Verkehrslage gerade ist.
Digitaler Hafen Hamburg
Die Digitalisierung im Hafen scheint nicht immer schon Realität zu sein: HHLA-Chefin Titzrath wiederholt seit Längerem den Wunsch, "Motor des Digitalen Wandels" werden zu wollen. Die Branche gilt nicht unbedingt als "digitale Boheme". Wie lange kann der Hafen hinter Rotterdam und Antwerpen hinterher laufen?
Hamburg verliert zunehmend den Anschluss – ohne die Fahrrinnenanpassung wird sich diese
Tendenz verstärken. Nur vier Prozent der Betriebe im Hafen verfügen über schnelles Internet, da müssen Senat und HPA endlich ihre Hausaufgaben machen.
Unternehmen im Hafen besser als ihr Ruf
Tatsächlich sind die Unternehmen im Hafen aber fortschrittlicher als ihr Ruf: Die Truck-Appointment-Systeme der Terminalbetreiber in Hamburg zeigen, dass die Digitalisierungs-Fortschritte im Hamburger Hafen von privaten Unternehmen ausgehen. Ich freue mich, dass Frau Titzrath diesen Wandel mit der HHLA bestmöglich gestalten möchte.
Die Behörde BWVI ist dabei, die Logistik-Initiative neu und zukunftsweisend auszurichten. Der Digital Hub Logistics startet nach kurzer Anlaufphase in erste konkrete Digitalprojekte. Müsste die FDP nicht Applaus klatschen und einladen, mitzumachen?
Beide Initiativen sind wichtig für Hamburg, und deshalb unterstützen wir sie auch aus der Opposition heraus. Mit dem Leiter des Digital Hub Logistics habe ich mich gerade am Rande des 69. Eisbeinessens der Schiffsmakler ausgetauscht. Bei der Logistik-Initiative machen wir immer noch Druck, dass die Mitgliedschaft im ersten Jahr kostenlos wird für Start-ups. Das hatte die Bürgerschaft nämlich auf unsere Initiative hin Anfang des Jahres beschlossen.Kenner in Hafen- und Digitalwirtschaft: Michael Kruse |
Tendenz verstärken. Nur vier Prozent der Betriebe im Hafen verfügen über schnelles Internet, da müssen Senat und HPA endlich ihre Hausaufgaben machen.
Unternehmen im Hafen besser als ihr Ruf
Tatsächlich sind die Unternehmen im Hafen aber fortschrittlicher als ihr Ruf: Die Truck-Appointment-Systeme der Terminalbetreiber in Hamburg zeigen, dass die Digitalisierungs-Fortschritte im Hamburger Hafen von privaten Unternehmen ausgehen. Ich freue mich, dass Frau Titzrath diesen Wandel mit der HHLA bestmöglich gestalten möchte.
Die Behörde BWVI ist dabei, die Logistik-Initiative neu und zukunftsweisend auszurichten. Der Digital Hub Logistics startet nach kurzer Anlaufphase in erste konkrete Digitalprojekte. Müsste die FDP nicht Applaus klatschen und einladen, mitzumachen?
Digitale Wirtschaft Hamburg
HANSEVALLEY hat die Medienförderung der Hansestadt als ineffektiv und verfilzt kritisiert. Neue Medienplayer, wie Microsoft, Ströer oder YouTube feiern ihre Newsrooms und damit die nächste Party in Berlin. Hat Hamburg als "Medienhauptstadt" den Anschluss gegen Berlin verloren?
Berlin hat lange Zeit Medien aus Hamburg weggelockt. Es ist wichtig, dass sich dies in Zukunft nicht fortsetzt. Hamburg und Berlin sind stark im Agenturbereich aufgestellt, gerade auch in Hamburg gibt es wichtige Medien- und Digitalagenturen. Weil wir aber auch kritische Entwicklungen im Print-Bereich sehen, wird der Ausschuss für Wirtschaft, Medien und Innovation sich am 23. November auf unsere Initiative hin mit der Zukunft des Medienstandorts Hamburg befassen.
Es gibt laut Monitoring mehr als 600 Startups an der Elbe, nach unserer Zählung allein mehr als 40 Startups in Logistik, Luftfahrt und Mobilität. Der Anfang 2016 mit den Stimmen der Opposition verabschiedete Wachstums-Fonds lässt jedoch auf sich warten. Verpasst Hamburg den Zug?
Wir hätten uns sehr gewünscht, dass der Innovations-Wachstumsfonds schneller an den Start geht. Allerdings geht es um viel Steuergeld und da haben wir als Freie Demokraten durchaus Verständnis dafür, dass der Senat lieber etwas vorsichtiger und bedachter vorgehen möchte, anstatt sich zu verlaufen.
Startups und KMU bei der Entwicklung neuer Stadtteile berücksichtigen
Letztendlich ist dieser Fonds aber nur eines von vielen Instrumenten, um die Rahmenbedingungen für Startups am Standort Hamburg zu verbessern. Weitere Maßnahmen, wie die Einführung eines bürokratiefreien ersten Jahres, und die Berücksichtigung von kleineren Unternehmen und Startups bei der Entwicklung neuer Stadtteile – wie aktuell von uns gefordert beim Konzept Stromaufwärts an Elbe und Bille – müssen folgen.
Berlin hat lange Zeit Medien aus Hamburg weggelockt. Es ist wichtig, dass sich dies in Zukunft nicht fortsetzt. Hamburg und Berlin sind stark im Agenturbereich aufgestellt, gerade auch in Hamburg gibt es wichtige Medien- und Digitalagenturen. Weil wir aber auch kritische Entwicklungen im Print-Bereich sehen, wird der Ausschuss für Wirtschaft, Medien und Innovation sich am 23. November auf unsere Initiative hin mit der Zukunft des Medienstandorts Hamburg befassen.
Es gibt laut Monitoring mehr als 600 Startups an der Elbe, nach unserer Zählung allein mehr als 40 Startups in Logistik, Luftfahrt und Mobilität. Der Anfang 2016 mit den Stimmen der Opposition verabschiedete Wachstums-Fonds lässt jedoch auf sich warten. Verpasst Hamburg den Zug?
Wir hätten uns sehr gewünscht, dass der Innovations-Wachstumsfonds schneller an den Start geht. Allerdings geht es um viel Steuergeld und da haben wir als Freie Demokraten durchaus Verständnis dafür, dass der Senat lieber etwas vorsichtiger und bedachter vorgehen möchte, anstatt sich zu verlaufen.
Startups und KMU bei der Entwicklung neuer Stadtteile berücksichtigen
Letztendlich ist dieser Fonds aber nur eines von vielen Instrumenten, um die Rahmenbedingungen für Startups am Standort Hamburg zu verbessern. Weitere Maßnahmen, wie die Einführung eines bürokratiefreien ersten Jahres, und die Berücksichtigung von kleineren Unternehmen und Startups bei der Entwicklung neuer Stadtteile – wie aktuell von uns gefordert beim Konzept Stromaufwärts an Elbe und Bille – müssen folgen.
Digitaler Ausblick Hamburg
Zu guter Letzt unsere traditionelle Hamburg-Frage: Gesetzt den Fall, die FDP kommt nach den nächsten Wahlen in die Regierung und stellt den Wirtschaftssenator der Hansestadt: Welche drei digitalen Aufgaben würdest Du der Koalition ins Regierungsprogramm schreiben?
1. Am Ende der nächsten Legislaturperiode muss Hamburg flächendeckend Breitbandinternet haben, und da reden wir nicht wie der rot-grüne Senat über 30 Mbit/s.
1. Am Ende der nächsten Legislaturperiode muss Hamburg flächendeckend Breitbandinternet haben, und da reden wir nicht wie der rot-grüne Senat über 30 Mbit/s.
2. Die Hamburger Verwaltung muss digitalisiert sein. Es kann doch nicht sein, dass der rot-grüne Senat unter Digitalisierung versteht, dass ich mir einen Termin online buchen kann. Kundenzentren als Service-Zentren am Bürger verstehen ist die Grundlage. Die Kür besteht darin, dass ich als Bürger für viele Dienstleistungen der Verwaltung nicht mehr zum Amt muss, sondern sie zuhause erledigen kann.
3. Den konsequenten Einsatz von digitaler Technologie in den Lehr- und Lerneinrichtungen der Stadt. Für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfolg Hamburgs ist es wichtig, dass alle Menschen sicher und gut ausgebildet in die digitale Zukunft gehen.
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Vielen Dank für die interessanten Antworten!
Das Interview führte Thomas Keup.
Hamburg Digital Background:
Michael Kruse mit aktuellen News auf Facebook:
Michael Kruse zu Internet, Medien und Digitales:
HANSEPERSONALITY Michael Kruse:
HANSESTATEMENT: