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Sonntag, 12. November 2017

HANSEPERSONALITY Michael Kruse: Zukunft des Medienstandorts Hamburg auf der Tagesordnung

HAMBURG DIGITAL INTERVIEW

Mit stolzen 10,2 Prozent liberaler Zweitstimmen zur Bundestagswahl und einem desaströsen Abschneiden der Scholz-SPD mit 23,5% weht ein rauherer Wind durchs Rathaus. Hamburgs 1. Liberaler knüpfte die Koalition zum Gewinn des ITS-Weltkongresses denn auch gleich als "Stauhauptstadt" mit "desolater Verkehrssituation" auf. 


Hamburgs digitaler Oppositionschef Michael Kruse
Michael Kruse ist mit 34 Jahren jüngster Co-Fraktionschef aller Zeiten in der Hamburgischen Bürgerschaft - aktuell vorgestellt bei den Kollegen der "Welt". Bereits als parlamentarischer Geschäftsführer der Hamburger Liberalen schenkte er dem Rot-Grünen Senat bei ihren Digitalisierungsprojekten und der Hafenpolitik kräftig ein. 

Wie beurteilt einer der engagiertesten Digitalpolitiker die Bemühungen der Stadt auf dem Weg zur vernetzten City? Was sagt der führende Liberale zu den digitalen Aktivitäten in Hafen und HHLA? Und was schreibt der Oppositionschef dem Senat ins Stammbuch? Unser HANSEPERSONALITY ist der neue Fraktionsvorsitzende der FDP in der Hamburgischen Bürgerschaft - Michael Kruse:


Digitale Verwaltung Hamburg

Bei unserem ersten Sonntags-Interview brachtest Du auf den Punkt: Die Digitalisierung führt bei Rot-Grün ein "stiefmütterliches Dasein". Mittlerweile ist der Senat einen Schritt weiter: Vier Behörden arbeiten an digitalen Themen. Künftig soll die Senatskanzlei die Aktivitäten koordinieren. Zufrieden?

Dass der Senat die Kompetenzen für den Digitalbereich erst aufsplittet, um sie dann wieder zusammenzuführen, hat wertvolle Zeit gekostet. Natürlich ist das Thema Digitalisierung so wichtig, dass die Kompetenzen an einem zentralen Ort gebündelt werden müssen. Ich habe aber Zweifel, ob eine rein koordinierende Rolle des neuen Amtes in der Senatskanzlei ausreichen wird.

Die Stadt hat ein Angebot für die Besetzung des Chief Digital Officer abgegeben. Nach Abschluss der Ausschreibungsphase scheint es jetzt loszugehen. Bringt ein CDO unterhalb der Staatsräteebene in den zuständigen Ressorts die gewünschte Dynamik in der digitalen Entwicklung der Hansestadt? 

Das muss das Ziel sein. Allerdings zeigt sich in dieser Position die verzweifelten Bemühungen des Senats, sich ein digitales Image zu verpassen, anstatt die Digitalisierung der Verwaltung tatsächlich voranzutreiben. Zunächst wurde die Stelle eines Chief Information Officer (CIO) eingerichtet, nun wurde ein weiterer außertariflicher, hoch dotierter Posten geschaffen. Eine zusätzliche Stelle ohne Weisungskompetenz bringt Hamburg aber nicht voran.


Digitaler Verkehr Hamburg

Zur Entscheidung, den ITS-Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme 2021 in Hamburg auszurichten hast Du die kleine Keule rausgeholt: Hamburg sei "Stauhauptstadt" mit "desaströser Verkehrssituation". Ist der ITS-Kongress keine Chance, zum "Musterschüler" zu werden?

Die erfolgreiche Bewerbung Hamburgs für den ITS-Weltkongress ist zu begrüßen: Das Großereignis wird die drastisch wachsenden Verkehrsprobleme Hamburgs schonungslos offenlegen. Im Bereich der Hafenverkehre trägt der Senat mit seiner Gebührenerhöhung für Binnenschiffer sogar aktiv dazu bei, dass ökologisch und ökonomisch vorteilhafte Transporte verteuert werden. Der ITS-Kongress ist eine Chance, aber ich sehe nicht, dass der Scholz-Senat sie nutzt.

Schauen wir uns die Projekte von HOCHBAHN, MOIA und switchh an, muss die Metropole Berlin eigentlich laut losheulen. Die Mobilitätspartnerschaften mit BMW, Daimler, Deutscher Bahn und VW sind doch richtig fortschrittlich. Wie will die FDP Hamburgs Straßenverkehr digital vernetzen? 

Der technologische Fortschritt verlangt leistungsfähige Kommunikationsnetze, bei denen z. B. Maschinen, Automaten und Fahrzeuge untereinander oder über Leitstellen verbunden sind. Die geplante Einstellung einzelner Projekte von "smartPORTlogistics" zeigt, dass Hamburg weit davon entfernt ist, intelligente Verkehrsprojekte zu präsentieren, die über die Pilotphase hinauskommen. 

Einführung des lange angekündigten Verkehrsmodells

Der Senat müsste erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die notwendige Verkehrsbeschleunigung für eine Metropole zu erreichen. Dazu gehört die Einführung des lange angekündigten Verkehrsmodells, mit dem man Konfliktsituationen im Straßenraum bestmöglich abfedern kann, aber auch eine dynamische Ampelsteuerung, die nicht stumpf vor sich hinschaltet, egal, wie die Verkehrslage gerade ist.

Digitaler Hafen Hamburg

Die Digitalisierung im Hafen scheint nicht immer schon Realität zu sein: HHLA-Chefin Titzrath wiederholt seit Längerem den Wunsch, "Motor des Digitalen Wandels" werden zu wollen. Die Branche gilt nicht unbedingt als "digitale Boheme". Wie lange kann der Hafen hinter Rotterdam und Antwerpen hinterher laufen?


Kenner in Hafen- und Digitalwirtschaft: Michael Kruse
Hamburg verliert zunehmend den Anschluss – ohne die Fahrrinnenanpassung wird sich diese
Tendenz verstärken. Nur vier Prozent der Betriebe im Hafen verfügen über schnelles Internet, da müssen Senat und HPA endlich ihre Hausaufgaben machen. 

Unternehmen im Hafen besser als ihr Ruf

Tatsächlich sind die Unternehmen im Hafen aber fortschrittlicher als ihr Ruf: Die Truck-Appointment-Systeme der Terminalbetreiber in Hamburg zeigen, dass die Digitalisierungs-Fortschritte im Hamburger Hafen von privaten Unternehmen ausgehen. Ich freue mich, dass Frau Titzrath diesen Wandel mit der HHLA bestmöglich gestalten möchte.

Die Behörde BWVI ist dabei, die Logistik-Initiative neu und zukunftsweisend auszurichten. Der Digital Hub Logistics startet nach kurzer Anlaufphase in erste konkrete Digitalprojekte. Müsste die FDP nicht Applaus klatschen und einladen, mitzumachen?

Beide Initiativen sind wichtig für Hamburg, und deshalb unterstützen wir sie auch aus der Opposition heraus. Mit dem Leiter des Digital Hub Logistics habe ich mich gerade am Rande des 69. Eisbeinessens der Schiffsmakler ausgetauscht. Bei der Logistik-Initiative machen wir immer noch Druck, dass die Mitgliedschaft im ersten Jahr kostenlos wird für Start-ups. Das hatte die Bürgerschaft nämlich auf unsere Initiative hin Anfang des Jahres beschlossen.

Digitale Wirtschaft Hamburg

HANSEVALLEY hat die Medienförderung der Hansestadt als ineffektiv und verfilzt kritisiert. Neue Medienplayer, wie Microsoft, Ströer oder YouTube feiern ihre Newsrooms und damit die nächste Party in Berlin. Hat Hamburg als "Medienhauptstadt" den Anschluss gegen Berlin verloren?

Berlin hat lange Zeit Medien aus Hamburg weggelockt. Es ist wichtig, dass sich dies in Zukunft nicht fortsetzt. Hamburg und Berlin sind stark im Agenturbereich aufgestellt, gerade auch in Hamburg gibt es wichtige Medien- und Digitalagenturen. Weil wir aber auch kritische Entwicklungen im Print-Bereich sehen, wird der Ausschuss für Wirtschaft, Medien und Innovation sich am 23. November auf unsere Initiative hin mit der Zukunft des Medienstandorts Hamburg befassen.

Es gibt laut Monitoring mehr als 600 Startups an der Elbe, nach unserer Zählung allein mehr als 40 Startups in Logistik, Luftfahrt und Mobilität. Der Anfang 2016 mit den Stimmen der Opposition verabschiedete Wachstums-Fonds lässt jedoch auf sich warten. Verpasst Hamburg den Zug?

Wir hätten uns sehr gewünscht, dass der Innovations-Wachstumsfonds schneller an den Start geht. Allerdings geht es um viel Steuergeld und da haben wir als Freie Demokraten durchaus Verständnis dafür, dass der Senat lieber etwas vorsichtiger und bedachter vorgehen möchte, anstatt sich zu verlaufen. 

Startups und KMU bei der Entwicklung neuer Stadtteile berücksichtigen

Letztendlich ist dieser Fonds aber nur eines von vielen Instrumenten, um die Rahmenbedingungen für Startups am Standort Hamburg zu verbessern. Weitere Maßnahmen, wie die Einführung eines bürokratiefreien ersten Jahres, und die Berücksichtigung von kleineren Unternehmen und Startups bei der Entwicklung neuer Stadtteile – wie aktuell von uns gefordert beim Konzept Stromaufwärts an Elbe und Bille – müssen folgen.

Digitaler Ausblick Hamburg

Zu guter Letzt unsere traditionelle Hamburg-Frage: Gesetzt den Fall, die FDP kommt nach den nächsten Wahlen in die Regierung und stellt den Wirtschaftssenator der Hansestadt: Welche drei digitalen Aufgaben würdest Du der Koalition ins Regierungsprogramm schreiben?

1. Am Ende der nächsten Legislaturperiode muss Hamburg flächendeckend Breitbandinternet haben, und da reden wir nicht wie der rot-grüne Senat über 30 Mbit/s. 

2. Die Hamburger Verwaltung muss digitalisiert sein. Es kann doch nicht sein, dass der rot-grüne Senat unter Digitalisierung versteht, dass ich mir einen Termin online buchen kann. Kundenzentren als Service-Zentren am Bürger verstehen ist die Grundlage. Die Kür besteht darin, dass ich als Bürger für viele Dienstleistungen der Verwaltung nicht mehr zum Amt muss, sondern sie zuhause erledigen kann. 

3. Den konsequenten Einsatz von digitaler Technologie in den Lehr- und Lerneinrichtungen der Stadt. Für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Erfolg Hamburgs ist es wichtig, dass alle Menschen sicher und gut ausgebildet in die digitale Zukunft gehen. 

*  *  *

Vielen Dank für die interessanten Antworten!
Das Interview führte Thomas Keup.

 Hamburg Digital Background: 

Michael Kruse mit aktuellen News auf Facebook:

Michael Kruse zu Internet, Medien und Digitales:

HANSEPERSONALITY Michael Kruse:

HANSESTATEMENT:

Mittwoch, 25. Januar 2017

HANSEPERSONALITY Michael Kruse: Hamburg - Digitale Diaspora statt Digitale Stadt.

HAMBURG DIGITAL INTERVIEW


Michael Kruse: Tritt der rot-grünen Koalition auf die Füße, wenn nötig.
Foto: Michael Kruse / Patrick Lux
Er ist ein waschechter Hamburger, gelernter Volkswirt und Unternehmensberater. Der 33-jährige Michael Kruse ist vor allem aber ein Hamburger Politiker - und das mit Herz und Seele. Der Freie Demokrat engagiert sich für den Hafen und die Wirtschaft, die Digitalisierung und die Entwicklung der Stadt. 

Als parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion in der Bürgerschaft hat er den Hut auf, der roten-grünen Koalition die kritischen Fragen zu stellen. In diesem Jahr kandidiert er für die FDP für den Deutschen Bundestag und als Direktkandidat für Hamburg-Mitte.

Die Förderung von Technologien und Startups gehört ebenso zu den Schwerpunkten des präsenten Abgeordneten, wie die Digitalisierung der Hamburger Verwaltung und der städtischen Unternehmen. Wir stellen dem Volksvertreter aus Barmbek die Fragen, die er im Parlament Bürgermeister Olaf Scholz und Wirtschaftssenator Frank Horch stellt.


In einer Zeit von verdrossenen Wählen, die zur AfD flüchten, einer postfaktischen Zeit, in der Gefühle wichtiger zu sein scheinen, als Fakten: Warum hast Du Dich professionell für Politik entschieden? Und was macht aus Deiner Sicht die FDP von 
Christian Lindner im Wahljahr 2017 anders, als alle anderen Parteien?

Meine Motivation und auch der Grund, warum ich in die Politik gegangen bin, sind die vielen Menschen in der Mitte unserer Gesellschaft. Die Mittelschicht und der Mittelstand werden seit Jahren immer mehr belastet. Steigende Gesundheitskosten, die kalte Progression und immer mehr Bürokratie nehmen den Menschen die Luft zum Atmen und den Unternehmen ihren gestalterischen Spielraum. 
Das wollen wir als Freie Demokraten ändern.

Digitales Entwicklungsland dank Angela Merkel:  
"Wo war die denn in den letzen 20 Jahren?"

Wir wollen Selbstbestimmung und Aufstiegschancen für alle ermöglichen, wollen aus Deutschland ein Chancenland machen und den Menschen wieder Mut und Optimismus geben. Wir müssen dafür die Möglichkeiten der Digitalisierung viel stärker nutzen. Deutschland ist heute ein digitales Entwicklungsland, und das liegt auch an einer Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die das Internet noch kürzlich als „Neuland“ bezeichnete. Wo war die denn in den letzten 20 Jahren, frage ich mich. In keiner anderen Industrienation wird die digitale Revolution so sträflich vernachlässigt, wie in Deutschland.

Ganz persönlich stehe ich dafür, dass es wieder mehr um Fakten geht in der Politik. Unterschiedliche Meinungen sind normal, aber in vielen politischen Diskussionen hapert es ja auch an einem fundierten Verständnis von Sachzusammenhängen. Das treibt mich um, seit ich mich für Politik interessiere. An dieser Stelle möchte ich mit meiner Arbeit einen Unterschied machen.

Die Stadt Hamburg hat Anfang 2
015 die Strategie “Digitale Stadt” verabschiedet. Im Mittelpunkt sollen digitale Anwendungen stehen, die die Zusammenarbeit von Verwaltungen, Unternehmen und Hamburgern vereinfachen. Wie weit ist die Digitalisierung der Hansestadt aus Deiner Sicht vorangeschritten?

Die Strategie „Digitale Stadt“ soll Innovationspotenziale für alle gesellschaftlichen und staatlichen Bereiche erkennen und fördern. An sich ist das ein guter Ansatz, aber leider ist hier bislang kaum etwas geschehen. Die Digitalisierung führt bei Rot-Grün ein stiefmütterliches Dasein. Denn die Realität der Menschen in Hamburg ist nicht die aus blumigen Reden von Senatspolitikern. Die Realität der Menschen ist: Wer einen neuen Personalausweis beantragt, der muss sich einen Tag frei nehmen, weil das immer noch analog gemacht werden muss und der Senat ein Terminvergabesystem eingeführt hat, das zu zwei Monaten Wartezeit führt. Das ist digitale Diaspora statt digitale Stadt.



Zwei Monate Wartezeit in den Kundenzentren:
"Das ist digitale Diaspora statt digitale Stadt."


Und auch bei der Abarbeitung des Koalitionsvertrags hapert es: So sind beispielsweise die angekündigten Förderungen von Unternehmen und Prozessen, die die Digitalisierung der Wirtschaft vorantreiben sollen, bislang von Rot-Grün nicht umgesetzt worden. Ebenso fehlt bis heute die angekündigte wissensbasierte Gründerplattform, die Wissenschaft und Unternehmen besser vernetzen soll. Auch die im Koalitionsvertrag angekündigte 3-D-Druck-Strategie ist noch nicht umgesetzt. Lediglich im Masterplan Handwerk ist der 3-D-Druck als Handlungsfeld aufgenommen worden. Das sind nette Worte, ist aber insgesamt viel zu wenig.

Mittel für den Breitbandausbau:
"Versauern bald zwei Jahre auf den Konten der Stadt."

Aber was am meisten nervt: Hamburg hi
nkt bei der digitalen Infrastruktur hinterher: Der fehlende Breitbandausbau im Hafen – weniger als vier Prozent der Anschlüsse haben dort Internet - und selbst in neuen Stadtteilen wie der HafenCity - nur zwei Beispiele. Grotesk wird es, wenn man bedenkt, dass die Mittel für den Breitbandausbau bald zwei Jahren auf den Konten der Stadt liegen und dort versauern. Hier hat der rot-grüne Senat viel Zeit verdaddelt. Um eine wirkliche „Digitale Stadt“ zu werden, hat Hamburg also noch sehr viel Entwicklungsbedarf.

Ein Eckpfeiler der Strategie ist die “Digitale Leitstelle” zur Koordinierung der Aktivitäten auf Behördeneb
ene. Wie ist der Stand bei der Umsetzung dieser Leitstelle und kann sie als nachgeordnete Einrichtung ihre Arbeit effektiv leisten? Reichen die aktuellen Kompetenzen, um eingefahrene öffentliche Strukturen zu überwinden?

Leider ist auch dieses Konstrukt bislang wenig erfolgreich. Eine fachliche Zuständigkeit für einzelne Digitalisierungsthemen seitens der Leitstelle besteht nämlich nicht. Die ist nach wie vor bei den Fachbehörden. Die Leitstelle hat deshalb ausschließlich eine koordinierende Funktion und führt keine eigenen Projekte aus. Wer Behörden kennt, der weiß: Da geht gar nichts ohne Zuständigkeit.


Leitstelle mit Kompetenzen und Zuständigkeiten:
"Alles andere sind nette Worte ohne Folgen."

Meine Prognose ist, wenn sich das nicht ändert, wird auch in den Hamburger Behörden nicht viel geschehen. Wer Digitalisierung ernst nimmt, der muss eine solche Leitstelle mit Kompetenzen und Zuständigkeiten ausstatten und einen echten Reformplan vorstellen. Alles andere sind nette Worte ohne Folgen.

All dies trägt dazu bei, dass bisher nicht sichtbar ist, inwieweit die Leitstelle die Stadt Hamburg erfolgreich nach außen vertritt. Überhaupt nimmt man die Stelle noch nicht so wahr, wie man das bei einem so wichtigen Thema erwarten würde. Das ist schade und ändert sich hoffentlich noch.

Die Stadt ist u. a. mit Ihrer Konzernholding HGV Anteilseignerin an mehr als 400 Unternehmen, von Hapag-Lloyd und der HHLA über die Hochbahn bis zur HSH Nordbank und der SAGA. Wie gut sind die stadteigenen und teilweise öffentlichen Unternehmen auf die Herausforderungen der Digitalisierung der Wirtschaft
gewappnet?

Bei der Konzernholding der Stadt handelt es sich mittlerweile um einen Dschungel von Tochterunternehmen und Beteiligungen, die der Senat selbst nicht mehr zu steuern weiß, weil er schon lange keinen Überblick mehr hat. Neben dreistelligen Millionenverlusten aus städtischen Unternehmen bei der HGV führt das dazu, dass in Sachen Digitalisierung vom rot-grünen Senat keine Impulse ausgehen in Richtung der städtischen Unternehmen. Das hat natürlich langfristig Auswirkungen auf deren Innovationsfähigkeit.



Innovationsfähigkeit in defizitären Beteiligungen:
"Das riesige Unternehmensportfolio der Stadt ausmisten."

Auch, weil selten öffentliche Unternehmen Innovationen vorantreiben, sehen wir die vielen Unternehmensbeteiligungen der Stadt kritisch. Die Realität ist doch: Wenn ich vorher weiß, dass die Steuerzahler auch hohe Verluste ausgleichen, senkt das die Innovationsbereitschaft von Unternehmen. Wir müssen das riesige Unternehmensportfolio der Stadt ausmisten, um die Innovationsfähigkeit dieser Unternehmen zu steigern.


Digitale Diensleistungen in öffentlichen Unternehmen:
"Ein Plan dazu fehlt dem Senat leider."

Der Scholz-Senat muss sich hier endlich seiner Verantwortung stellen. Dabei kann es keineswegs nur um IT-Anschaffungen gehen: Die öffentlichen Unternehmen, die dann bei der Stadt bleiben, müssen kulturell komplett neu ausgerichtet werden in Richtung Kundenorientierung, Offenheit und Agilität. Schrittweise müssen Dienstleistungen und Angebote der öffentlichen Unternehmen und der Verwaltung digitalisiert werden. Ein Plan dafür fehlt dem Senat leider. Das muss sich ändern.

Hamburg hat seit 1997 ins Sachen Wirtschaftsförderung insgesamt 8 Themencluster mit geförderten Netzwerken initiiert - z. B. Luftfahrt, Maritime Wirtschaft und Logistik, Medien und Kreativwirtschaft, Gesundheitswesen und Erneuerbare Energien. Wo unterstützt Hamburg die Digitalisierung erfolgversprechend und wo ist noch “Luft nach oben”?

In den Hamburger Clustern sollten Wirtschaft und Wissenschaft auch im Hinblick auf die Digitalisierung erfolgreich vernetzt werden. Ziel muss es sein, übergreifende Clusterbrücken („Cross-Clustering“) zu schaffen, mithilfe derer auch die Digitalisierung vorangetrieben wird.


Hamburger Wirtschaftscluster öffnen:
"2 Jahre kostenlose Mitgliedschaft für Gründer."

Die Digitalisierung wird meistens von jungen, innovativen Unternehmen vorangetrieben, häufig Startups mit guten Ideen, jungen, top ausgebildeten Menschen und häufig mit noch nicht so viel Geld in der Tasche. Deshalb wollen wir Freie Demokraten die Cluster für Gründer öffnen: Wer neue Ideen hat, der soll schnell in Kontakt mit etablierten Unternehmen kommen. Dafür wollen wir eine kostenlose zweijährige Mitgliedschaft für Gründer in den Hamburger Clustern einführen.

Du bist engagiert für Startups und die digitale Szene in u
nserer Stadt. Zu guter Letzt unsere traditionelle Hamburg-Frage: Was sind aus Deiner langjährigen Erfahrung die echten Stärken, um in Hamburg mit Technologien und als Startup erfolgreich zu sein? Und wie siehst Du den Wettbewerb mit anderen Regionen, z. B. mit Berlin?

Hamburg ist eine großartige Stadt und ein toller Standort für Unternehmen jeder Größe und jeden Alters. Mit seiner jahrhundertealten Handels- und Kaufmannstradition wird Hamburg nicht umsonst das Tor zur Welt genannt. Es gibt auch eine vitale Startup-Szene, was eine gute Voraussetzung ist, um als junger Gründer im Digitalbereich schnell Kontakt zu finden.



Innovations-Wachstumsfonds des Senats:
"Eigentlich sollte der schön längst auf dem Weg sein..."

Derzeit fehlt Hamburg vielfach Geld für gute Ideen, die schnell skalieren. Das Thema Venture Capital ist ein großes. Der Senat wollte den Innovation-Wachstumsfonds auf den Weg bringen, der in der Wachstumsphase unterstützt und damit eine wichtige Lücke schließt. Wir unterstützen das, denn Hamburg hat da großen Nachholbedarf. Wir hoffen, dass der Senat bald sein Konzept für den Fonds vorstellt. Eigentlich sollte der schon längst auf dem Weg sein...

Digitalisierung und Startups in Deutschland:
"Am Ende soll natürlich Hamburg die Nummer Eins sein."

Wenn wir es nun in Hamburg schaffen, das alte Geld mit neuen Ideen zusammen zu bringen, dann werden wir auch Berlin noch als Standort überholen. Bis dahin gefällt mir Berlin als größerer Wettbewerber, an dessen Entwicklung man sich misst. Bei aller Konkurrenz dürfen wir aber nicht vergessen, dass wir auch die Brückenschläge nach Berlin suchen sollten, um gemeinsam Synergien zu heben. Am Ende soll aber natürlich Hamburg die Nummer Eins in Sachen Digitalisierung und Startups sein.

Vielen Dank für die Bürgersprechstunde!

Das Interview führte Thomas Keup.

* * *

 Hamburg Digital Background: 

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Informationen der FDP-Fraktion in Hamburg:
http://www.fdp-fraktion-hh.de/

Biographie bei den Freien Demokraten Hamburg:
http://www.fdphamburg.de/buergerschaftswahl/landesliste/michael-kruse/

Biographie in der Hamburger Bürgerschaft:
www.hamburgische-buergerschaft.de/abgeordnetenseite/nofl/4460532/kruse-michael/



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