von Daniel Engemann, Gründer von 6ft Rabbit Productions
Vor allem im digitalen Kontext fällt es Unternehmen zunehmend schwerer, kommunikativ aus der Masse herauszustechen. 'Baut Beziehungen zu euren Kunden auf', sagen Experten. Leichter gesagt, als getan. Seine Marke im Umfeld von Display Ads, Social Media und Co. vernünftig an den Mann zu bringen, ist weitaus komplizierter als die DSGVO. Ein Ausweg könnte folgender Gedanke sein: Weg von der Werbung - und hin zu Service.
Was damit gemeint ist? Ein echter Mehrwert für den User! Das mag an dieser Stelle nach einer Platitüde klingen, konkrete Handlungsvorschläge gibt es später im Text. Fangen wir mit einem Beispiel an:
Der Unterschied zwischen McDonald’s und Tesla dürfte leicht auszumachen sein, genauso ihre Positionierung und die Zielgruppe. Diesen Grad von Alleinstellung zu erreichen ist schwierig – möchte sich eine Marke gegenüber anderen abheben, muss sie sich präsentieren. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Marken einen emotionalen Mehrwert anbieten, um eine dauerhafte Beziehung zu ihren Kunden aufzubauen.
Informationsüberlastung beim User
Werbung hatte immer – in einem gewissen Rahmen – das Ziel, zu emotionalisieren. Dies allerdings immer sehr produktbezogen, was der heutigen Vielzahl an Kommunikationsmöglichkeiten nicht mehr gerecht wird. Daraus ergibt sich ein Wandel vom Produkt- zum Kommunikationswettbewerb. Dieses steigende Informationsangebot geht jedoch mit einer begrenzten Aufnahmefähigkeit der User einher.
Es besteht das Phänomen der Informationsüberlastung. Dies bewirkt zwei zentrale Veränderungen beim Kunden: eine reduzierte Konzentrationsfähigkeit und eine oberflächliche Informationsverarbeitung. Empirische Studien belegen dies: Weniger als 5% der gebotenen Informationen werden vom Rezipienten aufgenommen (Kroeber-Riel/Esch, 2004, S. 16 f.). Ja, diese Studie ist alt. Dazu gleich mehr.
Aufmerksamkeit geringer als beim Goldfisch: richtig oder wahr? Egal!
Hinzu kommt, dass für den User eine Vielzahl an alternativen Informationsquellen und Entertainment-Optionen verfügbar sind. Dies führt zu einer sehr kurzen Aufmerksamkeitsspanne und einer hohen Sprunghaftigkeit. Wer kennt nicht den Goldfisch-Vergleich von Microsoft aus dem Jahre 2015? Dort wurde herausgefunden, dass Menschen ihre Aufmerksamkeit im Schnitt kürzer aufrechterhalten können, als Goldfische. Zwar gibt es berechtigte Zweifel an diesem Ergebnis, aber dennoch: Irgendwas wird dran sein.
Diesen allgemeinen Trend der Informationsüberlastung hat die CMF Basisstudie aus dem Jahr 2016 belegt. Denn die Investitionen im Content Marketing scheinen aktuell enorm anzuziehen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz lag die Erhöhung im Vergleich zu 2014 bei 18,9 Prozent. Dies soll sich perspektivisch bis zum Jahr 2020 um weitere 25% ausweiten.
Was also bringt den User dazu, eine Beziehung zur Marke aufzubauen?
Hier ist zunächst interessant, seine oder ihre Erwartungshaltung zu kennen. Die Hauptgründe für Videokonsum sind erstens Entertainment, zweitens der Wunsch nach Erklärung und Anleitung. Aktuellen Neuigkeiten, “Tipps und Ratschläge” sowie Service und Beratungsangebote sind zudem die Inhalte, die am meisten konsumiert werden.
Daraus lässt sich das eindeutige Bedürfnis nach einem relevanten Mehrwert ableiten. Aber nicht nur der Nutzen ist Entscheidend, auch die Werte einer Marke sind ein wichtiges Argument für eine nachhaltige Beziehung, da emotionale Faktoren beim Menschen stets eine große Rolle spielen. Weshalb sonst sollten Agenturen zur Weihnachtszeit produkt- und markenferne Spots drehen, die (fast) nichts außer Emotionen vermitteln?
Wie lässt sich diese Erkenntnis nun in die Praxis überführen?
Eine mögliche Analogie wäre ein “Tinder für Marken” – schlicht zur Erklärung. Hierbei bekäme der User ein Bild und eine kurze Beschreibung eines Unternehmens vorgesetzt und er würde sich innerhalb von Sekunden für einen Swipe nach rechts (Interesse) oder nach links (Desinteresse) entscheiden.
Was müsste das Tinderprofil einer Marke also leisten, damit Interesse entsteht? Mit dem Versuch, die eigenen Kernwerte und einen Ausblick auf den Nutzen/Mehrwert in der Länge eines Tinder-Profiltextes zu formulieren, ist die Marke automatisch gezwungen, die richtigen Fragen zu stellen. Nämlich:
- Wen spreche ich an?
- Welche Grundwerte vertrete ich?
- Was ist der Mehrwert und wo erreiche ich den User?
Weitere praktische Fragen, um geplante kommunikative Maßnahmen zu überprüfen, sind:
- Hilft die geplante Maßnahme dabei, Zeit zu sparen?
Videoproduktion mit bezahlbarem Aufwand. Foto: 6ft Rabbit |
Wenn eine Marke Produkte anbietet, die erklärungsintensiv sind, ist dieses Vorgehen besonders nützlich. In ein Fachgeschäft gehen und mich beraten lassen oder interaktive Videos ansehen? Habe ich die Wahl, entscheide ich mich stets für den einfachen Weg.
- Hilft die geplante Maßnahme dabei, den Informations-Overload zu reduzieren?
- Hilft die Maßnahme, zu emotionalisieren?
- Biete ich eine Hilfestellung für ein Problem?
EDEKA-Rezeptstrategie via App- Screenshot: 6ft Rabbit |
Marke mit Tipps (Rezepte), entwickle ich automatisch eine positive Wahrnehmung und erhöhe meine Interaktion. Hilfestellungen können aber auch in einem ganz direkten Austausch stattfinden, beispielsweise über soziale Kanäle. Sind diese kompetent, ehrlich und im gewissen Rahmen handlungsbefugt moderiert, bietet dies ebenfalls einen direkten Mehrwert.
- Hilft die geplante Maßnahme dabei, zu unterhalten?
Mein Fazit:
Klassische Kampagnen und TV-Spots haben nach wie vor ihre Berechtigung. Die Kanäle zur Kundeninteraktion haben sich lediglich vervielfacht und müssen (!) strategisch unabhängig voneinander betrachtet werden. Es ist also unerlässlich für Unternehmen, Inhalte sehr relevant zu gestalten und einen echten Mehrwert anzubieten. Simple Marken- und Produktkommunikation stumpft den Betrachter nur weiter ab.
Außerdem ist eine Kontinuität der Inhalte wichtig. Dabei geht es allerdings nicht um Masse! Nicht die Menge an Kommunikation ist entscheidend, sondern der Kontext. Sprich: Wo und wann erreiche ich meinen Kunden? Was erwartet – und was benötigt er? Aus diesem Kontext entsteht Relevanz. Und aus Relevanz ein Mehrwert.
Über Daniel Engemann:
Gründer von 6ft Rabbit Productions,
ein Unternehmen der Ministry Group, Hamburg
Daniel Engemann ist Gründer von 6ft Rabbit Productions. Mit seinem digitalen Background entwickelt er seit zwölf Jahren Online-Kampagnen und bewegte Bilder für Konzernmarken und Mittelständler als Creative Director, Produzent und Regisseur.
Mit 6ft Rabbit Productions bietet er umfassende Beratung, Analyse, Konzeption und die individuelle Umsetzung digitaler Kommunikationsmaßnahmen an. Seit drei Jahren ist auch die Realisierung von 360°-Videos und Virtual-Reality Lösungen Teil der Expertise. Weitere Informationen unter 6ft Rabbit Productions.
Hamburg Digital Background:
HANSEFUTURE: Hacker School Hamburg - damit Kids künftig coden können:
https://hh.hansevalley.de/2018/05/hansefuture-hacker-school-hamburg.html
Deutsche Startups: Storytelling oder: Warum hören wir gern Geschichten?
https://www.deutsche-startups.de/2013/07/23/storytelling-geschichten-erzaehlen/
https://hh.hansevalley.de/2018/05/hansefuture-hacker-school-hamburg.html
Deutsche Startups: Storytelling oder: Warum hören wir gern Geschichten?
https://www.deutsche-startups.de/2013/07/23/storytelling-geschichten-erzaehlen/