Sonntag, 18. März 2018

HANSESTATEMENT: Peter's Hamburg - Hafenfolklore oder Hightechmetropole?

HAMBURG DIGITAL STATEMENT

Alles beim Alten? Oder Aufbruch in die Zukunft? Die regierende SPD steht 23 Monate vor der Bürgerschaftswahl mit 28% bei der Sonntagsfrage mit dem Rücken zur Wand. Hamburgs neuer Erster Bürgermeister Peter Tschentscher will wie Olaf Scholz weiter "ordentlich regieren". Hamburgs Grüne Bürgermeisterin erklärt, die "Karten neu zu mischen". CDU und FDP sehen Tschenscher nicht als Impulsgeber, sondern als "Notlösung", kritisieren das "Weiter so" einer "Scholz-Imitation".


Hamburgs neuer Erster Bürgermeiter: Peter Tschentscher
Foto: Bina Engel

Mit dem Umbau im Senat hat die rot-grüne Koalition die Chance, in den Schlüsselthemen Wirtschaft und Innovation die Grundlage für den kommenden Wahlkampf zu legen. Denn in der Wirtschaftsbehörde BWVI wechselt der zuständige Staatsrat Rolf Bösinger mit Olaf Scholz nach Berlin. Dreh- und Angelpunkt ist das "Hafenamt". Hier liegt die Keimzelle für Hamburg mit "Hafenfolklore" oder als "Hightechmetropole". Ein Hamburg Digital Statement:

Am Mittwoch dieser Woche wurde Olaf Scholz zum neuen Finanzminister der Bundesrepublik gewählt. Der Vizekanzler wird mit seinem Wechsel an die Spree zwei Staatsräte aus dem Hamburger Senat mit nach Berlin nehmen: Wolfgang Schmidt aus der Senatskanzlei und Dr. Rolf Bösinger aus der Wirtschaftsbehörde. Die engsten Vertrauten des SPD-Vizevorsitzenden aus dessen Berliner und Hamburger Zeiten werden als Staatssekretäre im Finanzministerium das "Vizekanzleramt" leiten und die SPD-geführten Bundesministerien koordinieren - und damit die Hamburger Führungsrolle mit den bislang bereits abgestimmten SPD-Bundesländern ausbauen.


Dr. Rolf Bösinger beim Workshop des Digital Hub Logistics.
Foto: HNASEVALLEY
Mit Rolf Bösinger verlässt einer der engsten Vertrauten von Olaf Scholz die Freie und Hansestadt in Richtung Spreemetropole. Der 52-jährige Wirtschaftswissenschaftler aus dem Schwarzwald war unter SPD-Generalsekretär Scholz vom 2002 bis 2004 dessen Abteilungsleiter Politik im Berliner Wiliy-Brandt-Haus. 2012 bis 2015 leitete der Finanzexperte den Planungsstab in der Senatskanzlei. Mit Erweiterung der Wirtschaftsbehörde BWVI um den Bereich Innovation übernahm Rolf Bösinger in der 2. Amtszeit der rot-grünen Koalition als Staatsrat das Schlüsselressort Wirtschaft und Innovation unter Senator Frank Horch.


Dr. Torsten Seveke
Foto: BA Eimsbüttel
Interne oder externe Lösung der BWVI?

Die entscheidende Frage für Hamburgs wirtschaftliche Zukunft lautet: 

Wer wird als künftiger Staatsrat in der BWVI am Alten Steinweg die wichtigen Ämter für Wirtschaftsförderung (W), Hafen und Innovation (I) sowie Recht (R) übernehmen?  

Eine besondere Rolle dürfte dabei dem traditionell starken "Hafenamt" von Amtsleiter und SPD-Mann Torsten Seveke zukommen, der nach 6 Jahren als Bezirksamtsleiter im Heimatbezirk Eimsbüttel am 1. Oktober 2016 an die Spitze des einflussreichen Ressorts kam. Dem 55-jährigen Juristen werden nicht nur vom Abendblatt Ambitionen auf mehr nachgesagt.

Das "Amt I" gilt innerhalb der Wirtschaftsbehörde eines der größten und wichtigsten Ressorts zu sein. Hier sind die Themen Hafen, Schifffahrt und Logistik, Mittelstand und Wirtschaftsförderung, Firmenansiedlungen, Forschungs- und Innovationsparks sowie Clusterinitiativen und die Startupförderung verortet. Damit steht und fällt die erfolgreiche Entwicklung der Wirtschaft an Alster und Elbe maßgeblich in diesem Amt. Und das ist die Bandbreite im Überblick:
  • mit dem einfiußreichen Hafenamt, mit Schiffahrt (HPA), Kreuzfahrt (HCC), intermodaler Logistik (HHLA) und Hafen-Vermarktung (HHM)
  • mit den Cluster-Initiativen als Teil der Innovations-Strategie, u. a. für Martime Wirtschaft (MCN), Logistik (LIHH) und Luftfahrt (HA)
  • mit dem Digital Hub Logistics Hamburg bei der Logistik-Initative (LIHH) im Rahmen der DE Hub-Initiative von Bitkom und Bundeswirtschaftsministerium 

Mit der Dialogplattform Industrie 4.0, dem Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0 und dem 3D-Druck-Netzwerk Hamburg hat die Wirtschaftsbehörde und das zuständige Amt die entscheidenden Industriethemen adressiert, Plattformen geholfen aufzubauen und praktische Projekte möglich gemacht. Darüber liegt die politische Entscheidung mit Kammern, Verbänden und Gewerkschaften, den Masterplan Industrie für den Produktionsstandort Hamburg um Industrie 4.0 und 3D-Druck zu erweitern. Richtig so.

Als kritischer Beobachter gehört zugleich die Frage in den Raum: 

Reicht das Hamburger Engagement aus, um den internationalen Industrie- und Dienstleistungsstandort mit Flugzeug- und Schiffbau, Maschinen- und Anlagenbau, produzierender und verarbeitender Industrie, mit Luft- und Schifffahrt sowie Transport und Logistik in stürmischen Zeiten wetterfest zu machen? 

Hamburgs Zukunft auf dem Land oder auf dem Wasser?


Klaus von Dohnanyi beim IT Executive Club
Foto: HANSEVALLEY
"Es ist wichtig, aber es genügt nicht für die Zukunft Hamburgs, zu wissen, wie die Häfen der Welt ausgebaut werden. Die Hamburger Wirtschaft und die Hamburger Politik müssen künftig ihre Aufmerksamkeit wesentlich stärker auf das Konkurrenzverhalten der wichtigen Industriezentren der Bundesrepublik und Europas ausrichten."

Hamburgs Erster Bürgermeister Klaus von Dohnanyi bringt am 29. November 1983 bei seiner ersten Rede im Übersee-Club am Neuen Jungfernstieg auf den Punkt, mit wem der drittgrößte Wirtschaftsstandort Deutschlands konkurriert. 35 Jahre später wiederholt Hamburgs Visionär im Interview mit HANSEVALLEY:

"Die Zukunft Hamburgs liegt auf dem Land und nicht auf dem Wasser."

Olaf Scholz hat mit seiner Grundsatzrede zum Wissenschaftsstandort im Norden, zu Spitzenforschung, Exzellenzinitiativen, Technologietransfer und Digitalisierung vor dem Übersee-Club am 28. November vergangenen Jahres klar gemacht, worauf es für die Freie und Hansestadt in den kommenden Jahren ankommen wird:

"Hamburg hat erst relativ spät verstanden, dass ein starker Wissenschaftsstandort für eine moderne, internationale Metropole kein schmückendes Beiwerk ist, sondern die Voraussetzung für Innovation, Wirtschaftswachstum und die Lösung globaler Herausforderungen." 


Olaf Scholz bei der Eröffnung des "HIP" von Philips und TK.
Foto: HANSEVALLEY
Dahinter steht die von Hamburgs erstem Mann unermüdlich wiederholte Aufforderung an Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, die Digitalisierung nicht nur als Lippenbekenntnis in Sonntagsreden zu erwähnen. Olaf Scholz gibt am 2. Mai '16 vor der Universitätsgesellschaft zu Protokoll:

"Die „Digitalisierung der großen Stadt“ ... ist kein Wettbewerb um die abgefahrensten Zukunftsvisionen, es ist ein ganz realistisches Projekt für die Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt. Ein Projekt, das alle Bereiche des Lebens, Arbeitens und Lernens durchdringt und in einer Vielzahl konkreter Schritte vollzogen wird."

Hamburger bisherige Wirtschaftscluster
Grafik: BWVI
Wenn die bisherigen Anstrengungen in Innovationsmanagement, Wirtschaftsförderung und Startupsupport für die Zukunft Hamburgs nicht mehr ausreichen, wie sollten sie dann in der Zukunft aussehen? 


Hamburgs neuer Erster Bürgermeister Peter Tschentscher und Wirtschaftssenator Frank Horch sind gefragt, dem neuen Staatsrat und seinem Amt für Hafen und Innovation die Richtung zu weisen, um die bislang unterentwickelte Dynamik zu entfalten.

Konkurrenzfähigkeit über Harburgs Stadtgrenzen hinaus

Die Fokussierung auf lokale Maßnahmen bis zu Harburgs Stadtgrenzen, eine bekannte "Gieskannenförderung" von altvertrauten Subventionsjägern zur Sicherung kaum zukunftsfähiger Konzepte und die "Klumpenbildung" in bestimmten Clustern und Cross-Clustern könnten unter einem neuen Staatsrat durch eine weitsichtige, fokussierte und wirkungsvolle Förderpolitik neu justiert werden - eine Chance für Torsten Seveke, sich für die kommende Bürgerschaftswahl zu profilieren.

Klaus von Dohnanyi sagt im Exklusiv-Interview mit HANSEVALLEY:

"... Transport, Logistik und Handel werden durch Digitalisierung und die Globalisierung im Kern getroffen. Hamburg braucht ein zweites Standbein. Deswegen glaube ich machen wir einen Fehler, indem wir die Bedeutung eines Wissenschaftsstandortes Hamburg noch immer unterschätzen."

Die Fokussierung auf Forschung und Lehre, auf Exzellenz und Digitalisierung ist kein Freifahrtsschein für Harburger Antragschreiber, ihre schwarzen Löcher zu stopfen. Es ist die Einladung, eine praxisorienterte HAW und eine breitgefächerte Uni Hamburg ebenso in den Mittelpunkt zu stellen, wie exzellente Privathochschulen - von Bucerius Law und Hamburg Business School bis zur Kühne Logistics University. Alles andere endet in Hafenfolklore.

 Hamburg Digital Background: 

Scholz holt engste Vertraute ins Finanzministerium:
www.welt.de/politik/deutschland/article174515301/Kuenftiger-Finanzminister-Olaf-Scholz-SPD-holt-engste-Vertraute-ins-Ressort.html

Interview mit Peter Tschentscher in "Bild Hamburg":
www.bild.de/regional/hamburg/hamburg/hier-spricht-hamburgs-neuer-chef-55063834.bild.html

Torsten Sevekes im "Hamburger Abendblatt":
www.abendblatt.de/hamburg/eimsbuettel/article207693043/Torsten-Seveckes-Wechsel-stoesst-nicht-nur-auf-Zustimmung.html

Amt Hafen und Innovation in der BWVI:
www.hamburg.de/bwvi/amt-i/

Grundsatzrede Olaf Scholz, 28.11.2017, Übersee-Club:
hwww.olafscholz.de/main/pages/index/p/5/3231

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