* Update *
Bürgermeister Tschentscher mit einem Test-Tesla der HAW Hamburg. Foto: Senatskanzlei Hamburg |
1,8 Mio. Einwohner, fast 1 Mio. Arbeitnehmer, 350.000 Pendler in und 130.000 Pendler aus der Stadt am Tag. Hamburg ist die Wirtschaftsmetropole im Norden Deutschlands, Drehscheibe für 4,5 Mio. € Tonnen Güter im Jahr, Heimat des größten Seehafens in unserem Land. Mit 3.900 km Straßen, 80 km Autobahn, 1.766 Ampeln und mehr als 770.000 Autos ist die Hansestadt auch die Verkehrsdrehscheibe im Norden. Der Hamburger Senat weiß um Bedeutung und die Herausforderungen.
Mit dem Zuschlag für den Internationalen Transport- und Mobilitätskongress ITS im Jahr 2021 hat der Senat ein umfassendes Programm für die Mobilität der Zukunft rund um Alster und Elbe gestartet. Mit den sechs Schwerpunkten Infrastruktur und Daten, Verkehrssteuerung und Parken sowie Mobilitätsservices und Vernetztes Fahren mit aktuell gut 60 aktiven und ebenso vielen abgeschlossenen Projekten beweist der Senat mit seinen Partnern, dass er es ernst meint.
Die Autonome Teststrecke aus der Vogelperspektive Luftbild: Martin Elsen / Grafik: Olli Design |
Eines der ambitioniertesten Projekte der Verkehrsbehörde mit dem stadteigenen Unternehmen für Verkehrsanlagen HHVA ist die Teststrecke für Autonomes Fahren vom Dammtor über die Messehallen und die Neustadt und weiter bis zur Hafencity und den Landungsbrücken. Nach großem Medienecho zur Präsentation von Senat und VW im April d. J. sprachen wir mit den Beteiligten, wie das Projekt vorangeht. Ein Hamburg Digital Report aus dem Herzen der Mobilitätsmetropole Hamburg:
Bürgermeister Tschentscher fährt freihändig auf der Hamburger Teststrecke. Foto: Senatskanzlei Hamburg |
Unsere Information hat sich bestätigt: Am 6. September '19 fuhr erstmals ein Tesla über die Teststrecke in der Hamburger City. An Board: Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher. Ein weiteres Highlight auf der insgesamt 9 km langen Strecke. Am 4. April d. J. präsentierte die VW-Konzernforschung im Prototypen-Museum in der Hafencity ihre umgebauten und mit einem Rechenzentrum im Kofferraum ausgestatteten E-Golfs der Tages-, Wirtschafts- und Fachpresse. Autonomes Fahren - mitten in der Stadt - neben Fußgängern, Radfahrern, PKW, Taxen, Bussen und Brummis. Damit schlägt Hamburg deutschlandweit ein einzigartiges Kapitel auf.
"Der Bürger hat einen zunehmenden Mobilitätsbedarf.
Mit Hilfe der Digitalisierung entwickeln wir Lösungsansätze."
Volker Rech, Geschäftsführer Hamburg Verkehrsanlagen
14 Kameras, 11 Laser-Scanner und 7 Radare besitzt jeder der 5 in der Hamburger City freigegeben E-Golfs auf der speziell ausgestatteten Teststrecke westlich der Alster. Im ersten Schritt können die Testwagen die Bedingungen für vernetztes und teil-/autonomes Fahren auf insgesamt 3 Kilometern testen, später auf 9 Kilometern speziell ausgestatteter Stadtstrecke. Das Geheimnis sind die Ampeln, die für die Kommunikation mit den Testfahrzeugen speziell umgebaut und aufgerüstet werden.
Eines der 5 autonomen Testfahrzeuge auf Hamburgs Straßen. Foto: HANSEVALLEY |
Was wir als Grün, Gelb und Rot unterscheiden können und unser Gehirn zu 90% visuell verarbeitet, ist für ein autonomes Fahrzeug nicht erkennbar. "Bis auf Weiteres werden Autos dumm bleiben", erläutert Volker Rech, zuständig für die 1.766 Ampeln in Hamburg zwischen Bergedorf und Blankenese. Um in den 2020ern das automatische Fahren zur Serienreife zu bringen, müssen nicht nur Fahrzeuge mit Kameras, Scannern und Radaren mit der Umgebung kommunizieren. Für das automatische Fahren der Zukunft sind kluge Ampeln im Zusammenspiel mit vernetzten Fahrzeugen ebenso wichtig.
Eine der ersten Funkboxen für autonome Fahrzeuge in Hamburg. Foto: BWVI |
37 Siemens- und Swarco-Ampeln plus 1 Brücke baut das öffentliche Unternehmen für Verkehrsanlagen HHVA im Auftrag der Verkehrsbehörde bis 2020 um und stattet sie mit einer "Roadside Unit" - sprich Funkbox - mit "V2X"-Kommunikationstechnik aus. Hier informieren Ampeln die Autos, wo sie stehen und wann es weiter geht. Mit an Board sind neben dem ITS-Referat der BWVI und dem Ampelbetreiber HHVA auch das Urban Mobility Lab der HAW Hamburg. So gewinnt Hamburg Erfahrungen für vernetzte Ampeln und die Stadt kann sich als Taktgeber für Mobilität in Großstädten aufstellen.
Einer der E-Golf der VW-Konzernforschung in der Hafencity. Foto: VW |
Einmal im Monat führt die VW-Konzernforschung aktuell Testfahrten rum um Dammtor, Funkturm, Michel und Elphi mit bis zu 2 Fahrzeugen gleichzeitig durch. Dabei sind bis zu 10 Ingenieure aus Wolfsburg vor Ort - fast unbemerkt von Auto-, Taxi-, Bus- und Brummifahrern. Erste Testfahrten wurden bereits im Frühjahr durchgeführt, seit Anfang April d. J, geht es Stück für Stück voran. Auf Seiten der Hamburger Verkehrsanlagen sind ein halbes Dutzend Ingenieure mit an Board, dazu kommen u. a. Mitarbeiter von Hochschule, Projektträger, Chiphersteller NXP und Softwareentwicklung mit eigenen Projekten auf der Strecke.
"Mein Antrieb jeden Morgen ist es, die Stadt ein klein bisschen weiter zu bringen."
Sebastian Troch, Referatsleiter ITS und Datenmanagement, BWVI Hamburg
Das Ziel der Anstrengungen im Rahmen der Mobitlitätspartnerschaft zwischen Senat und Volkswagen aus dem Jahr 2016 ist klar: Vollautomatisiertes Fahren mit PKW und Bussen bis Level 4 - vollautomatisch aber mit Fahrer an Board. Dabei denken die Verantwortlichen schon weiter als bis 2020 und planen, das Projekt über die jetzige Testphase hinaus weiterzuentwicklen. 21,5 Mio. € stehen vor allem für die Ampelausstattung zur Verfügung, die Hälfte vom Verkehrsministerium in Berlin gefördert, die Hälfte vom Hambuger Senat als Investition in die Zukunft eingesetzt.
Teststrecke für Autonomes Fahren westlich der Alster. Grafik: BWVI |
Ob vollautomatische Stopps in Gefahrensituationen, kooperatives Fahren in Kolonnen, vorausschauende Gefahrenwarnungen, ob Restanzeigen für wartende Autofahrer oder sichere Abbiegevorgänge zum Schutz von Radfahrern - die künftigen Einsatzszenarien kluger Ampeln begeistern schon heute. Möglich macht es das Zusammenspiel für cleveren Ampeln und klugen Autos, die uns immer mehr unterstützen können. Volker Rech von der HHVA bringt auf den Punkt: "Was wir im Ansatz haben, ist Verkehr, Mobilität, Sicherheit und Klima."
"Wir wollen herausfinden, was die Straßeninfrastruktur von morgen können."
Sebastian Troch, Referatsleiter ITS und Datenmanagement, BWVI Hamburg
2021 soll das Projekt für Autonomes Fahren - kurz TAVF - abgeschlossen werden und bis 2030 sollen die Ziele für die intelligent-vernetzte Mobilitätsmetropole Hamburg erfolgreich umgesetzt sein. Am 4. September d. J. treffen sich Experten und Interessenten zum 11. Mal in der HAW am Berliner Tor, um Perspektiven und künftige Möglichkeiten für das autonome und vernetzte Fahren zu diskutieren. Im kommenden Jahr wird der Senat außerdem einen neuen Verkehrsentwicklungsplan verabschieden.
Kick-off für die vernetzte Mobilität der Zukunft in Hamburg. Foto: VW |
Neben der Leistungsfähigkeit des Verkehrsnetzes in und um Hamburg stehen vor allem die Ziele Umweltschutz, Gesundheit und natürlich die Sicherheit auf Hamburgs Straßen ganz oben auf der Tagesordnung. Für die Freie und Hansestadt geht es nicht ums Geld verdienen, sondern um eine bessere Zukunft auf Hamburgs Straßen. Gut zu wissen, wenn sich die Stadt um eines der wichtigsten Themen unseres Alltags kümmert.
Hamburg Digital Background:
06.09.2019: Welt Hamburg: So testet Hamburg autonomes Fahren
welt.de/regionales/hamburg/article199834974/Mobilitaet-So-testet-Hamburg-autonomes-Fahren.html
04.09.2019: TAVF-Projektforum am Urban Mobility Lab der HAW Hamburg
ITS Mobility: City-Teststrecke für autonomes Fahren (ausführlich)
Verkehrsbehörde BWVI: City-Teststrecke für autonomes Fahren (kurz)
ITS Hamburg 2021: Projekte, Nachrichten, Termine + Newsletter
Kontakt Verkehrsbehörde BWVI, ITS Hamburg + Weltkongress 2021
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Pressestelle BWVI: Mobilitätsstudie MID 2018 für Hamburg
Wikipedia: Autonomes Fahren
BMW: Die 5 Stufen des autonomen Fahrens