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Donnerstag, 12. November 2020

HANSEINVESTIGATION: Startup-Förderung in Hamburg - Die Stunde der Wahrheit!

Ein HANSE DIGITAL INVESTIGATIV von
- Landeskorrespondent Gerd Kotoll -

Oder: Wer plündert hier das Hamburger Steuersäckel? 

Den Schein wahren ... und manchmal auch die Scheinchen:
Der rot-grüne Hamburger Senat 2020-2025
Foto: Senatskanzlei Hamburg

Knapp 50 Mio. € Fördersumme für staatliche Startup-Förderprojekte in gerade einmal drei Jahren. Fast 60 Experten für Beratung, Ausgründung, Transfer und Finanzierung von Startups und ihren Innovationen an Alster und Elbe. Aber: Ein “Innovations- und Wachstumsfonds” mit geplanten 100 Mio. € Volumen, der nach fast 5 Jahren abgeblasen wird. Willkommen im Startup-Universum hinterm Deich.

Was ist aus der 2014 für dieses Jahr versprochenen “Innovationsregion” des SPD-geführten Senats geworden? Warum musste der viel beschworene Investitionsfonds für Startups scheitern? Wie hat sich eine Startup-Unit mit 1,5 Mitarbeitern zum Fixstern des Hamburger Gründeruniversums aufschwingen können, und welche neue Idee hat sich die staatliche Förderbank IFB ausgedacht, um doch noch Investoren das Geld abzunehmen? Landeskorrespondent Gerd Kotoll mit den Fakten:


Auf welches Ergebnis kommen Sie?

Grob überschlagen sind es rd. 50 Mio. Euro, die aus dem Hamburger Haushalt seit gut 3 Jahren in die Strukturen der (halb)staatlichen Förder- und Beratungseinheiten geflossen sind und weiter üppig fließen. Auch hier gilt: Unsere Aufzählung ist sicher weder in Bezug auf die Anzahl der Institutionen noch auf die aus dem Steuersäckel zur Verfügung gestellten Summen vollständig.

Anders formuliert: Seit dem Zeitpunkt des Bürgerschaftsbeschlusses zur Einrichtung des “Innovations- und Wachstumsfonds” im Januar 2016 hat die Stadt Hamburg durch den Senat rund die Hälfte des Volumens des jetzt abgeblasenen Fonds in den Aufbau von Strukturen, Stellen und Zuständigkeitswirrwarr gesteckt - ohne dass ein Startup mit einem einzigen Euro direkt gefördert wurde. Die Stadt hätte also eigenhändig einen Fonds auf den Weg bringen können, ohne private Kapitalgeber mitzunehmen.

Die hatten übrigens aufgrund der für sie unattraktiven Konstruktion des geplanten Fonds kein Interesse an einer Beteiligung, wie wir aus dem Umfeld des beauftragten Initiators erfuhren - womit dann auch der wahre Grund dieses Fiaskos genannt ist. Dabei hatte man die Hamburger Senatsgesandten auf ihrer Investorensuche in Berlin bereits 2016 unverrichteter Dinge zurück in die schönste Stadt der Welt geschickt. Aber man wollte ja nicht hören.

Nicht hören möchte man in diesem Zusammenhang auch die Aussagen aus der Finanzbehörde, die es als nicht vermittelbar ansieht, wenn durch einen mit 100% aus Steuermitteln ausgestatteten Fonds finanzielle Risiken eingegangen werden, die zum Totalverlust führen können. Stimmt, möchte man reflexartig meinen. Aber ist das Schaffen redundanter Strukturen sinnvoller? In Bezug auf das eingesetzte Steuergeld sicher nicht, denn das ist in jedem Fall weg. Bei gleichzeitig noch niedrigerer Renditeerwartung.

Und die Strukturen der Beratungsinstitutionen? Die sind ja alle noch da. Haben Sie mitgezählt? Auf wie viele sind Sie gekommen? Mehr als zehn? Mehr als fünfzehn? Wir hatten Sie im ersten Teil gewarnt: Hefte raus, Mathe-Klausur (auch im Corona-Lockdown)! Genannt haben wir zwölf - denke ich. Dabei ist die Aufzählung - wie gesagt - in keinem Fall vollständig oder abschließend. Gerade deswegen drängt sich aber folgende Frage auf:

Wozu braucht eine Stadt mehr als ein Dutzend Gründungsberatungsstellen? Wohlgemerkt: eine Stadt, die einen Startup-Förderfonds nicht auf die Beine gestellt bekommt. Eine Stadt, die aber noch im Dezember 2018 von sich behauptete, auf dem Weg zur “Innovationshauptstadt Europas(!) ein gutes Stück vorangekommen” zu sein (Spoiler: Dank der IFB). Wir konnten das auch kaum glauben, haben es aber schwarz auf weiß. Und jetzt?

Was haben Sie übersehen? Na? Entschuldigung, die Frage war gemein, denn Sie konnten gar nichts sehen. Weil es sie nicht gibt, z. B. die Mittel für die Schaffung bzw. den Ausbau von Entrepreneurship-Professuren an den Hamburger Hochschulen. Vielfach gefordert, von der zuständigen Senatorin freundlich-unverbindlich als wichtige Aufgabe öffentlich bekräftigt, ist in Sachen Entrepreneuship an Hamburgs Hochschulen … nichts passiert. Außer ein “Startup Dock” und ein “Startup Port” in Harburg - u. a. dank üppiger “EXIST”-Mittel des Bundes.

Falsche Prioritäten - fehlgeleitete Mittelverwendung!

Genau das würden die Programmbetreuer der IFB Innovationsstarter GmbH den sich bewerbenden Startups wohl vorhalten - und dann eine Förderung ablehnen. Diese Erkenntnis fehlt dem Senat aber. Für einen Senat mit einem derart hohen Anspruch ist das alles zusammen ein niederschmetterndes Ergebnis. Senat? Geht es nicht ‘ne Nummer kleiner? Die Wirtschaftsförderung ist ja “nur” bei der Wirtschaftsbehörde aufgehängt. Ja, genau. Und dort strampelt sie weitgehend ohne Bodenkontakt vor sich hin.

Wie wir darauf kommen? Schauen Sie sich doch mal an, wie viele Menschen bei “Hamburg-Invest” für Immobilien zuständig sind, und dann wie viele für die Startup-Förderung? (Und ziehen Sie den gern mehrfach verkauften Pressesprecher bitte ab). Ach so?! Das geht trotzdem, meinen Sie, weil es ja die vielen anderen Startup-Beratungs-Förderungs-Vernetzungs- und (nur nicht) Finanzierungs-Dingens gibt? Jaja. Nur sagt “Hamburg-Invest” dazu Folgendes (Zitat, entnommen aus dem unten genannten Artikel):

“Mit der Bündelung unterschiedlicher Services unter dem Dach der Hamburg Invest professionalisieren wir das rasant wachsende Startup-Ökosystem zwischen Elbe und Alster.” (Hervorhebung durch die Redaktion) 

Soso. Wenn das mit der aktuellen Personalzahl der Startup-Unit (1 Leiterin + 1 Aushilfe) bei “Hamburg-Invest” funktioniert, dann kann man die anderen rd. 60 gezählten Akteure wohl in der Tat als unprofessionell bezeichnen (z. B. “Be your pilot”: 11 Team-Mitglieder, “IFB Innovationsstarter”: 11 Finanzierungsprofis, “Ahoi.digital”: 8 Hochschul-Koordinatoren, Handelskammer: 5 Gründungsprofis, “HEI Hamburg”: 4 Gründungsprofis, “IKS Hamburg”: 4 Transferprofis, “DESY Startup Office”: 4 Gründungsberater). Vielleicht sieht man sich deswegen auch nicht als Konkurrenz, wie es in dem Artikel weiter heißt.

Dennoch bleibt es ein Problem das ganzen Senats, da sich auch die Wissenschaftsbehörde nicht mit Ruhm bekleckert: zu wenig Ausgründungen (2018: 14 in Hamburg zu 59 in Lüneburg), zu wenig MINT-Studenten (200 neue zu 1.500 mit “Ahoi digital” geplanten), zu wenig Entrepreneurship-Kurse. Alles im “Deutschen Startup-Monitor” 2019 und 2020 für Hamburg belegt. Wenn in einer Stadt erheblich mehr Lehrstühle für Genderstudies als für Entrepreneurship an den staatlichen Universitäten finanziert werden, wundert es nicht, dass es keine Hamburger Hochschule unter die Top Ten der Gründer-Unis schafft, im Gegensatz zu Bremen ...

Solange universitäre Exzellenz im Elfenbeim-Turm der wissenschaftlichen Unantastbarkeit verharrt, solange werden teure Programme wie “Ahoi digital” erfolglos bleiben - mit allen negativen Konsequenzen für die Stadt. Pro-Tipp: Suchen Sie den Begriff “Ahoi digital” doch mal im aktuellen Koalitionsvertrag. Ist ja ein Programm, was über fünf Jahre aufgelegt wurde.*

Bestimmt konnte man weder bei “Hamburg-Invest” noch bei der Wirtschaftsbehörde Anfang September d. J. ahnen, dass das mit dem “Innovations- und Wachstumsfonds” nach fast fünf Jahren nun doch nichts wird. Wie sonst ist es zu erklären, dass in einem Interview - nachzulesen auf der Homepage von “Nextmedia Hamburg” - auf die Frage, was den Hamburger Gründungsstandort so besonders macht, folgende Antwort von “Hamburg-Invest” kommt. Zitat:

“Es gibt hier viele mittelständische und familiengeführte Gesellschaften, die unternehmerisch denken und sich als Business Angel für Startups engagieren.” 

Für ein finanzielles Engagement beim Innovations- und Wachstumsfonds reichte die Überzeugungskraft dann wohl doch nicht aus. Das erklärt sicher auch, warum die neueste Idee der "IFB" - das “Hamburger Investorennetzwerk” - erst einmal getagt hat - aber mit einem eigenen Mitarbeiter bei der Förderbank glänzt. Insgeheim hofft man in der Wirtschaftsbehörde an der Wexstrasse jetzt wohl auf den Startup-Fonds des Bundes. Der ist 10 Mrd. Euro schwer, und davon könnte doch in Hamburg was vom Laster fallen.

“Weil wir Hamburg sind” - so lautet der neue Hamburger Werbeclaim. Und der bekommt mit dem aktuellen Wissen aus mehr als einem Dutzend staatlicher Startup-Förderer einen ganz neuen, allerdings eher peinlichen Klang. Denn er ist offensichtlich mehr Schein als Sein. Früher war das in der ehrbaren Kaufmannsstadt mal umgekehrt.

Apropos “Jaja”. Sie wissen was “Jaja” bedeutet? Genau: ‘Klei mi an de Feut!’

*  *  *

 Hanse Digital Investigation: 

HANSEINVESTIGATION:
Startup-Förderung in Hamburg Teil 1 - Wer sagt hier die Unwahrheit?

 Hanse Digital Background: 

* “Ahoi digital” im Koalitionsvertrag (Seite 90): 
hamburg.de/senatsthemen/koalitionsvertrag/

Bericht des Haushaltsausschusses: Nr. 21/12652
buergerschaft-hh.de/

Kleine Anfrage der Bürgerschaft an den Senat: Nr. 21/13117
buergerschaft-hh.de/

Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft: Nr. 21/15571
buergerschaft-hh.de/

Öffentlich zugängliche Information genannter Institutionen:
ahoi.digital/

und weitere Recherchen und mathematisch gelöste Aufgaben. 

 Hanse Digital Recherche: 

HANSEINVESTIGATION:
Der Fuchs im Hühnerstall.

HANSEINVESTIGATION: 
Ein Startup Port für Hamburg.
HANSESTATEMENT: 

Mittwoch, 28. Oktober 2020

HANSEINVESTIGATION: Startup-Förderung in Hamburg - Wer sagt hier die Unwahrheit?

Ein HANSE DIGITAL INVESTIGATIV von
- Landeskorrespondent Gerd Kotoll -

Oder: Die Fehlgeburt des Hamburger Innovations- und Wachstumsfonds. 

Wirtschaftssenator Michael Westhagemann gibt den Startschuss für "Be your pilot".
Foto: Hamburg Innovation


100 Mio. € für einen Innovationsfonds, der nie kommen wird. Mehr als 50 Mio. € in den vergangenen drei Jahren, die die Stadt für ihre Beratungs- und Förderangebote ausgegeben hat. Dazu fast 60 Mitarbeiter und Experten, die über 1.300 Hamburger Startups im Zweifelsfall ratlos ohne finanzielle Hilfe alleine lassen. Das sind die Fakten des nur noch drittgrößten Startup-Standorts der Republik.

HANSEVALLEY hat die Aussagen von staatlichen Vertretern und die öffentlichen Zahlen und Daten einem erhellenden Faktencheck unterzogen. Ergebnis: Mindestens einer sagt hier die Unwahrheit - und produziert womöglich Hamburger Fakenews. Landeskorrespondent Gerd Kotoll öffnet die Kellertüren von mehr als einem Dutzend staatlich subventionierten Startup-Initiativen - mit erstaunlichen Ergebnissen:

Anfang Oktober 2020, ein Donnerstag-Abend: Via Zoom vermittelt die Wirtschaftsfördergesellschaft “Hamburg-Invest” Einblicke in die Gedankenwelt amerikanischer Investoren, die sich auf den Gesundheitsmarkt spezialisiert haben und bietet gleichzeitig ausgewählten Startups aus Hamburg eine Präsentationsmöglichkeit. Eine der zentralen Aussagen:

‘Es ist genug Geld im Markt, so viel wie nie zuvor, besonders für Gesundheitsthemen.’

Nur gut eine Woche zuvor, Ende September d. J.: Die zuständige Wirtschaftsbehörde teilt per Pressemeldung in wenigen dürren Sätzen mit, dass der Anfang 2016(!) von der Bürgerschaft beschlossene “Innovations- und Wachstumsfonds” das Licht der Welt niemals erblicken wird. Das “aktuelle wirtschaftliche Umfeld” (seit 2016?, Frage der Redaktion) habe das Fundraising deutlich erschwert. Auch sei vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie die Bereitschaft der Investoren, risikoreiche Investments einzugehen, weiter gesunken. Soso.

Wer sagt hier in Hamburg nicht die Wahrheit?

Ganz anders lesen sich die Erfolgsmeldungen von “Hamburg-Invest”: Diese verkünden allein in den zurückliegenden drei Monaten Investitionen in junge Hamburger Unternehmen mit einem Volumen von über 100 Mio. Euro. Also ziemlich exakt die Summe, die der Hamburger Senat in vier Jahren nicht zusammen bekommen hat. Damit bestätigt sich, dass trotz des “aktuellen wirtschaftlichen Umfelds” und des Bedauerns seitens der Behörde zum gescheiterten Fonds mehr als 100 Mio. Euro nach Hamburg geflossen sind - sogar während der Corona-Pandemie. Wirklich.

Zur Einordnung: “Hamburg-Invest” ist die staatliche Wirtschaftsförderungsgesellschaft in Hamburg und der Wirtschaftsbehörde des Senats direkt unterstellt.

Klappern gehört zum Handwerk - eigentlich ...

Meldungen über erfolgreiche Finanzierungen gehören zu den Aufgaben von Wirtschaftsförderern, ganz klar. Das ist Teil des Standortmarketings - und vielleicht sogar dessen vornehmste Aufgabe. Quasi das Klappern, das zum Handwerk gehört: ‘Seht her, in Hamburg gibt es Geld!’ Welche Botschaft könnte ein Wirtschaftsförderer verkünden, die noch schöner wäre?

Während also ein Teil der Hamburger Wirtschaftsbehörde - trotz wirtschaftlich herausfordernder Zeiten durch Corona - mit hübscher Regelmäßigkeit erfolgreiche Fundings vermeldet, kommt aus dem gegenüberliegenden Häuserblock der gleichen Behörde kleinlaut die Aussage ‘Nö, das klappt aktuell nicht.’ HANSEVALLEY übersetzt das gerne für Sie: ‘Wir kriegen das nicht hin’. Dass heisst auch, dass damit ein Beschluss von Regierungsfraktionen und bürgerlicher Opposition der Hamburger Bürgerschaft nicht umgesetzt wird.

Anders formuliert: ‘Hier gibt es kein Geld!’ ist jetzt die offizielle Hamburger Positionierung. Vermutlich ist den handelnden Personen gar nicht bewusst, welchen Schaden sie jungen, begeisterten Unternehmern, in Hamburg entwickelten Innovationen und dem Startup-Standort anrichten. Stellt sich die Frage, ob sich die Startuphauptstadt (Berlin), die Technologiehauptstadt (München) und die Medienmetropole (Köln) jetzt heimlich ins Fäustchen lachen, dass Hamburg für sie Standort-Marketing betreibt.

Mitzählen und Mitrechnen - versuchen Sie es mal!

Um von dieser Peinlichkeit abzulenken, verweist die besagte Pressemeldung eilig auf andere ‘attraktive Fördermöglichkeiten’ - und zwar aus dem Haus der Investitions- und Förderbank, kurz: IFB. Diese versorgt - als nach eigenen Angaben aktivster Finanzierer der Stadt - innovative und wachstumsträchtige Startups seit 2012 u. a. mit Geld aus dem “Innovationsstarterfonds”. Natürlich nicht zum Nulltarif: So müssen Gründer Anteile ihrer GmbH abgeben. Zusätzlich fließen rund 600.000,- Euro pro Jahr als Honorar an die IFB, pauschal rd. 20% der Fördersumme - u. a. für 11 Mitarbeiter.

Eine Verknüpfung an den Erfolg der Förderung ist damit nicht verbunden. Das erscheint uns doch recht … üppig - und erklärt im Nachhinein auch die so tadellos geputzten Schuhe unseres hauptverantwortlichen Gesprächspartners der Hamburger Förderbank, was seinerzeit so gar nicht zum Schmuddel-Wetter passte. Tja, man hält eben was auf sich. Ganz Hamburg-typisch, den Schein wahren. Mit Verlaub: Hier sind es wohl eher viele Scheine.

Das aktuelle Umfeld: 3 Mio. € Crowdfunding in 300 Min.

Machen wir weiter mit den Zahlen: Ausweislich der eigenen Landingpage hat die IFB mit ihren drei Programmen rund 175 Gründerteams Geld gegeben, seit 2012 rd. 25 Mio. €. Das macht pro Jahr rund 3 Millionen aus. Mmmh. Jaja, das ist Hamburgs aktivster Gründungsfinanzierer... Lesen Sie jetzt oben doch gern nochmal nach, wie viel Investitionskapitial von privater Seite “Hamburg-Invest” für die letzten drei Monate(!) für die Hansestadt veröffentlicht hatte (kleiner Tipp: vorn eine Eins und dann zwei Nullen).

Psst! Das Hamburger Banking-Startup “Tomorrow” warb die Jahresleistung des “Innovationsstarterfonds” i. H. v. 3 Mio. Euro gerade per Crowdfunding allein für sich ein - innerhalb von 300 Minuten! Und, ganz unter uns: Eigentlich wollte man nur 2 Mio. Euro reinholen, aber weil das so gut lief, hat man sich breitschlagen lassen, das Ziel um 50% zu erhöhen. Das muss dieses ‘aktuell wirtschaftliche Umfeld’ und die Corona-Pandemie sein, von der in der Pressemitteilung des Wirtschaftssenators die Rede ist.

Offenbar ist niemandem in Hausleitung, Fachabteilung und Pressestelle der Wirtschaftsbehörde bewusst, dass mit jeder weiteren Finanzierungsmeldung die Aussagen aus der eigenen Pressemitteilung immer weiter ins Absurde abgleiten. Weil es eben auch nur Ausreden sind. Womit die Frage beantwortet wäre, wer in der schönsten Stadt die schönsten Märchen erzählt - aber nicht weitersagen ...

Übrigens, wo wir gerade über Investitionen im Krisenjahr 2020 sprechen: Der BVK - also der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften - bestätigt in seiner aktuellen Statistik, dass es im ersten Halbjahr 2020 zu keinem massiven Einbruch bei Investitionen in innovative Unternehmen gekommen ist. Im Gegenteil zeige sich gerade der Bereich der frühphasigen Beteiligungen unverändert stark. Sieh an, sieh an.

Die (weiteren) “Bruchpiloten” des Hamburger Senats:

Quasi hausintern hat sich eine Konkurrenz aufgebaut, die sich ebenfalls über einen reichen Geldsegen aus dem Hamburger Haushalt freuen durfte (aka: Schein(e) wahren): “Be your pilot”. Hier ist nicht nur die Namensgebung bereits unglücklich, sondern auch die Erfolgsbilanz eher dürftig - mit ganzen 15 “EXIST”-Förderungen von 2019 bis 2020, wie die Protagonisten über Twitter stolz vermelden. Ganz im Gegenteil zum Funding:

Über 10 Mio. Euro hat der Senat hier über fünf Jahre zur Verfügung gestellt für…. ja, für was eigentlich? Laut eigener Homepage wird in vielen Worten die Förderung wissensbasierter (Aus-)Gründungen staatlicher Hamburger Hochschulen gefördert - mit allem, was man meint, heutzutage anbieten zu müssen. Man könnte also verführt sein zu denken, dass es sich hier um innovative Gründungen handeln muss. Ach nee, die werden ja von der IFB gefördert.

Apropos “dürftige Erfolgsbilanz”: Da geht noch was!

Ahoi! Wie bitte? Ja, ahoi! Und zwar digital. Also: “Ahoi digital”. Die Namensgebung ist eine weitere kognitive Herausforderung, bei der es hinterher wieder niemand gewesen sein will, aber sei’s drum, es kommt ja auf die Inhalte an. Und die haben es in sich! Also, sie hätten es in sich haben sollen. Denn die Initiative “Ahoi digital” sollte das Informatik-Profil der vier beteiligten Hamburger Hochschulen schärfen, 35 Professuren schaffen und gut 1.500 zusätzliche Studenten für IT-Fächer gewinnen.

Gute 30 Mio. Euro war das Projekt dem Senat 2017 wert, das die Hafen- und Handelsstadt in die wissenschaftliche Champions League von Data Science & Co. katapultieren sollte. Bis Ende 2019 waren gerade 4 (in Worten: vier) Professoren-Stellen besetzt und keine 200 Studenten hatten sich für die Zukunfts-Wissenschaften mehr eingeschrieben. Bonus-Gag: Werfen Sie gern mal einen Blick auf die Instagram-Seite unter @ahoi_digital. Geht schnell, versprochen. Die ist nämlich leer. Passt irgendwie zu der am 1. Januar 2018 gestarteten Initiative, oder?

Übrigens: Wussten Sie, dass die Wissenschaftsbehörde mit der Handelskammer die “Innovationskontaktstelle” - kurz: IKS - eingerichtet hat und aus EU- und Landesmitteln bezahlt? So ist es die Aufgabe der IKS, Gründer von (staatlichen) Hamburger Hochschulen mit Unternehmen zu vernetzen, sie zu fördern und zu unterstützen - genau jenen Hochschulen von “Ahoi digital”. Laut Gründungsmitteilung von 2011 sollte die IKS die Hansestadt bis 2020 zu einer ‘führenden Innovationsmetropole Europas’ machen. Jaja.

Und, nein, wir fassen uns jetzt nicht an den Kopf, dass es für 105 Mio. € inkl. Bau und Betrieb (davon 95 Mio. Bundesmittel) 
über 2 Gebäude eine weitere Einrichtung dieser Art im neuen Epizentrum der Hamburger High-Tech-Wissenschaften - der 2025 teilweise fertigen “Science City Bahrenfeld” - geben soll. Ganz wichtig: Gründer-Förderung. Und natürlich GründerInnen-Förderung. Dazu wurde (heute) schon mal über 2,5 Stunden der Startschuss online feierlich schöngeredet. Okay, ein kleiner verzweifelter Griff an den Kopf passiert jetzt doch. 

Während die “DESY Innovation Factory” zumindest ein wenig Klang im Namen hat, ist das mit dem “Startup-Port” (nicht zu verwechseln mit dem “Startup-Dock” für Harburg, das ist zwei Türen weiter - also der selbe Betreiber) wieder die eher “Was mit Hafen”-Nummer. Immerhin gab es 3,5 Mio. Euro (in diesem Fall vom Bund) für…. ja, genau, für die Förderung der Startup-Gründung aus der Wissenschaft. Man wünscht sich sogar noch den Austausch mit Wirtschaft und Gesellschaft - und das ganze sogar in der Metropolregion (die aber auch nur bis Wedel und Lüneburg reicht).

Wo wir gerade so schön beim Buddeln sind ...

By the way: Die Anzahl der - vom Bund “EXIST”-geförderten - Gründungen aus allen staatlichen Hamburger Hochschulen wurde in 2018 mit 14 (in Worten: vierzehn) gezählt. Von 2019 auf 2020 sind es laut “Be your pilot” auch nur 15. Von 2012 bis einschließlich 2017 hat die IFB ihrerseits gerade einmal 35 Startups unterstützt - von aktuell gut 1.300 Startups. In gut fünf Jahren. Jaja, Hamburgs aktivster… ach, lassen wir das. Und hinter dem Deich, in der Metropolregion? Wissen Sie, wie viele “EXIST”-Ausgründungen es 2017 an der “Leuphana” in Lüneburg gab? 55. Und 2018? 59. An einer einzigen mittelgroßen Universität.

Hoppla! Hätten Sie es beinahe auch übersehen, das Gründerzentrum der Handelskammer? Auch an dieses können sich Gründer selbstverständlich wenden, werden auch dort natürlich mit dem Ökosystem vernetzt - z. B. mit den Wirtschaftsjunioren der altehrwürdigen Kammer. Die verleihen jährlich den “Hamburger Gründerpreis”, was aber in der Stadt kaum bekannt ist. Diesbezügliche Ähnlichkeiten mit dem umso lauter promoteten Gründer-Preis von Abendblatt und Haspa sind nur rein zufällig. Bestimmt. Nicht.

Jaja, alles klar strukturie ... Nee. Nochmal, so ist’s richtig: So vielfältig ist die Gründerförderung in Hamburg! Jaajaa, denn außerdem gibt es ja auch noch die “H.E.I.” Gründerberatung der staatlichen Bürgschaftsbank und die “TU Tech Innovation” und ihre Schwester “Hamburg Innovation”, die den “Hamburg Innovation Summit” veranstaltet. Ganz ordentlich getrennt in öffentlich finanzierten GmbHs. Dazu kommen diverse privat-wirtschaftliche Initiativen mit ähnlicher Stoßrichtung. Haben Sie damit alles im Blick, also: die ganze (Gründer-)Stadt?

Nicht? Macht nichts. Der Wahlkampf-Slogan ist bei Politik und Verwaltung auch längst im Schredder gelandet. So hat man auch aus der fundierten Kritik, die Anfang März d. J. bei der Vorstellung des 2019er Startup-Monitors vor mehreren hundert Hamburger Jungunternehmern, Förderern und Journalisten vorgebracht wurde, wenig gelernt. Und die 2020er Zahlen manifestieren es: In den relevanten Kennzahlen und Messgrößen ist Hamburg niemals unter den Top 3 - also in der Realität völlig anders, als offenbar in der eigenen Wahrnehmung und den Verlautbarungen des Hamburger Senats.

So schneidet das oben - im Zweifel unvollständig - aufgezählte Ökosystem bei den örtlichen Startups mit der geringsten Zufriedenheit ab; im Vergleich finden in keiner anderen Metropole Startups die Unterstützung so schwach wie in Hamburg. Und: Der Anteil derer, die dazu nichts sagen können oder wollen und deshalb “neutral” angekreuzt haben, macht fast die Hälfte der befragten Gründer aus. Übrigens war ”Hamburg-Invest” Mit-Gastgeber der Vorstellung des Startup-Monitors im Frühjahr d. J. ... Jaja.

Damit kommen wir zu einer kleinen Bitte an Sie: Merken Sie sich bitte die genannten Zahlen und Fakten - für den Schnack mit Ihren Freunden - und für unseren zweiten Teil. Da fragen wir sie nochmal ab. Stichwort: Hefte raus, Mathe-Klausur auf HANSEVALLEY. Das meinen wir ernst!

Wie viele Mitarbeiter durch die Subventionen von Startup-, Beratungs-, Ausgründungs-, Transfer- und Finanzierungs-Institutionen in Hamburg ihr Lohn und Brot aktuell verdienen, wie sich eine der staatlichen Einrichtungen mit ganzen 1,5 Mitarbeitenden selbst zum Mittelpunkt des Startup-Universums kürt und warum der “Innovations- und Wachstumsfonds” wirklich geplatzt ist - und platzen musste.

Lesen Sie hier, wer in Hamburg noch die Unwahrheit sagt:


NACHTRAG


Per Vibrationsalarm meldet sich am Montag, den 2. November ‘20 gegen 17.00 Uhr das Handy, dass es einen neuen, einen ersten Instagram-Beitrag gibt. Und zwar auf dem Account von @ahoi_digital. Ist das bemerkenswert? An sich ... nicht. 


Nachdem wir am Freitag-Mittag zuvor per HANSELETTER über die Fehlgeburt des Innovations- und Wachstumsfonds (nach über vier Jahren in den Wehen), aber äußerst ineffiziente und wirkungsarme Mittelzuwendungen u. a. bei “Ahoi digital” berichtet haben, kommt nun also das erste Bildchen bei Instagram. 


Origami-Giraffen statt 35 Informatik-Professuren und 1.500 -Studenten?
Quelle: Instagram @ahoi_digital

Die bisherige inhaltliche Leere hatten wir dankbar mit dem verwaisten Instagram-Account von @ahoi_digital versinnbildlichen können. Damit Sie nicht erst zu Instagram wechseln müssen: Das besagte Bildchen zum Thema Informatik an den staatlichen Hamburger Hochschulen zeigt … eine Origami-Papier-Giraffe (s. o.). 


Das scheint irgendwie Informatik zu sein, findet man bei “Ahoi digital”. Wir können unsererseits feststellen: HANSEVALLEY wird nicht nur gelesen, man reagiert auch ganz hektisch darauf und fühlt sich womöglich ein klitzekleines Bisschen aus dem Tiefschlaf gerissen. Und sei es nur bei den eigenen, beispielhaften Social Media-Aktivitäten. Na dann ... 


*  *  *
 Hanse Digital Investigativ: 

HANSEINVESTIGATION:
Startup-Förderung in Hamburg Teil 2 - Die Stunde der Wahrheit!

 Hanse Digital Background: 

* “Ahoi digital” im Koalitionsvertrag (Seite 90): 
hamburg.de/senatsthemen/koalitionsvertrag/

Bericht des Haushaltsausschusses: Nr. 21/12652
buergerschaft-hh.de/

Kleine Anfrage der Bürgerschaft an den Senat: Nr. 21/13117
buergerschaft-hh.de/

Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft: Nr. 21/15571
buergerschaft-hh.de/

Öffentlich zugängliche Information genannter Institutionen:
ahoi.digital/

und weitere Recherchen und mathematisch gelöste Aufgaben. 

 Hanse Digital Recherche:

HANSEINVESTIGATION:
Der Fuchs im Hühnerstall.

HANSEINVESTIGATION: 
Ein Startup Port für Hamburg.
HANSESTATEMENT: 

Montag, 8. Januar 2018

HANSEINVESTIGATION: Ein Startup Port für Hamburg.


Unabhängig. Unmanipuliert. Ungewollt.

Die millionenschwere Steuerverschwendung
an der Süder-Elbe - Teil 2:

Wirtschaftssenator Frank Horch erklärt am 5. September 2017 vor der Landespressekonferenz Hamburg: "Neue Technologien und deren Kommerzialisierung in marktfähige Produkte, Verfahren und Dienstleistungen sind der Haupttreiber von Wohlstand und künftigem Wachstum in unserer Stadt. Dazu brauchen wir Gründerinnen und Gründer, die gemeinsam mit Wissenschaft und Wirtschaft die Zukunft Hamburgs gestalten."

Wirtschaftssenator Frank Horch vor der Landespressekonferenz Hamburg
Foto: Pressearchiv Hamburg Innovation

Der Spitzenpolitiker weiter: "Hamburg hat dazu die besten Voraussetzungen: eine lebendige, stetig wachsende Start-up-Szene und namhafte Industrieunternehmen und innovative Mittelständler, die die notwendige Expertise und Ressourcenausstattung für ein funktionierendes Gründungs- und Innovations-Ökosystem mitbringen. Gründungsförderung an Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist ein wichtiger Baustein des Wissens- und Technologietransfers. Ich freue mich daher über die gemeinsame Initiative von Hochschulen und DESY.

Was präsentiert Frank Horch an diesem Morgen vor Hamburgs Landespresse? Was steckt hinter "beyourpilot"? Ist der "Startup Port Hamburg" womöglich dreist abgekupfert? HANSEVALLEY hat die Ausschreibung gelesen, weiter recherchiert und hinter die Kulissen geschaut. Ergebnis: In Harburg wird mit mehr als einer halben Millionen Euro ein Portal mit Formular, Adressen und offensichtlich schon mal verkauften Bestandteilen geplant - vor den Augen von Senat und Bürgerschaft. 

HANSEINVESTIGATION: Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 2: Ein Startup Port für Hamburg.

Harburgs vermeintlicher "Gründerpate" Martin Mahn ist 2017 durch die Förderszene an Alster und Elbe gezogen. Sein Ziel: Mitfinanzierer für eine geniale Idee: Ein von TuTech über Hamburg Innovation kontrolliertes Gründerportal. Wie der Hase bei "beyourpilot" läuft, ist in der aktuellen Stellenausschreibung für die Projektkoordinatoren nachzulesen: "Das Onlineangebot wird die Gründungsaktivitäten der genannten Einrichtungen vernetzen und Gründende sowie deren Beraterinnen und Berater in der jeweiligen Gründerservice-Einheit bei der Entwicklung der Geschäftsvorhaben mit digitalen Tools unterstützen. Offline-Angebote flankieren in den Einrichtungen vor Ort die Online-Funktionalitäten." 


Geplante Homepage für "beyourpilot"
Quelle: Pressepräsentation Hamburg Innovation

Hamburg Innovation fungiert laut öffentlicher Ausschreibung als "Projektkoordinator", übernimmt damit cleverer Weise die Federführung der auf 5 Jahre geplanten Plattform. Dazu kommen Sprechstunden und Meetups vor Ort - wie gesagt "flankierend". Von beschämenden 14 EXIST-geförderten Gründungen an Hamburger Hochschulen in 2016 wurden 6 - und damit fast die Hälfte - an der TU gestartet. Die anderen staatlichen Hochschulen liegen noch mehr unter ferner liefen. Womit feststeht, welcher "schlaue Fuchs" seine "positiven Erfahrungen" als "Erfolgsbeispiele" in den Ring wirft, nachzulesen in der aktuellen PR-Geschichte der stadteigenen "Hamburg News". Obwohl die TU Harburg gegen die Entrepreneur-Hochschule "Leuphana" in Lüneburg mit 55 EXIST-geförderten Beteiligungen im Jahr eigentlich zumachen könnte.


"beyourpilot" - Mehr als Formular & Adressbuch? 


Schauen wir uns die geplante Gründerplattform "Made in Harburg" genauer an. In der Pressemitteilung der TU Hamburg werden uns diese Elemente der "1. Ausbaustufe" im Detail verkauft:

Ein "Ideensteckbrief“: 'Wissensgründer sollen Gespräche mit den Gründungsberatern strukturiert vorbereiten können. Wichtige Fragestellungen, Terminologien u.ä. werden durch das Tool etabliert, das auf der Plattform und bei allen Plattformpartnern in den Standardprozessen eingesetzt wird.'
  • Im Klartext: Ein online bereitgestelltes Business Model Canvas-Formular zum Ausfüllen, wie die Ausschreibung mit dem Muster von Evers & Jung zeigt.
Ein "Expertenshop“: "Spezialisierte externe Fachexpertise rund um das Thema Gründungen wird auf einem „Marktplatz“ für die Wissensgründer transparent gemacht."
  • Im Klartext: Eine online durchsuchbare Datenbank mit noch zu findenden Fachleuten zu einzelnen Themen, wie das Lastenheft der Ausschreibung ausführt. 
Ein "Finanzierungskompass“: "Wissensgründer identifizieren mögliche Finanzierungsinstrumente und konkrete Förderprogramme – sowohl aus öffentlicher als auch aus privater Hand."
  • Im Klartext: Ein online zu beantwortender Fragenkatalog zum Finden regionaler und nationaler Förderprogramme, wie das Konzept von Evers & Jung zeigt.
Ein "Ressourcenfinder“: "Bietet Wissensgründern eine Übersicht zu vorhandenen Technologie- und Know-how-Ressourcen an Hamburger Wissensorganisationen und unterstützt den Zugang zu diesen."
  • Im Klartext: Die selbe Datenbank wie für den "Expertenshop", jedoch mit Adressen für Maker Spaces & Co., wie die öffentliche Ausschreibung darlegt.
Das ganze mit eigenem Event-Kalender (á la "Startup Guide Hamburg"), Startup-Meldungen (á la "HHS Net") und Startup-Porträts (wie bei HANSESTARTUPS). Konnte ja niemand wissen, dass es schon so etwas in und für Hamburg gibt - privat finanziert und regelmäßig aktualisiert - ohne einen Cent Steuergelder.


"beyourpilot" - Copycat der "Gründerplattform"?


Wer sich ein wenig in der Startup-Szene umschaut, stolpert über die von der KfW Förderbank und dem Bundeswirtschaftsministerium finanzierte, ebenfalls von der Hamburger Beratungsagentur Evens & Jung konzeptionierte und aktuell in der Beta-Phase befindliche "Gründerplattform". Recherchiert man die Module der für März 2018 annoncierten Plattform, trifft man auf diese kommunizierten Themenfelder:
  • "Einstieg & Motivation“
  • "Ideenwerkstatt“
  • "Geschäftsmodellentwicklung“
  • "Businessplan“ sowie
  • "Finanzierung & Förderung“

Beim Abgleich der Themenfelder von "beyourpilot" Hamburg mit der "Gründerplattform" Berlin werfen sich diese Fragen auf:

Kann es sein, dass im Hamburger "Ideenbrief" die gleichen Fragen erarbeitet werden, die in der KfW-"Ideenwerkstatt" durch einen strukturierten Prozess online gestellt, gewichtet und mit Persona-Beispielen beantwortet werden?

Genau das sieht der von Evers & Jung als Anlage 4.2 in die Ausschreibung aufgenommene "Ideenbrief" nach dem Vorbild des Business Model Canvas offensichtlich vor.

Kann es sein, dass in Hamburger "Expertenshop" und Ressourcenfinder" die gleichen Technologie- und Know how-Ressourcen angeboten werden, die auch in der selektiven Auswahl auf gruenderplattform.de erscheinen werden?

Genau das ist beim Lesen der Absätze im Lastenheft (Expertenshop/Beratungsfinder: Punkt 4.5 ab Seite 62, Ressourcenfinder: Punkt 4.6 ab Seite 71) schwer zu vermuten.

Kann es sein, dass im Hamburger "Finanzierungskompass" die selbe Technik steckt, die i. A. von KfW und BMWi Hilfe suchenden Startups regional herunter gebrochen passende Finanzierungsvorschläge und Förderinstrumente bereitstellt?

Genau das ist unter Punkt 1.4 des Lastenheftes auf S. 11/12 der Ausschreibung zu finden: "Außerdem sollen Finanzierungsangebobte auf lokaler wie auf Bundesebene mittels eines Finanzierungskompasses vorgestellt werden."


Gruenderplattform.de: Vorbild für ein Copycat aus Harburg?
Foto/Grafik: Hompepage Gründerplattform

Ideen-, Experten- und Finanzierungsfinder lassen sich die Partner des bundesweiten Portals gruenderplattform.de - Evers & Jung und die Berliner Agentur Business Pilot - offensichtlich bereits fürstlich vergolden. Aus unterrichteten Kreisen ist von einem "hohen einstelligen Millionenbetrag" aus Fördertöpfen die Rede - für Konzeption, Portalentwicklung und Betreuung. Dazu kommen Lizenzen für den "SmartBusinessPlan" von Evers & Jung aus Hamburg, der als lizensiertes Whitelabel-Angebot mit drin steckt.

Fragt sich, wann der Online Business Plan auch in Hamburg auftauchen könnte. Der USP von Jan Evers ist als Tool für 29,- €/Monat seit 2014 unter smartbusinessplan.de zu finden, wird Gründern über die Hamburger Sparkasse und den Finanzverbund schmackhaft gemacht, steckt in der 2007 von Jan Evers erdachten Gründungswerkstatt der Handelskammer und 38 weiteren IHKn - und als Whitelabel-Angebot eben in der neuen bundesweiten gruenderplattform.de von BMWi und Förderbank KfW. 

Und der Hamburger Senat? Nimmt die offensichtlichen Doppelungen zur Kenntnis - und sagt in der expliziten Anfrage des FDP-Fraktionschefs Michael Kruse vom 15.12.2017 ... so gut wie nichts, nachzulesen hier. Umso großzügiger scheint der Senat beim Füllhorn ausschütten zu sein: Für "beyourpilot" stellt die Wirtschaftsbehörde im Rahmen des Programms "Gründerland Hamburg" laut Ausschreibung eine Finanzierung von knapp einer halben Mio. € bereit. 500.000,- € für eine offensichtlich weitgehende Copycat-Plattform.


"beyourpilot" - mind. 580.000,- € an Steuergeldern.


Für die zur bundesweiten "Gründerplattform" ähnliche Vorarbeit bei "beyoupilot" bekam Evers & Jung bereits stolze 80.000,- €, wie eine frühere Anfrage des FDP-Abgeordneten Kruse zeigt. Wohl gemerkt: Für die "Grobkonzeption". Und die steckt samt Logo jetzt in der Ausschreibung - downzuloaden hierEin Schelm, wer auf die Idee kommen könnte, hier verkauft ein cleverer Berater das Konzept eines Businessplan-Moduls mit Service-Portal mehrmals - nämlich an Kammern, Sparkassen, Förderbanken und an die in der Selbstdarstellung große "Startupfabrik" aus Harburg. 


"beyourpilot" - bereits ein 3/4 Jahr hinter dem Plan.

Die Vergabe von Programmierung und Pflege des Hamburger Portals ist laut Ausschreibung bis zum 28.02.2018 geplant. Bis dahin müssen die Angebote gültig sein. Der rote Knopf für das "neuartige Unterstützungsangebot für Gründerinnen und Gründer" soll im 2. Halbjahr 2018 gedrückt werden, glaubt man den bislang kommunizierten Aussagen. Bei geplantem Programmieraufwand von 18 Monaten ab 01.03.2018 ist das Projekt laut Adam Riese bereits zur Ausschreibung mindestens ein 3/4 Jahr hinter dem Plan - im besten Fall. Roter Knopf? Nicht vor 2019. Auch wenn der Senat in seiner Antwort (s. o.) von "planmäßig" spricht, was auch immer das heißen mag. 


Macht "beyourpilot" die Gründungsberatung der Hochschulen überflüssig?
Foto/Grafik: Homepage Universität Hamburg 

Und die Partner? Sind die anderen Hamburger Hochschulen vom Modell der TuTech-Schwester Hamburg Innovation GmbH begeistert und geben gern ihre eigenen, bescheidenen Aktivitäten für das grosse Ganze auf? Warum hat die Universität Hamburg dann seit 1989 mit der Arbeitsstelle für Wissens- und Technologietransfer - AWiTT - eine Business-Unit mit 4 Stellen? Warum unterstützt Deutschlands größte Fachhochschule - die HAW Hamburg - dann mit einer Stabsstelle Forschung und Transfer drei Forschungs- und Transferzentren. Und warum gibt es an allen staatlichen Hochschulen EXIST-Ausgründungen?

Welche Rolle spielt das lautstarke "Startup Dock" von TuTech in den Plänen von Martin Mahn? Wie nimmt der Innovation Campus Green Technology Hamburgs Tech-Startups aus? Und was plant Hamburgs vermeintlicher "Gründerpate" in der Harburger Schloßstraße mit "Virtuellen Transferstellen"? HANSEINVESTIGATION: Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 3: Die Startup-Abzocke von Harburg: www.hanseinvestigation.de



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 Hamburg Digital Recherche: 

HANSEINVESTIGATION: Der Fuchs im Hühnerstall. 
Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 1

HANSEINVESTIGATION: Die Startup-Abzocke von Harburg.
Die millionenschwere Steuerverschwendung an der Süder-Elbe - Teil 3

HANSESTATEMENT:
Von Harburger Subventionsrittern zur hanseatischer Metropole.

 Hamburg Digital Background: 

Dummi-Präsentation "beyourpilot":
https://hamburginnovation.de/oc/index.php/s/K4BgQpMRQFuxxmA?path=%2FPressematerial#pdfviewer

Pressemitteilung BWVI 05.09.2017:
www.hamburg.de/bwvi/medien/9454216/2017-09-05-bwvi-beyourpilot-startup-port-hamburg/

Unterlagen Vergabeverfahren "beyourpilot" 31.10.2017
https://hamburginnovation.de/oc/index.php/s/K4BgQpMRQFuxxmA

Lastenheft EU-Ausschreibung "beyourpilot" 31.10.2017
https://hamburginnovation.de/oc/index.php/s/K4BgQpMRQFuxxmA/download?path=%2FUnterlagen%20zu%20dem%20VgV-Verfahren%20zu%20der%20TED-publication%20364608-2017&files=Anlage%204.1%20-%20LASTENHEFT.pdf

Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse 15.06.2016
www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/52724/wissensbasierte-gr%C3%BCnderplattform-%E2%80%93-fehlt-es-dem-senat-an-wissen-oder-an-gr%C3%BCndern-f%C3%BCr-die-plattform-.pdf

Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse 15.12.2017
www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/60299/%E2%80%9Ebeyourpilot-%E2%80%93-startup-port-hamburg%E2%80%9C-%E2%80%93-wie-ist-der-aktuelle-stand-.pdf

Pressemitteilung BMWI Berlin 21.12.2017
www.foerderdatenbank.de/Foerder-DB/Navigation/foerderrecherche,did=813798.html