TV-Spots, Plakate, Online-Banner: Seit vergangenem Jahr ist eine weitere Kategorie der Werbung hinzugekommen: Influencer Marketing. Was für die einen Schleichwerbung auf Instagram und YouTube ist, wird für Marketingabteilungen, Kommunikationsagenturen und Influener in der DACH-Region zur Zukunft der Werbung.
Stolz auf Ihre Influencer-Kampagnen: Die Hamburgerin Marlis Jahnke Foto: HANSEVALLEY |
Die Hamburger Agenturunternehmerin Marlis Jahnke hat 2014 mit Hastaglove die erste deutsche Plattform für Influencer Marketing aufgebaut. 10.000 vor allem junge Instagramer und YouTuber werden über den Kampagnenmarktplatz vermittelt. Jetzt hat die Unternehmerin ein Buch zum Thema geschrieben - und setzt Standards für die junge Branche. Unser HANSEPERSONALITY ist Marlis Jahnke:
Über 5 Jahre hast Du in der Musikindustrie gearbeitet, u. a. als Produktmanagerin bei Polygram am Glockengiesserwall. Du hast gesehen, wie die Branche sehenden Auges ins Unglück gelufen ist. Was war der ausschlaggebende Grund, Dich vor nunmehr 19 Jahren selbstständig zu machen?
Die Jahre in der Musikindustrie habe ich in vollen Zügen genossen. Dort habe ich Kommunikations-Skills und vor allem den smarten Umgang mit Content gelernt: das Spiel mit Exklusivität, kluges Timing und die Orchestrierung von Medienplatzierung. Nur meine Ideen im Umgang mit dem in den 90er Jahren noch „neuen Internet“ konnte ich in der Musikindustrie nicht umsetzen.
"Ich hatte immer Angst, Innovationen zu verpassen."
Die neuen Möglichkeiten der Kommunikation, die das Internet möglich machte, haben mich aber so stark fasziniert, dass ich 1999 den Sprung ins Unternehmertum gewagt habe und mit Inpromo eine reine Digitalagentur aufgebaut habe, der ich bis heute vorstehe. Bei den Kunden der Filmindustrie konnten wir uns fest verankern: Sie profitierten von unserem Entertainment-Know-How, waren begeistert von unseren neuen Ansätzen und bescherten Inpromo eine Dekade des Wachstums. Ab 2010 haben wir uns dann erfolgreich aus der Nische heraus weitere Kunden-Kreise aufgebaut.
Du beschäftigst Dich seit Ende der 90er Jahre mit der Kommunikation im Internet - zunächst mit Newsgroups und Foren, später mit Communites und Social Media Plattformen. Hand aufs Herz: Wie baut man im Netz am Besten eine eigene Community auf? Und was sollte man tunlichst vermeiden?
Mir ging es immer um die Formen der Kommunikation im Netz. Nicht als Nerd, sondern um den Konsumenten zu erreichen: Das bloße Bannerschalten hat mich nicht interessiert. Wir haben den großen Bereich der Foren und Communities früh geclustert und mit dem Social Media Planner unsere erste agentur-eigne Innovation der digitalen Szene präsentiert. Wir waren dann froh, dass wir irgendwann einen Namen hatten für das, was wir seit Jahren machten: Social Media.
"Ich habe richtig Bock auf digital und richtig Bock auf Innovationen."
Im Jahr 2014 hast Du mit "Hastaglove" zunächst eine Registrierungsplattform für Influencer aufgesetzt, im Jahr 2015 einen Marktplatz für die Vermittlung von Influenern gestartet. Seit vergangenem Jahr boomt das Thema bei Agenturen. Was macht Influencer Marketing im Kern aus?
Wir sind immer unserem Inpromo-Grundsatz treu geblieben, auch als Dienstleister eigene innovative Projekte auf die Beine zu stellen. In den Jahren 2013/2014 platzten unsere Excel-Listen mit all diesen „reichweitenstarken Social Media-Profilen" aller Kanäle aus allen Nähten und für ein sinnvolles Handling brauchten wir eine Datenbank. Aus dieser Notwendigkeit heraus haben wir den Influencern angeboten, sich bei uns mit ihren Profilen und Themen zu registrieren einschließlich der Freigabe zu unserer Reichweitenmessung, die wir über APIs zu den Social Networks durchführen.
Die führende Influencer-Plattform: Hashtaglove aus Hamburg Foto: HANSEVALLEY |
Diese Registrierungsplattform war innerhalb kürzester Zeit so erfolgreich, dass wir 2014 Hashtaglove daraus entwickelten: einen virtueller Marktplatz, auf dem wir Marken und Influencer zusammen bringen. Bis heute beraten wir unsere Kunden bei der Entwicklung der Kampagne, Briefing der Influencer und kuratieren die Influencer-Auswahl. Damit unterscheidet sich Hashtaglove von einem reinen Selbstbuchungs-Tool. Und wir setzen auf die Erfahrung von Inpromo, das Influencer Marketing klug in die digitale Gesamt-Kommunikation zu integrieren.
Ihr habt auf der Plattform rd. 10.000 Influencer aus der DACH-Region. Die meisten Influencer sind zwischen 18 und 29 Jahren, gut 50% sind Frauen. Für welche Themen ist Influencer Marketing auf Social Media Netzwerken, wie Instagram und YouTube, besonders interessant? Und warum?
Im Online Marketing findet derzeit ein Shift großer Marketing Budgets zum Influencer Marketing statt. Gleichzeitig entwickeln sich sowohl die Social Media Plattformen - wie Facebook, Youtube, Instagram, Snapchat oder Musical.ly - als auch die Influencer-Szene mit großer Geschwindigkeit weiter. Diese Dynamik stellt sowohl für Marketingprofis als auch für Influencer eine immense und täglich neue Herausforderung dar.
Inpromo-Team: Machen Marken glücklich und Influencer berühmt. Foto: HANSEVALLEY |
Influencer sind extrem divers und bespielen nicht nur unterschiedliche Kanäle, sondern haben auch unterschiedliche Themengebiete – von Touristik über Lifestyle bis zu Special Interest. Wir setzen bei Hashtaglove Produkttests genauso erfolgreich um, wie Branding-Kampagnen und Recruiting-Aktionen. Mit der Erfahrung abgeschlossener Kampagnen optimieren wir unsere technischen und kuratierenden Standards kontinuierlich weiter und erhöhen den Brandfit und das Influencer Matching.
Es geht um neue Medienschaffende mit ihren neuen Medienkanälen. wie Instagram und YouTube. Es geht um glaubwürdige Medienmarken und ihre persönlichen Empfehlungen. Sind Influencer als neue Testimonials nicht eigentlich "alter Werbewein in neuen Schläuchen"?
Die Logik und der Wert der Empfehlung sind natürlich nicht neu, sondern schon immer hoch relevant bei Konsumenten-Entscheidungen. Immer noch neu ist aber die Diversität von Themen und Kanälen in Kombination mit der riesigen Menge von Personen mit relevanter Reichweite. Dieses Potential wird unterschätzt – wohl auch, weil die mediale Berichterstattung sich vor allem auf die Mega-Stars unter den Influencern fokussiert.
Die große breite Masse dieser neuen Medienschaffenden - Mikro- bzw. Makro-Influencer - sind hoch interessant für die Werbeindustrie. Alle Marktteilnehmer arbeiten an klugen Lösungen, die Diversität der Szene zu erfassen und Standards in der jungen Marketing-Disziplin durchzusetzen.
Du hast im Springer Gabler-Verlag zusammen mit W&V ein umfassendes Sachbuch zum Thema Influencer Marketing geschrieben - gemeinsam mit vielen Experten aus der Kommunikationsbranche, aber auch mit dem Chef der Medienanstalt. Was findet man in Deinem Buch? Und warum ist es wichtig?
Seit dem Launch von Hashtaglove haben wir viele Kunden beraten als auch Influencern geholfen, ihre Reichweite zu monetarisieren. Dieses Know-How wollten wir gerne teilen, um die junge Marketing-Disziplin zu professionalisieren und Standards zu setzen. Aufgrund des sowohl komplexen juristischen Hintergrundes als auch durch die unterschiedlichen Sichtweisen der Marktteilnehmer hielt ich es für sinnvoll, ein Herausgeber-Werk zu veröffentlichen.
Das heißt, die Experten stellen mit einem Beitrag ihr Fachgebiet vor: Die insgesamt zwölf Beitragsautoren rangieren von Thomas Fuchs (Direktor der Landesmedienanstalt MAHSH) über Franziska von Lewinski (Vorstand fischerAppelt AG) bis hin zum Top-Youtuber Simon Unge. Wir stellen Strategien, Plattformen und Instrumente vor; erklären die rechtlichen Rahmenbedingungen und zeigen viele Beispiele und Best Cases der letzten Jahre.
Unsere traditionelle Hamburg-Frage:
Du hat 1999 Deine Agentur gegründet, bist mit Deiner Familie in Othmarschen zu Hause, engagiert bei Hamburg@work und Mitglied der Working Moms. Was läuft in der Marketing- und Internetcity Hamburg schon richtig gut? Und wo muss vielleicht noch ein büschen zugelegt werden?
Mir gefällt die Veranstaltungs-Szene in Hamburg und ich gehe gerne aus. Ich bin Fan des Reeperbahnfestivals/Next – mehr Hamburg geht nicht und das interdisziplinäre Miteinander rückt dem legendären South by Southwest Music Festival immer näher.
Büschen zulegen: Naja, das Problem des Fachkräftemangel hat auch Hamburg. Wir alle können dem nur gemeinsam begegnen durch Engagement für gute Aus- und Weiterbildung. Und 1. Liga wäre wieder schön ☺
Buchtitel des 1. Influencer Sachbuches Grafik: Springer Gabler |
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Herzlichen Dank für die Offenheit!
Das Interview führte Thomas Keup.
Hamburg Digital Background:
Marlis Jahnke, Kress Köpfe:
https://kress.de/koepfe/kresskoepfe-detail/profil/33795-marlis-jahnke.html
"Influencer Marketing", Herausgeberin Marlis Jahnke:
https://www.springer.com/de/book/9783658208530
Hashtaglove, Influencer Marketing Plattform:
https://www.hashtaglove.de/
Inpromo, Digitale Kommunikationsagentur:
http://www.inpromo.de/