Ein HAMBURG DIGITAL STATEMENT von
Herausgeber & Chefredakteur Thomas Keup
In der vergangenen Woche wurde viel über Hamburg geschrieben. Der "Spiegel" kürte unsere Stadt zur Hauptstadt. Das "Manager Magazin" hielt dagegen, Hamburg sei keine Perle. Und die Startup-Zeitung "Berlin Valley" griff mit einem Frikadellen-Brötchen daneben. Wie ist Hamburg wirklich? Wo schlummern echte Chancen? Und was können wir uns sparen?
Rolltreppe zur Plaza in der Elbphilharmonie Hamburg Foto: Dirk@Flickr, Lizenz: CC-BY-NC-ND 2.0 |
HANSEVALLEY-Chefredakteur Thomas Keup Foto: Stefan Kny |
In den folgenden Absätzen beleuchte ich ausgewählte Themen, wie Mentalität und Kultur, Startups und Mittelstand, Hafen und Digitalisierung sowie Politik und Perspektiven, wie sie sich mir in Gesprächen mit Insidern und der Recherche vor Ort darstellen. Es ist eine Momentaufnahme ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Ich möchte mit den folgenden "Perspektiven für Erwachsene" jedoch einen positiven Impuls setzen.
Digitale Kooperationen statt alter Klassenkampf.
Statt über goldene Manschettenknöpfe und 1.000 Hamburger Stiftungen zu philosophieren, sollten wir konstruktiv überlegen, wie Hamburg in ein hanseatisches Morgen geführt werden kann. Dazu zählt z. B. die neue "Hamburger Plattform" zur kulturellen Vernetzung der Kreativwirtschaft mit anderen Branchen, die begonnene Vernetzung junger und etablierter Firmen durch Interessenvertretungen und vielleicht auch die von HANSEVALLEY initiierte Hamburg Digital Community mit mehr als 100 Corporate-Innovatoren.
Wir sollten noch stärker auf den Zukunftsfaktor Wissenschaft setzen. Das Engagement von Bucerius Law School, HSBA und Kühne Logistics University, die Digitalthemen in Think Tanks, Digital Labs, Professuren, Studiengängen und Kooperationen voranzutreiben, ist genau richtig. Die Initiativen für die praktische Forschung an 3D-Druck und Industrie 4.0 durch DLR und Fraunhofer bieten erfolgversprechende Perspektiven. Zudem ist Exzellenz auch in Hochschulausgründungen gefragt. Hier zeigt uns Lüneburg, wie es geht.
Regionale Startupcity ohne globale Strahlkraft.
Titelblatt Sonderbeilage Hamburg Startup-Zeitung "Berlin Valley" |
Beheizbare Einlegesohlen für Kiezarbeiterinnen, Schwangerschaftsslips für werdende Startupmuttis, elektrische Fahrradanhänger für den Kleinkindtransport und koffeingeschwängerte Gummibärchen als Grundnahrungsmittel dürften womöglich einen Pivot erfordern, um in einer digital-vernetzten Hansestadt Sinn zu stiften. Die Leistungen engagierter Gründer haben z. Zt. doch nur die Strahlkraft, wie der Schiffsanleger in Wilhelmshaven für den Welthandel.
Die Erklärung eines nicht immer tiefenentspannt wirkenden "Leitartiklers" in der Werbebeilage der regionalen Startup-Zeitung "Berlin Valley" zeigt eine vermeintliche Qualität des Mikrokosmos zwischen Schanzenviertel und Harburger Hafen: Wer die Worte ernst nimmt könnte den Eindruck gewinnen, der USP des Ökosystems bestünde aus einem Bahnticket nach Berlin. Vielleicht spielt ja der Wunsch, zu etwas Größerem berufen zu sein, in der Aussage ein wenig mit.
Offene Familienunternehmen statt VC-Wetten.
Die Stärke interessanter Hamburger Startups liegt im B2B-Sektor. Die Förderung dieser Jungunternehmen zusammen mit etablierten Playern dürfte die größten Chancen haben, neue Ideen, kluge Köpfe und interessante Produkte für die Wirtschaftshauptstadt zu generieren - fernab der Kategorie "Küche, Kirche, Kinder" und eines irrealen VC-Wettzirkus. Zahlreiche Akteure arbeiten daran, die neuen Brücken zwischen lösungsorientiertem Nachwuchs und regionalen, aufgeschlossenen Akteuren zu bauen.
So wichtig die US-Internet-Riesen Dropbox, Facebook, Google, Snap, Twitch, Twitter und Yelp für den Arbeitsmarkt in Marketing und Management des "Elbvalley" Hamburg sind, für die Entwicklung der sich wandelnden Metropole spielen vor allem zukunftsgewandte Familienunternehmer und innovationsbereite Großunternehmen eine entscheidende Rolle. Und die haben den Ruf gehört, sich um den Kulturwandel und die Zukunft zu kümmern, wie uns ein Verbandsvertreter bestätigt.
Tabuthema Hafenlogistik und digitale Wahrheiten.
HHLA-Terminals Buchardkai (vorn) und Tollerort (hinten) Foto: HHLA / Thies Rätzke |
So wichtig die Logistik für Hafenstadt und Metropolregion ist, so sicher ist es zugleich, dass der wirtschaftliche Motor künftig nicht mehr in erster Linie im Hamburger Hafen schlagen wird, so sehr der Wunsch die Politik noch dominiert. Die Initiativen von "Digital Hub Logistics" über "Digital-Space Hammerbrooklyn" bis "Nationalem Maritimen Zentrum" sollten nicht dazu verleiten, die Lage zu verklären und an der einen oder anderen Stelle mit Startups zu verniedlichen.
Digitale Produktion und ein digitalisierter Hafen.
Wir haben HHLA-Chefin Angela Titzrath gefragt, ob sie sich bereits auf eine "Hamburger Hafen-, Logistik- und Produktions-AG" vorbereitet. Die Zukunft der internationalen Dienstleistungen in der Freien und Hansestadt wird mit neuen, zukunftsweisenden Technologien und damit verbundenen, industriellen Kernen einhergehen. Von der Seefahrerromantik wird außer Schiffsankern, Signalhörnern und mehr oder weniger umweltfreundlichen Kreuzfahrern nicht mehr viel bleiben.
Mit Industrie 4.0 und digitalisierten Dienstleistungen in der Logistikregion, mit 3D-Druck und digitaler Produktion am Luftfahrtstandort, mit Next Reality und digitalen Dienstleistungen in der Medienhauptstadt sowie mit E-Health und digitalen Dienstleistungen in der Gesundheitsmetropole hat unsere Stadt gleich 4 chancenreiche Wege, die Zukunft zu meistern - auch wenn viele Teilbranchen und Firmen, Mitarbeiter und Arbeitsplätze von erheblichen Umbrüchen betroffen sein werden.
Die ehrbare Zukunft der digitalen Hansestadt.
Handelskammer Innovation Campus mit HSBA Foto: HANSEVALLEY |
Die Hamburger Wirtschaftshochschule HSBA lehrt ihren rd. 900 Studierenden den ethischen Grundsatz der Fairness. Damit könnte Sie neben der Vereinigung Eines Ehrbaren Kaufmanns einen entscheidenden Grundstein legen, den Hamburg als Wirtschaftsmetropole von New York und Singapur unterscheidet, als "Second City" von Barcelona und Mailand abhebt und als deutsche Metropole von Berlin, Köln und München differenziert.
Die Protagonisten in Rathaus, Kammer und Kontoren sollten sich bewusst sein, dass es in der vernetzten Welt keine schützende Hammaburg mehr gibt. Ein langjähriger Unternehmer sieht Hamburg bereits auf dem Weg in "Berliner Verhältnisse" - einer Touristenmetropole ohne zukunftsweisende Wirtschaft. Wir sollten die Fehler West-Berliner Subventionspolitiker vermeiden, und unsere Stadt mutig in die digitale Wirtschaftszukunft führen.
Dies ist eine Aufgabe engagierter Politiker in Koalition und bürgerlicher Opposition, wie in Kammern und Verbänden. Ein "Weiter so" einzelner Protagonisten aus der Internet-Hochburg vergangener Tage dürfte angesichts der zu erwartenden Sturmflut nicht ausreichen. Vielleicht ist es an der Zeit, dass eine neue Generation Pragmatiker neue Partnerschaften für ein digitales Hamburg entwickeln.
Ihr Hamburg Digital Marketing _____________________________________________
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