Dienstag, 24. August 2021

Das New Normal: Mobiles Arbeiten im Grünen.

HANSE DIGITAL WORKLIFE
* Update 05.10.2021 *

Mobiles Arbeiten wird zum New Normal - auch für Vertriebler.
PR-Foto: Presse Aktuell

83 % aller Arbeitnehmer fühlt sich gegenüber dem Arbeitgeber "nicht verpflichtet", 68 % und damit mehr als 2/3 macht "Dienst nach Vorschrift", so das Ergebnis des aktuellen "Gallup Engagement Index" für Deutschland im Coronajahr 2020. Kein Wunder, dass Chefs ihre "Spezis" nach Lockdown und Homeoffice so schnell wie möglich wieder im Blick haben wollen und nur noch rd. 23 % der deutschen Angestellten Zuhause sind. Doch im "New Normal" verschwinden die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens nicht einfach wieder. Wie verändern Videokonferenzen und digitaler Kontakt mit Kunden das Leben von Vertrieblern und anderen Geschäftsreisenden? Vielfahrer und Metropolen-Pendler Thomas Keup hat aktuelle Zahlen, Fakten und was zum Schmunzeln: 

'Alles bleibt anders!' So könnte jede Geschichte rund um Computer, Internet und Vernetzung beginnen. Die meisten Schüler, Lehrer und Eltern hätten sich vor dem Corona-Ausbruch Mitte März 2020 nicht vorstellen können, über Monate hinweg vor einem mehr oder weniger brauchbaren Rechne
r von zu Hause aus per Videokonferenz und Lernplattform dem Schulunterricht zu folgen - wenn ein Rechner vorhanden war, Lehrer auf E-Mails antworteten - und Hausaufgaben nicht ausgedruckt in braunen A4-Umschlägen ausgegeben wurden.

Lassen wir an dieser Stelle die PR-Märchen von Schulsenatoren und -ministern über die ach so schnelle, moderne und zukunftsweisende digitale Ausstattung von Schulen in Covid 19-Zeiten - aka Uralt-Server auf dem Damenklo - mal für einen Moment außen vor. Hier freuen wir uns auf die aktuelle Recherche unseres Hamburg-Korrespondenten zu "Pleiten, Pech & Pannen - Made by #HH_BSB" (weil wir Hamburg sind ...). Gerd Kotoll hat als ehemaliger Elternvertreter wirklich "heisse News" u. a. aus dem Himmelreich von Hamburgs Schulsenator Ties - "Ich habe doch Recht" - Rabe.

Digitalisierung kriegt sie alle: Lehrer, Eltern & die lieben Kleinen.

Die meisten Angestellten konnten vor der Pandemie ihrerseits auch nicht ahnen, mit Kollegen und Kunden mehrmals in der Woche per Videokonferenz Projekte, Prozesse und Probleme zu wälzen. Und Mütter wie Väter an Küchen- und Wohnzimmertischen über Firmenlaptops und Tablets gebeugt wussten nicht wie ihnen geschah, als die lieben Kleinen - ausgeschlossen von Kindergarten und Klassenzimmer - plötzlich kreischend die eigene Arbeit kommentierten. Bis zu 56 % - und damit mehr als die Hälfte - aller deutschen Arbeitnehmer könnte ihre Arbeit grundsätzlich virtuell via Laptop und Datenleitung erledigen, so das ifo-Institut aus München.

Was für Vertriebler fernab von Business Class und Flughafen-Lounge plötzlich zum "New Normal" wurde, ist für Selbstständige - z. B. Künstler, Publizisten und Dienstleister - seit rd. 10 Jahren ein Stück Normalität. Der amerikanische Softwareriese Microsoft adressierte im April 2014 ein "Manifest für Neues Arbeiten" vor allem für Wissensarbeiter - und setzte die Veränderungen "von Aktivitäten zu Momenten" bei seinen damals rd. 320.000 Mitarbeitern weltweit auch gleich um, wie ich vor sieben Jahren in der Berliner Microsoft-Niederlassung Unter den Linden in Berlin live und in Farbe kennenlernen durfte (lesen Sie dazu meinen Beitrag auf dem Netflox-Blog - s. u.).

Von 8 Stunden Aktivität zu 8 minütigen Momenten - rund um die Uhr.

"Aktivitäten": mit Arbeit von 9 bis 5.
Grafik: Microsoft
Bestand und besteht die alte, lineare Arbeitswelt seit der industriellen Revolution und Einführung des Fließbandes durch Henry Ford im Januar 1914 aus einem "Dreiklang" mit rd. 8 Stunden Arbeit am Block, rd. 8 Stunden Privatleben und 8 Stunden Ruhezeit, verschwimmen die "Aktivitäten" in der Welt arbeitsplatz- und zeitunabhängiger Tätigkeiten in einem "Work-Life-Blur", wie es Microsoft nennt. Beim Recherche-Interview in der "Digital Eatery" von Microsoft im Sommer 2014 war mir auch nur z. T. bewusst, wie weit geschäftliche und berufliche, persönliche und private Dinge mit Smartphone in der Hand verschwimmen würden.



"Momente" mit 8 Minuten statt 8 Stunden.
Grafik: Microsoft
"Aktivitäten" mit Familie und Freunden, Sport und Freizeit, Ausflüge und Erholung oder Online-Recherchen und Shopping müssen sich nicht mehr auf die Zeit "nach Feierabend" oder "am Wochenende" beschränken. "Momente" mit Kids, der Einkauf bei Amazon & Co. oder die Planung des Ausflugs können zwischen zwei Videocalls erledigt werden, wenn man die Konferenzen nicht ohne Pause aneinander reiht. Hintergrund: Mit der Distanz von Kollegen und Kantine rücken die Ergebnisse der Arbeit in den Mittelpunkt. Wurden Angestellte früher vor allem für "Facetime to the Boss" aka "Dienst nach Vorschrift" bezahlt, rücken nun Resultate in den Mittelpunkt.

Nach Datenschutz und Diskussionen: Es geht tatsächlich digital.

"Vetrauensarbeitszeit" nennt man die Veränderung im Personalwesen - bei Microsoft seit 2014 gelebte Praxis - wie in vielen Tech-Startups, bei Digital-/Dienstleistern und IT-Unternehmen, deren Experten durch Laptop und schnelle Leitungen längst von überall aus Server hochfahren, Updates installieren und Fernwartung betreiben können. Mit der Durchdringung von Rechner und Router im Privatleben ist das auch vor Corona schon für fast jedermann möglich gewesen. Ich selbst erlebte mobiles Arbeiten 2012 während meines Engagements für ein Tech-Startup in Barcelona. Erst mit der Notwendigkeit durch Lockdown und Homeoffice wurde es auch ohne Datenschutzdiskussionen bei uns flächendeckend (notwendigerweise) umgesetzt.

Vier Wochen nach dem ersten Lockdown waren rd. 55 % aller Büroarbeiter in Deutschland im Homeoffice, 30 % zum ersten Mal in ihrer Karriere, stellte immowelt.de im April '20 fest. 42 % hatten von Anfang an ein eigenes Arbeitszimmer, 1/3 einen festen Arbeitsbereich in Wohn- oder Schlafzimmer. Im Juli '20 gab die Hamburger Krankenkasse DAK bekannt: Die Zahl der Betriebe mit Homeoffice-Möglichkeiten nahm durch die Corona-Krise um mehr als 50 % zu. Mit 116 % Zuwachs auf insgesamt 39 % hat sich die Zahl der Homeoffice-Arbeiter an der arbeitenden Bevölkerung mehr als verdoppelt. Die Zahl der Videokonferenzen verdoppelte sich durch die Corona-Krise auf rd. 35 % Nutzung unter allen Arbeitnehmern.

Aktuelle Homeoffice-Quote 2021: Dienstleister vor Industrie.

Heute arbeiten laut des Münchener Marktforschungsinstituts ifo noch 23,8 % aller deutschen Angestellten von Zuhause aus - ein Minus von rd. 7 % im Vergleich zu den harten Lockdown-Monaten im Winter und Frühjahr des Jahres. Dabei sind es vor allem Dienstleister, die ihre Angestellten aus den eigenen vier Wänden arbeiten lassen, aktuell immerhin noch 33,4 % - jedoch ebenfalls mit rd. 7 % Minus im vergangenen halben Jahr. Die höchste Homeoffice-Quote gibt es laut ifo-Institut in der Bekleidungsindustrie mit 32,2 %, gefolgt von der Automobilindustrie mit 26,6 % und der IT-Industrie mit 26,0 %. In den Top 5 folgen mit leichtem Abstand die Elektroanlagenbranche mit 21,8 % und die Maschinenbauer mit 20,3 %.

Insgesamt ranchieren bei den Dienstleistern das Bauhauptgewerbe mit 5,0 % und der Einzelhandel mit 5,3 % verständlicherweise am Ende der Skala. Bei den Produzenten tragen in Deutschland die Getränkehersteller mit einer Homeoffice-Quote von nur 5,1 % die rote Laterne. Knapp davor liegen Transporteure mit 6,8 %, die metallverarbeitende Industrie mit 7,6 %, die Lederwarenbranche mit 8,4 % und die Holzbranche mit 8,5 %. Desto höher die Impfquote im Land steigt, desto mehr Mitarbeiter werden zurück an ihre angestammten Schreibtische gerufen. Zugleich stellen die Münchener Marktforscher fest, dass die Homeoffice-Quote nach Bewältigung der Pandemie deutlich höher ist und bleiben wird, als vor dem Corona-Ausbruch im März '20.

Von "Nix da" zum "New Normal": Deutschland wird mobil(er).

81 % der bis Juni '21 ins Homeoffice geschickten Angestellten können sich vorstellen, auch nach der Pandemie vollständig oder mehrere Tage pro Woche ihren Job in den eigenen vier Wänden zu machen, so das Ergebnis einer Umfrage der Strategieberatung EY. Eine Langzeitstudie des Hamburger Marktforschungsinstituts Splendid Research kommt auf einen Wert von 55 % aktiver Homeoffice-Nachfrage. Vor allem Männer wollen mit 52 % auch nach Covid 19 von zu Hause aus arbeiten. Nach einer Umfrage der FOM-Hochschulen wollen Arbeitnehmer im Schnitt rd. 35 % bzw. 2 Tage in der Woche von zu Hause aus tätig sein. Beim Bremer Hafenbetreiber Bremenports dürfen sie das - sogar bis zu 3 Tage bzw. 40 %.

Wenn Homeoffice und mobiles Arbeiten sieben Jahre nach dem Microsoft-Manifest zum "New Normal" in der Bürowelt angestellter Arbeitnehmer Normalität werden, was heißt das in aller Konsequenz für Bürovermieter, Hotels, Business Classes und -Lounges? Der branchenweite "Sparfuchs" und Allianz-Chef Oliver Bäte verkündete im Juni 2020, dass der größte deutsche Versicherer auf Grund der Homeoffice-Nutzung rd. 30 % seiner Büros aufgeben wolle und jede 2. Dienstreise in Zukunft wegfallen werde. Moment mal: Jede 2. Dienstreise soll wegfallen? Jetzt wirds richtig interessant - allerdings nicht für Airlines, Bahn & Co.

Von Freelancern bis Vertriebler: Momente sind das "New Normal". 

Die Hamburger Managementberatung Thomsen Group erarbeitete auf Grund von Annahmen ein Szenario, wie die Arbeitszeit der - vornehmlich auf Autobahnen, in 1. Klasse-Abteilen und Business-Fliegern - präsente Gruppe der Vertriebler durch Corona verändert werden wird. Und da ist sie wieder: Die Kuchengrafik mit den vielen kleinen Stückchen - statt weniger konzentrierter "Aktivitäten". Wie auch ich aus drei
 Jahren fast täglicher bzw. wöchentlicher Bahnfahrten in Business-Abteilen der ICEs zwischen Berlin und Hamburg bestätigen kann, ist ein großer Teil auswärtiger "Aktivitäten" schlicht Reisezeit.

Von 2/3 Reisezeit zu 2/3 Kundenkontakt.
Quelle: Thomsen Group

Thomsen stellt in einer aktuellen und in den HANSENEWS veröffentlichten Hochrechnung fest, dass die Arbeitszeit des reisenden Völkchens der Vetriebler vor Corona zu rd. 2/3 aus (meist passiver) Fahrzeit bestand. Die Anfahrt zu Bahnhof oder Flughafen mit Bus, Bahn, Mietwagen oder Taxi war und ist ebenso wenig zum Arbeiten geeignet, wie die Wartezeit an Bahn- und Abflugsteigen, in Flugzeugkabinen, an Mietwagenschaltern oder beim Hotel-Checkin. Blieben unter dem Strich nur rd. 1/3 verbleibender Arbeitszeit (pro Woche bzw. Monat), die tatsächlich produktiv mit Kunden verbracht wurden.

Das digitale Momentum: Mehr Zeit für Kunden und die Familie.

Pandemie, Homeoffice und Videocalls veränderten seit Frühjahr '20 auch die Arbeit des reisenden Volkes: In seiner heuristischen Berechnung geht der zuständige Experte bei Thomsen in Hamburg davon aus, dass die Zeit mit Kunden im "New Normal" auf bis zu 2/3 der gesamten Arbeitszeit ansteigt - und damit gut 30 % mehr betragen wird, als bei den guten alten "Trolley-Truppen". Der Grund: Fast 60 % der Arbeitszeit verbringen Vertriebler heute und künftig vor dem Monitor mit Kundengesprächen. Durch die schnelle, einfache Möglichkeit, sich per Bild und Ton zusammenzuschalten, wird der Kontakt digital häufiger. Dafür sinkt die persönliche Präsenz auf nur noch rd. 8 %.

Unterm Strich heisst das mehr Zeit mit Kunden und weniger Stress auf Reisen - und eine neue Ausdifferenzierung: einfache, schnelle oder kleinere Themen werden per Videokonferenz besprochen und geklärt. Nur wenn es wirklich wichtig wird, um einen Vertrag zu unterzeichnen, ein festgefahrenes Problem zu lösen oder eine kriselnde Kundenbeziehung zu retten, werden Accountmanager und Kollegen künftig ihren Koffer packen und sich auf den Weg machen. Damit könnte die Reduzierung von Reisenzeiten nicht nur bei der Allianz Wirklichkeit werden - ganz zur Freude von Freunden und Familien, aber zum Ärgernis von Fliegern, Bahn, Hotels und Taxen, die von Geschäftsreisenden leben.

Digitaler Vertrieb: Persönliche Posts statt Kaffee + Kekse.

Wenn 2/3 der Arbeitszeit zu digitalem und (minimal) persönlichem Kundenkontakt avanciert, was wird aus dem verbliebenen Drittel, dass sich u. a. aus der massiv geschrumpften Reisezeit speist? Die Visionäre von Thomsen an der Alster sehen mit der "Digital Customertime" eine weitere, deutliche Veränderung der Arbeit von Business Developern und Account-Managern: Künftig übernehmen persönliche Postings zu Erfahrungen, Meinungen und Erwartungen der Vertriebsmitarbeiter und ihrer Unternehmen auf Social-Media-Netzwerken eine wichtige Funktion in der Kundengewinnung und -bindung.

Kann die Frage der passgenauen Zusammenarbeit durch zugelieferte Informationen per E-Mail und PDF beantwortet werden, gewinnen Kunden die notwendige Sicherheit zu Kompetenz, Charakter und Wohlwollen zunehmend über Social-Media-Aktivitäten. Für Unternehmen und ihre Vertriebler heisst das, rd. 16 % mit dem Auf- und Ausbau der Meinungshoheit im Internet, z. B. auf Linkedin und Xing sowie mit Podcasts und Videos, zu verbringen. Damit wird Social Media im B2B-Geschäft von einem "Nice to have" zu einem "Must have" - und das dürfte einigen, nicht nur älteren Mitarbeitern in Unternehmen, alles andere als leicht fallen.

Lust auf Land und Leben: Und 25 % weniger an Gehalt?

Der dritte - und bis heute bei uns in Deutschland noch nicht angekommene Trend - ist eine künftige Unterscheidung bei der Bezahlung zwischen Mitarbeitern, die in teuren Großstädten nah beim Unternehmen präsent sein müssen und anderen Angestellten, die mit der Corona-Pandemie die Qualität des Landlebens für sich entdeckt haben - neudeutsch als "De-Urbanisierung" bzw. "Sub-Urbanisierung" in der Diskussion. Beipsiel USA: Hier planen erste Tech-Konzerne, die Gehälter von Angestellten von 10 bis 25 % zu reduzieren, wenn diese nicht im fast unbezahlbaren Umfeld des Silicon Valley oder in New York City leben müssen und vollständig von Zuhause aus arbeiten, z. B. bei Google (siehe Blog-Beitrag von CMS).

Durch eine bessere digitale Infrastruktur in ländlichen Regionen werden auch die grünen "Speckgürtel" rund um Bremen, Hamburg und Hannover zunehmend beliebter. Nach einer aktuellen Befragung von 7.000 Großstädtern durch immowelt.de planen 13 % der Befragten von ihnen, in den kommenden 12 Monaten diese zu verlassen. Knapp die Hälfte (46 %) aller Befragten mit kurzfristigen Umzugsplänen gab an, dass die Corona-Pandemie ihre Entscheidung beeinflusst habe. 
Stück für Stück werden die Metropolen von Zuzügen entlastet, tauschen Angestellte teure Wohnungen in den lauten Großstädten gegen die Lebensqualität im grünen Umland, wie sich an Alster und Elbe bereits zeigt.


Entlastung für die Großstädte, Infrastruktur auf dem Land.

Für den Präsidenten des ifo-Instituts, Clemens Fuest, heißt das neue Herausforderungen für die Politik: Während in den Metropolen der Straßenverkehr abnimmt, müssen für die Landbewohner wirklich leistungsfähige Straßen- und Bahnverbindungen sichergestellt werden - von der digitalen Infrastruktur mit Breitband und schnellem, zuverlässigen Datenfunk ganz abgesehen. Bayerns Wirtschaftsstaatssekretär Roland Weigert hoffte in einer aktuellen Diskussion auf der IAA Mobility in München zugleich auf eine Entlastung des Wohnungsmarktes in den Großstädten. Die Fakten sprechen - nicht nur in Norddeutschland - eine andere Sprache:

In der Freien und Hansestadt Hamburg sank die Nachfrage nach einem eigenen Häuschen im Juni 2021 zwar leicht um 2 %. Aber: Die Quadratmeterpreise stiegen in den Angeboten im Stadtgebiet um 29 % von 5.121,- auf 6.622,- € an. Der Trend zur Stadtflucht hat vor allem Auswirkungen auf die Nachfrage nach Einfamilienhäusern im Umland: Immoscout24 fand heraus, dass der Hamburger Speckgürtel durch die Pandemie bereits einen Nachfrageschub von 76 % erlebte. Die Angebotspreise für inserierte Einfamilienhäuser kletterten in der Metropolregion von 3.069,-  auf 3.680,- € pro Quadratmeter im Juni 2021 - ein Anstieg um satte 20 % seit Februar 2020 

Mietpreise im Norden in der Corona-Krise angestiegen.

Im letzten Jahr stiegen die Mietpreise in Norddeutschlands teuerster Stadt Hamburg erneut um 3 %. Der Quadratmeterpreis für eine Wohnung liegt jetzt im Schnitt bei rd. 12,50 €, so die aktuelle Erhebung von immowelt.de. Vor einem Jahr lag der Durchschnittspreis an Alster und Elbe noch bei 12,10 €. Die einsetzende "De-Urbanisierung" macht sich auch bei den Mietpreisen im Einzugsbereich der Millionenmetropole negativ bemerkbar: In den Landkreisen rund um die Hansestadt kletterten die Mietpreise im vergangenen Jahr um 2 bis 6 %: Die Preise stiegen auf schleswig-holsteinischer Seite in Stormarn auf 10,40 €, Pinneberg und Segeberg auf jeweils 9,80 € und Lauenburg auf 8,90 €, südlich der Elbe verlangt man in Harburg jetzt 9,90 € und in Stade 8,70 €.

Ein Blick auf die anderen norddeutschen Großstädte zeigt: Um jeweils 2 % erhöhte sich der Quadratmeterpreis in Hannover auf jetzt 8,60 € und Bremen mit 8,40 €. Damit sind sie im Städtevergleich auf ähnlichem Preisniveau wie Oldenburg mit 8,90 €, Lübeck bei 8,80 € sowie Kiel und Osnabrück mit je 8,30 €. Der Stadtkreis Emden hat mit 12 % einen vergleichsweise hohen prozentualen Anstieg, wobei der Median-Mietpreis bei moderaten 6,70 €/qm liegt, so immowelt.de. Die Stadtkreise Wilhelmshaven mit + 4 % und Bremerhaven mit + 6 % bleiben sogar weiterhin unter der 6-Euro-Marke. 

Eine Anekdote zum Schmunzeln ... und Zoomen:

Während sich die Hamburger Senatskanzlei vom stadteigenen Datenschützer für mögliche Zoom-Überwachungen anzählen lassen musste (die HANSENEWS berichteten), hat Deutschland die meisten "Zoom-Konferenzen" gar nicht mit Zoom gemacht. Die Hamburger PR-Agentur Faktenkontor veröffentlichte im "Social-Media-Atlas 2021" die Zahlen: 43 % aller berufstätigen Internet-Nutzer in Deutschland kommuniziert mit Kollegen und Kunden über "Teams" von Microsoft, 41 % verwendeten "Skype", ebenfalls von Microsoft. Erst danach folgt der Aufsteiger aus dem ersten Corona-Lockdown, "Zoom". Die junge Videoplattform setzen rd. 36 % der erwerbstätigen Onliner ein.

Das der Hamburger Senat manchmal etwas länger braucht, um den Schuss zu hören und/oder aufzuwachen, wissen wir spätestens seit der schwachsinnigen Maskenpflicht auf den Wanderwegen rund um die Alster, dem sinnfreien Alkoholverbot exklusiv auf den Bürgersteigen der Reeperbahn, den immer wieder verspäteten Lockerungen der Corona-Maßnahmen und den trotzdem schlechten Corona-Zahlen - auch im bundesweiten Vergleich. Von der seitens der Hamburger Gastronomie z. T. scharf kritisierten 2G-Regelung einmal abgesehen. Vielleicht liegt das ja im Naturell der (Dorf-)Verwaltung zwischen Alsterdorf, Eppendorf und Bergedorf. Für "Exil-Hamburger" in ihrem neuen Zuhause in der Heide und in Holstein dürfte das künftig aber auch egal sein.

Homeoffice bei neuen und jüngeren nicht optimal.

Bleibt die entscheidende Frage, wo Homeoffice nicht funktioniert. Laut ifo-Präsident Clemens Fuest kommt das mobile bzw. virtuelle Arbeiten bei Innovationsprozessen an seine Grenzen. Hier tauschen sich Menschen nicht nur mit Worten, sondern vor allem auch mittels Körpersprache aus. Für Audi-Personalvorständin Sabine Maaßen wirds schwierig im Austausch der Mitarbeiter untereinander, denn die gute alte Kaffeeküche ist wichtiger, als viele vielleicht dachten. Auch bei neuen und jüngeren Mitarbeitern wirds knifflig, da sie nicht selten einen kurzfristigen und höheren Abstimmungsbedarf haben. 

Unter dem Strich ist es für die langjährige Gewerkschafterin Maaßen vor allem eine Frage von Führungskultur und Vertrauen, wenn die Ergebnisse der Arbeit in den Mittelpunkt rücken und die Anwesenheit als Führungsinstrument zumindest teilweise wegfällt. Homeoffice und mobiles Arbeiten kann in keinem Fall "top-down" angewiesen werden. Stattdessen gilt es mit einer Betriebsvereinbarung - wie bei Audi seit 2016 - die Möglichkeit einzuräumen und jedem Mitarbeiter zugleich die Freiheit zu geben, die für seine Lebenssituation und persönlichen Umstände passende und gewünschte Kombination von Präsenz und privatem Arbeitsplatz zu wählen.

*Update*
Wenn Wohnung zum Büro zum Fitnessstudio wird.

Im Gegenzug wird aus dem Provisorium Homeoffice in der eigenen Wohnung künftig zunehmend eine Universallösung zum Arbeiten, Sport treiben und Leben. Der Hamburger Zukunftsforscher Prof. Peter Wippermann untersuchte zum 4. mal die Megatrends im Auftrag des Shopping-Senders "QVC": So wird das Wohnzimmer auf Knopfdruck zum Büro und abends zum Gym. Jeder Zweite der ab dem Jahr 2000 geborenen Generation Z wünscht sich einen digitalen Fitness-Spiegel für Personal Trainings. Und es entstehen neue Modelle des Zusammenlebens: 52 % der Gen Y wünschen sich Co-Working-Räume.

Für das Zuhause der Zukunft wünscht sich jeder Zweite zudem Geräte, die auf Sprache reagieren. "Voice-basierte Anwendungen, Sensoren und biometrische Datenerkennung machen den Touchscreen bis 2040 überflüssig", so Peter Wippermann in einer aktuellen Stellungnahme. Aus Bildschirmen werden Brillen, aus Brillen Augenlinsen. Digitale Services sind nicht länger an statische Geräte gebunden. Im Next Home sind sie da, wo die Menschen sind und verschwinden aus unserer Wahrnehmung. Dann bekommt digital-vernetztes Arbeiten womöglich noch eine ganz andere Bedeutung.

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 Hanse Digital Background: 

Netfox-Blog: "Die Zukunft der Arbeit: Von Aktivitiäten zu Momenten":
netfoxblog.wordpress.com/2014/10/22/

"Netfox-Blog: "Erdrutsch in der Arbeitwelt - Teil 1:
Vom Fließband zur Generation Freelancer – Symptome, Ursachen und Folgen."

"Netfox-Blog: "Erdrutsch in der Arbeitwelt - Teil 2: 
Vom Fließband zur Generation Freelancer – digital-vernetzt statt linear und abhängig."

"Netfox-Blog: "Erdrutsch in der Arbeitwelt - Teil 3:
Vom Fließband zur Generation Freelancer – selbständig die Zukunft unternehmen."

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*Update*
 Hanse Digital Service: 

CMS Deutschland: Gehaltskürzung im Homeoffice:

QVC Zukunftsstudie "Next Home": Das Zuhause wird zur Schaltzentrale.
presseportal.de/

Personalwirtschaft.de: Gallup Engagement Index: 
Zwischen Bindungsgefühl und Abwanderungsgedanken
personalwirtschaft.de/

Microsoft: "33 Regeln erfolgreicher digitaler Pioniere" (PDF):

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