HAMBURG DIGITAL RECHERCHE
Rd. 16,- € pro Quadratmeter für ein Startupbüro in Harburg hinterm Fußgängertunnel. Rd. 80,- € pro Monat für eine Internetleitung ohne Flatrate, Ex-McKinsey-Berater als Studentenjobber in der Startupberatung mit zweifelhaften Leistungen nach der Förderung: Was Hamburgs "Startup Dock" für Hochschulgründungen im 4,5 Mio. € teuren "Innovation Campus Green Technology" liefert, scheint alles andere als vorbildlich. Ein "abgedockter" Gründer spricht Klartext, wie es hinter den Kulissen der Startupberatung der Technischen Universität in Harburg zugeht. Eine Hamburg Digital Recherche:
"Wenn Du aus der TU kommst, kommst Du gar nicht daran vorbei." Mit einem einfachen Satz bringt der Hamburger Startupgründer auf den Punkt, was das "Startup Dock" in der Harburger Schloßstraße ist: ein Monopol für Fördermittelanträge, wenn es um "Exist" mit Gründerstipendium und Forschungstransferförderung sowie um das - unabhängig von "Startup Dock" erfolgreiche - Innorampup-Programm der Förderbank IFB geht. "Im Anträge schreiben sind sie gut", fasst der Techi im Recherchegespräch seine Erfahrungen zusammen.
Echte Hilfe? "Wenn Du da sitzt, verweisen sie dich."
Was mit Bierdeckeln, Kugelschreibern, Jutebeuteln und dem rauf und runter bestellten Werbemittelkatalog beginnt, hat nach der Bewilligung der Fördermittel ein jähes Ende. Dann hat das "Startup Dock" sein Geld verdient - mit Fördermittelbeantragung und Startuphosting im luxussanierten "TuTech Haus" unweit des Harburger Hafens. Auf die Frage, was "Startup Dock" Jungunternehmen zu bieten hat, bekommen wir eine klare Aussage: "Alles, bis Du Exist hast." Von da an gehts "bergab" mit Beratung und Betreuung. Der Informant bringt auf den Punkt: "In der Vorgründungsphase helfen Sie Dir. Wenn Du dann da sitzt, verweisen sie Dich."
Verantwortlicher Leiter des "Startup Dock": Christian Salzmann Foto: Startup Dock |
Mentoring-Angebot? "Gibt es in diesem Kontext nicht."
Der Nachwuchsunternehmer bescheinigt den Beratern des "Startup Dock" viel Engagement, Studenten anzusprechen, sie an Gründungen heranzuführen und die Antragstellung zu erledigen. Konkrete Empfehlungen für Mentoring z. B. in den wichtigen Bereichen Vertrieb oder Steuern? "Gibt es so in diesem Kontext nicht." Unser Gesprächspartner nennt als Gegenbeispiel das Mentoringprogramm der Familienunternehmer, betreut von einem Hamburger Startupnetzwerk. Die Unterschiede klingen wie Tag und Nacht.
Startup-Support? "Sie haben sich stets redlich bemüht."
'Sie haben sich stets redlich bemüht', werfen wir als Beurteilungsvorschlag in den Ring. Der junge Geschäftsmann bestätigt: "So ein Zeugnis würde ich Ihnen ausstellen." Wenn das Jahr Förderung vorbei ist, wird's zudem richtig teuer: Wie in der Hamburg Digital Recherche unter dem Titel "Die Startup-Abzocke von Harburg" vorgestellt, kassiert der Verbund aus TechTech Innovation und "Startup Dock" von Jungmietern nach der Förderung als unverschämt geltende 16,- € pro Quadratmeter, lässt sich über einen Anteil i. H. v. 25% der Mietfläche Klos, Kaffeeküche und Kuschelecke mitfinanzieren. 16,- € pro Quadratmeter warm - hinterm Fußgängertunnel, 14 km von der Hamburger Innenstadt entfernt.
Das TuTech-Haus mit dem "Startup Dock" in Harburg. Foto: Eigenwerbung TuTech |
Internet-Flatrate? 'Die Leute sollen hier ja arbeiten.'
Wären überhöhte Mieten das einzige Übel, hätte der "abgedockte" Ex-Kunde des "Startup Dock" in den sauren Apfel gebissen, wenn sich die Vermieter nicht als äußerst unflexibel zu erkennen gegeben hätten: Für rd. 80,- € im Monat wollten die Startupförderer ein 300 GB-Internetpaket verkaufen - an ein Tech-Startup, das Software in Produktentwicklung und Vermarktung komplett in der Cloud nutzt. Jedes weitere GB wird extra abgerechnet. Die Erwiderung auf den Wunsch nach einer Internetflatrate lautete sinngemäß: 'Die Leute sollen hier ja arbeiten, und nich YouTube gucken'.
300 GB?: "Für das normale Arbeiten sollte das reichen."
Unser Gründer glaubte seinen Ohren nicht. Auf Nachfrage legte der Mitarbeiter des "Startup Dock" noch eine Schippe nach: "Für das normale Arbeiten sollte das reichen." Hintergrund für die "Internet-Abzocke" ist eine überteuerte, individuell abgerechnete Standleitung, die man sich Ende der neunziger Jahre aufschwatzen lassen hat. Eine 2. Leitung mit der Möglichkeit günstiger Flatrates wurde immer wieder versprochen, jedoch nie gehalten. Für Startups, die nach ihrer Förderung als Mieter im Luxus-Bau in Harburg bleiben, eine unglaublich teure Angelegenheit.
Telefon-Gebühren? Keine verbindlichen Informationen.
Überzogene Mietkosten, überteuerte Internetleitung - doch das ist nicht alles, was man im "Startup Dock" für Jungunternehmen zu bieten hat: Was in Sachen Internet recht ist, ist in der Telefonie nur billig; Auf Nachfrage konnten die Mitarbeiter keine Preise für die minutenweise abgerechneten Telefonkosten mitteilen. Für erforderliche Telefonate zu Mitarbeitergewinnung und Kundenakquise eine unglaubliche Geschichte. Seitens des "Startup Dock" und der verantwortlichen TuTech Innovation wurde trotz IT-Personal über Jahre hinweg keine Lösung im Interesse der Startups umgesetzt.
TuTech: Neue Möbel, altes Problem - überteuerte Internetleitungen. Pressefoto: TU Harburg/Startup Dock |
Startup-Beratung: Auch schon mal 2 Monate vergangen.
Bleibt die Frage nach der Betreuung durch die beim "Startup Dock" oder bei der TU angestellten Startupconsultants. Das durch Landes-, Bundes- und Europamittel finanzierte Projekt rühmt sich online, 'Existenzgründer und technologieorientierte Startups während des erfolgreichen Unternehmensaufbaus zu fördern', u. a. durch Beratung und Coaching. Die Praxis sieht etwas anders aus: In der Antragsphase hat sich unser Interviewpartner 2 bis 3 mal in 14 Tagen getroffen, manchmal war der Kontakt auch häufiger. Außerhalb vergingen auch schon mal 2 Monate zwischen den Gesprächen.
Schaut man sich die Personalseite des "Startup Dock" an, stellt man fest, dass allein 4 Köpfe in der Leitung sitzen, 3 Leute fürs Trommeln mit Marketing, PR und Event zuständig sind und lediglich 3 Consultants und 1 Academy-Leiter inhaltliche Arbeit leisten. Der Rest sind Finanzmanager, Hilfskräfte und ein gern vorgezeigter Bürohund. Fragt sich der Beobachter, ob die von Insidern als zweifelhaft bewerteten Leistungen eine qualifizierte Rechtfertigung für ein 10 Mio. € teures Startup-Portal mit angeschlossener Gründerberatung names "Beyourpilot" sind - oder doch nur ein "notwendiges Übel".
Hamburg Digital Background:
HANSESTATEMENT:
Steuerverschwendung "Beyourpilot" - 10 Millionen Euro für was?
HANSINVESTIGATION:
Die Startup-Abzocke von Harburg.
HANSESTATEMENT:
Von Harburger Subventiontsrittern zur hanseatischen Metropole.
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