Mittwoch, 14. Februar 2018

HANSECHAMPIONS: Schraubst Du noch oder druckst Du schon?

HAMBURG DIGITAL REPORT

Der Hamburger Senat macht ernst: Der Industriestandort Hamburg soll nicht aufgegeben, die industrielle Produktion auf neuestem Stand gefördert werden. Ende 2017 nahm die Wirtschaftsbehörde zusammen mit Gewerkschaftsbund, Handelskammer und Industrieverband die digital-vernetzte Industrie 4.0 und den industriellen 3D-Druck in den Masterplan Industrie auf. Vergangene Woche bestätigte Amtsdirektor Dr. Torsten Seveke: Hamburg wird den Industriestandort weiter fördern. 



Macht mit dem Komptenzzentrum Druck in 3D: Ralf Siebert
Foto: HANSEVALLEY
Am Donnerstag zündet Hamburg die nächste Stufe: Wirtschaftssenator Frank Horch gibt den Startschuss für das neue, durch Hamburger Unternehmen initiierte 3D Druck-Netzwerk. Auf der Tagesordnung stehen die Themenfelder Materialien, Prozessketten, Geschäftsmodelle sowie Finanzierung und Förderung. 150 Gäste erwarten gespannt, ob der Luftfahrt-, Schiff-, Fahrzeug- und Maschinenbau-Standort wie gedruckt in die Zukunft kommt. Ein Hamburg Digital Report:

Wenn Hamburgs "3D Druck-Papst" Prof. Dr.-Ing. Claus Emmelmann am Donnerstag-Früh im Innovation-Campus am Adolphsplatz in seiner Keynote die Bedeutung der Bionik für den additiven Druck präsentiert, ist Innovator Ralf Siebert schon einen Schritt weiter. Der Gründer und Geschäftsführer des "Komptenzcenter Innovation" ist einer von 4 Leitern des künftigen Cluster-Netzwerks, engagiert sich für neue Geschäftsmodelle und sieht den seit 25 Jahren bekannten 3D Druck als alles andere, als eine Revolution.

Additiver Druck aus Hamburg: "Live Cooking in 3D"

Ralf Siebert mit seinem 15 Jahre alten Geschenk.
Foto: HANSEVALLEY
Vor 17 Jahren bekam der frühere Minolta-Außendienstmitarbeiter in Kassel ein 3D-gedrucktes Modell geschenkt: Eine stilisierte DNA, gedruckt als Doppel-Helix. Wert: 800,- €. 

Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt er sich mit Bürosystemen. Angefangen als Thermofax-Kind, über die bunte Welt der digitalen Farbkopiersysteme ahnte er nie, wie die additive Fertigung von Kunststoffen, Metallen oder Lebensmitteln sein Berufs- und Geschäftsleben verändern werden. Vor 6 Jahren übernimmt er am Heidenkampsweg den Canon-Partner für Kopiergeräte und Drucker "Copynet". Mittlerweile haben mind. 50.000,- € teure 3D-Drucker die Kopierer in die Ecke verwiesen, wie Wirtschaftssenator Frank Horch morgen früh selbst feststellen wird. 

Der gelernte Koch Ralf Siebert nennt es "Live Cooking in 3D". Wenn Hamburgs Wirtschaftssenator im Innovation-Campus über die Zukunft des Industriestandorts sprechen wird, hat er die Bilder vom Morgen aus Hammerbrook im Kopf. Bilder, wie ein für ihn live repariertes Zahnrad, einen 3D-Schädel mit Tatverwerkzeug, der 2013 in Hammerbrook im Auftrag des LKA gedruckt wurde und half, durch haptische Visualisierung verschiedene Szenarien durchzuspielen. half, einen Mord aufzuklären. Bilder, wie die neue, 3D-gedruckte Abdeckung für den Innenspiegel eines 75 Jahre alten Oldtimers, den Siebert - Vater eines 21-jährigen Sohnes - 2014 für den Verlagsgeschaftsführer des Axel Springer Verlags druckte. 

Additiver Druck bei Airbus wie bei Meyle Autoteile

3D-Metalldruck für die maritime Wirtschaft in Hamburg
Foto: Hamburg Transport Consultancy
Ein Thema, mit dem sich auch Hamburgs Ersatzteile-Lieferant Meyle beschäftigt hat. Der Hamburger Spezialist und St. Pauli-Handballsponsor hält in seinem Hamburger Hochregallager rd. 25.000 Ersatzteile vor. Vorstandschef Dr. Karl Gaertner von Wulf Gartner Autoparts ist sich sicher: Wo die Autos repariert werden, werden in Zukunft die Teile gedruckt. Siebert ergänzt: "Meyle hat 3D-Druck und Daten gelernt." 2015 griff Meyle zusammen mit "Auto Bild" das Thema auf, lies zur "Euro Classica" Oldtimer-Ersatzteile nachdrucken. 

"Wir sollten die Technik aktiv nutzen, und als Chance für das Neue sehen", bringt der engagierte 3D-Druck-Experte im HANSEVALLEY-Gespräch vor Ort auf den Punkt. 19 Mitarbeiter beschäftigt der langjährige Kopiergeräte-Spezialist heute in seiner Hamburger Firma, 4,5 Mio. € machte er im vergangenen Jahr Umsatz. Bemerkenswert: rd. 30% seines Geschäfts erwirtschaftet der am Rothenbaum beheimatete Unternehmer heute mit 3D-Aufträgen. Zu seinen Themen gehören das Prototyping in Forschung & Entwicklung, in der Bildungsarbeit der Nordakademie oder Aufträge aus dem Maschinenbau. Dabei spielen z. B. die führenden Drucker des amerikanischen Herstellers "3D Systems" mit bis zu 7 verschiedenen Technologien eine wichtige Rolle, die das langjährige Unternehmen vertreibt.

3D Druck für Prototyping und Kleinserien-Produktion

 Aktuelle Technologie: Hochleistungs-3D Drucker von 3D Systems
Foto: HANSEVALLEY
Heute sind 3D-Drucker längst kein Luxus mehr: für rd. 750,- € bis 2.500,- € monatlicher Leasingrate arbeiten im Showroom unweit des Berliner Tors die neuesten Maschinen im "Kompetenzzentrum Innovation", wie z. B. der "Projet 660" - der schnellste aktuell verfügbare 3D-Farbdrucker auf dem Markt. Auf die besonderen Potenziale angesprochen, sind für den heute 49-jährigen Unternehmer die Themen Prototyping und Kleinserienfertigung von hoher Bedeutung. Dazu gehört die individuelle Fertigung von Fertigprodukten sowie die additive Herstellung von Werkzeugen für die Produktion.

Mussten für die Werkzeugherstellung früher grundsätzlich Metallblöcke mit einem Kostenaufwand von 5.000,- € und mehr gefräst werden, macht es heute eine 3D-gedruckte Kunststoffvorlage für unter 100,- €. Die Metallvorlagen hielten zwar 10.000 "Schüsse" - sprich Produktionsläufe. Bei individuellen Kleinserien oder Einzelteilen ist die Haltbarkeit der Kunststoffvorlagen für 100 "Schüsse" jedoch völlig ausreichend. Womit sich der wirtschaftliche Einsatz bei kleinen Stückzahlen erklärt und zum Vorteil wird.

"Es ist die Technologie, die zu neuen Ergebnissen führt."


Praktische Beispiel für Kunststoffdruck aus Hammerbrook
Foto: HANSEVALLEY
Der 3D Druck ist im Business angekommen: ob Beratung für eine neue 0,5 Liter-Wasserflasche eines Lebensmitteldiscounters", ob in der Forschung und Entwicklung eines Amaturenherstellers oder bei der Fortentwicklung eines Schnellkochgeräts - Ralf Siebert hat sich zu einem gefragten Experten entwickelt, berät Partner bei ihren bundesweiten Projekten und kann einen inhaltlichen Vorsprung von rd. 3 Jahren vermelden - sicherlich nicht zuletzt ein Grund, warum Wirtschaftssenator Frank Horch sich am Donnerstag-Früh durch den Praktiker aufschlauen lässt.

Wenn Architekten wie Modedesigner, Spielzeug- wie Küchengerätehersteller und Airbus wie Lufthansa auf 3D-gedruckte Modelle und Teile setzen, ist es auch für Hamburg Zeit, das Thema ernst zu nehmen. "Mit der Digitalisierung wird sich die Welt in fast allen Bereichen verändern", fasst es Ralf Siebert auf seiner Firmenseite zusammen - und ergänzt: "Wir gehen neue Wege und sind Ansprechpartner als Innovations-Botschafter." Mit fast 30 Jahren Vertriebserfahrung, der Kooperation mit der Einkaufsgenossenschaft Soennecken und einem eigenen Partner-Modell dürfte das eine gute Voraussetzung für den erfolgreichen Aufbau des Themenfeldes "Neue Geschäftsmodelle" im Rahmen des 3D-Druck-Netzwerkes Hamburg sein. 


Wir wünschen ihm viel Glück und Erfolg!




 Hamburg Digital Knowhow: 

  • Druckbare Materialien sind u. a. Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle. So wird geschmolzenes Plastik Schicht für Schicht aufgetragen und härtet anschließend aus.
  • Fertigungstechniken sind heute u. a. das selektive Laserschmelzen, das Elektronenstrahlschmelzen, die Schmelzschichtung, das 3D-Pulverdrucken, die Stereolithographie und das Digital Light Processing für Kunstharze.
  • Der amerikanische Internet-Gigant Google arbeitet an der Produktion von Lebensmitteln aus dem 3D Drucker. Nudeln wurden bereits erfolgreich gedruckt - und sollen sogar geschmeckt haben.
  • Die kalifornische Universität UCLA in Los Angeles hat ein Herzmodell in 3D gedruckt, um eine komplizierte Operation an einem 66-jährigen Patienten vorab zu simulieren. Die anschließende OP war ein voller Erfolg.
  • Am Wake Forest Institute in North Carolina werden im 3D Drucker durch Kartuschen mit verschiedenen Zellen menschliche Organe gedruckt, angereichert u. a. um Proteine, um das Wachstum zu ermöglichen.
  • Speditionen, Containerdienste und Terminals werden in Zukunft weniger Fertigprodukte von Asien nach Europa transportieren und umschlagen, da Produkte und Ersatzteile vor Ort gedruckt werden können.

 Hamburg Digital Background: 



3D-Druck im Kompetenzcenter Innovation:

Frauhofer-Zentrum IAPT (Laser Zentrum Nord):


Handelsblatt: Marktbeurteilung 3D Druck:
www.handelsblatt.com/technik/forschung-innovation/grosse-wachstumschancen-3d-druck-steht-vor-dem-durchbruch/20907682.html

3D-Netzwerk der Wirtschaftsförderung Solingen:
www.3dnetzwerk.com/


Oldtimer-Ersatzteile mit Meyle HD-Manier:

3D Drucker-Produzent 3D Systems:

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