Sonntag, 19. März 2017

HANSEPERSONALITY Prof. Dr. Henning Vöpel: Wer zu spät kommt, fliegt raus.

Hamburgs Digital-Forscher Prof. Dr. Henning Vöpel
Foto: HWWI
HAMBURG DIGITAL INTERVIEW

Konsolidierung der Startup-Szene, Rausflug aus globalen Logistik-Ketten, Reorganisation der Wirtschaft - die Digitalisierung wird auch vor Hamburgs Toren nicht halt machen. Am renommierten WeltWirtschaftsInstitut beschäftigt man sich in einem eigenen Forschungsbereich mit den Herausforderungen der Digitalisierung für die Freie und Hansestadt.

Der digitale Kopf des HWWI ist Direktor und Geschäftsführer des Instituts und Dozent an der Hamburger Wirtschaftshochschule HSBA. Unser HANSEPERSONALITY ist Prof. Dr. Henning Vöpel:

Sie leiten das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut HWWI. Wie weit hat die Digitalisierung bereits die Hamburger Wirtschaft erreicht - von Schifffahrt über Logistik bis zum Handel?


Die Hamburger Wirtschaft ist aufgrund ihrer Struktur von Digitalisierung stark disruptiv betroffen - gerade Handel und Logistik sind sehr bald an der Reihe. Umgekehrt hat Hamburg eine riesige Chance, Modellregion für digitale Transformation zu werden. Die Aufgabe ist allerdings außerordentlich groß, weil sie hohe Agilität der Akteure und eine kohärente Transformationsstrategie erfordert.

Es gibt bereits viele interessante Einzelprojekte und Initiativen in Hamburg. Aber es fehlt ein wenig an übergeordneter Vernetzung, denn dies ist das Prinzip der Digitalisierung: Durch den Austausch von Daten entstehen neue Schnittstellen zwischen den Branchen. Die Logik der Transformation erfordert, diese Vernetzung systematisch zu koordinieren.


Sie haben am HWWI einen eigenen Forschungsbereich für das Thema digitale Ökonomie eingerichtet. Womit beschäftigt sich “IDEAS@HWWI” konkret?


Ich betrachte die digitale Ökonomie als einen eigenen Forschungszweig, denn die durch Digitalisierung ausgelösten Veränderungsprozesse sind sehr tiefgreifend. Wir werden sie als Gesellschaft nur dann erfolgreich bewältigen, wenn wir ein umfassendes Verständnis der Folgen entwickeln. Das bedeutet, wir müssen erforschen, wie Technologie, Märkte und Regulierung zusammenwirken.



Wir wissen heute wenig über unsere Zukunft. Digitale Transformation ist wie eine Expedition: Wir erkunden Neuland. Dafür brauchen wir das Rüstzeug und eine neue Landkarte. Vor diesem Hintergrund habe ich bei uns am HWWI das Institute for Digital Economics and Applied Solutions IDEAS@HWWI gegründet mit dem Ziel, uns als Gesellschaft besser auf die Herausforderungen vorzubereiten.  


Aus den Ergebnissen Ihrer Forschung: Welche digitalen Technologien wirken am Stärksten auf die Veränderungen der Wirtschaft global ein?


Die stärkste disruptive Wirkung auf bestehende Geschäftsmodelle haben zunächst die großen Plattformen, die sich gerade überall bilden und zwischen Anbietern und Konsumenten schieben. Die nächste Welle an Disruption kommt von den Algorithmen und der künstlichen Intelligenz, die ihren Einsatz vor allem in der Industrie finden werden und die Wertschöpfungs- und Logistikketten erheblich verändern werden. Zusammen mit dem 3D-Druck wird sich dadurch die globale Wirtschaft völlig neu organisieren. Bestehende Netzwerke werden durch die neuen digitalen Beziehungen abgelöst.


Welche Geschäftsmodelle sind in der Digitalökonomie besonders erfolgversprechend - nicht nur kurzfristig im Zusammenhang auf Copycats?


Erfolgversprechend sind Geschäftsmodelle, die besonders disruptiv sind, denn sie treffen die etablierten Modelle in ihrem Kern und ziehen das Geschäft sofort und direkt an sich. Das sind heute vor allem solche Modelle, die sich den direkten digitalen Zugang zu Kunden und Vertriebswegen zu Nutze machen.


Welche rechtlichen Rahmenbedingungen muss die Politik, sowohl auf Stadt-, als auch auf Bundesebene für die digitale Wirtschaft schaffen?

Die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen sind essenziell. Digitalisierung basiert auf dem Austausch von Daten. Wenn dieser nicht stattfindet, weil Daten nicht hinreichend geschützt sind vor Missbrauch, Sabotage und Manipulation, scheitert Digitalisierung oder sie kommt gar nicht erst zustande. Bund und Länder müssen in diesen Fragen dringend zusammenarbeiten.

Mit der Regulierung ist eine Reihe offener Fragen verbunden, z.B. wie ein digitaler Patentschutz aussieht in einer Welt, in der Daten und Informationen zwischen Unternehmen offengelegt werden, zum Beispiel gegenüber Unternehmen aus Ländern, die keine ausreichende Datenschutzgarantie geben. Auch ethische Fragen werden von uns sehr explizit beantwortet werden müssen. Nehmen Sie die Frage, wie wir ein selbstfahrendes Auto programmieren wollen, wenn dieses in eine Unfallsituation gerät. Es kommen sehr grundlegende Fragen auf uns zu.   

Die Medienindustrie ist bereits umgebrochen worden. Wie sehen Sie die Zukunft der Hamburger Branchen Schifffahrt, Logistik und Handel?


In gewisser Weise sind diese Branchen als nächste dran und zwar sehr tiefgreifend. Denn sie sind gleichzeitig von mehreren digitalen Innovationen betroffen: der Bildung von Logistik-Plattformen, den Auswirkungen von intelligenten Algorithmen und dem 3D-Druck. Es wird darauf ankommen, daraus eine digitale Gesamtstrategie für den Hafen- und Logistikstandort Hamburg zu entwickeln.


Welches sind die größten Risiken für die traditionellen Hamburger Reeder, Schiffsmakler, Spediteure, Transporteure und Kaufleute in der global digital agierenden Welt?


Die größte Gefahr besteht darin, dass man jetzt die Transformation verpasst. Wer jetzt zu spät kommt, fliegt aus den globalen Ketten raus - womöglich für immer. Jetzt wird Zukunft gemacht.


Wie bewerten Sie die Zunahme an schnell wachsenden Startups im Digital-Umfeld? Sind Startups die Lösung zur Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft?


Startups sind enorm wichtig, weil sie die Veränderungsprozesse beschleunigen. Sie sind gewissermaßen die Revolutionäre der digitalen Revolution. Aber wenn wir in zehn Jahren auf heute zurückschauen, wird uns bewusst werden, dass dies nur die erste Welle der Digitalisierung ist. Der Startup-Szene steht eine enorme Konsolidierung bevor. Danach wird sich das Feld lichten und eine neue Qualität die Transformation bestimmen.

Wir reden dann über die Re-Organisation von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft insgesamt. Alle unsere Systeme - von Bildung, Gesundheit, Arbeit und Sozialstaat - werden sich verändern. Noch scheint es überschaubar, aber bald - wenn die Vernetzung sich potenziert und die Teile ineinandergreifen - wird die Entwicklung exponentiell sein und einen technologischen Sprung auslösen.


Zum Schluss unsere traditionelle Hamburg-Frage: Wie gut ist unsere Stadt in Politik und Wirtschaft aufgestellt, um die digitalen Herausforderung der kommenden Jahre zu meistern?

Insgesamt gut, aber in einigen Bereichen müssen wir Tempo aufnehmen und eine Vorstellung darüber entwickeln, wie wir die Stadt aus dem Status quo in ihre digitale Zukunft transformieren. Wichtig wäre es, einen Ort für digitale Transformation zu schaffen, an dem Digital real wird, also konkret in das urbane Leben einfließt. Über einen solchen Ort ließe sich die notwendige Agilität des doch noch eher traditionellen Wirtschaftsstandortes Hamburg erzeugen.

Innovationen entstehen im digitalen Zeitalter anders als früher. Dafür müssen wir die Innovationsstrukturen umbauen, wir benötigen ein experimentelles, interdisziplinäres und kollaboratives Innovationssystem, das zwischen Wirtschaft und Wissenschaft viel offener und durchlässiger ist und alle Akteure zusammenbringt.   

Vielen Dank für die spannenden Insides!

Das Interview führte Thomas Keup.


* * *


Hamburg Digital Background:

HANSEEXKLUSIV: Hamburg bekommt Logistik-Innovations-Park "Hammerbrooklyn"

IDEAS@HWWI


Ihr Hamburg Digital Marketing _______________________________________

WILLKOMMEN bei HANSVALLEY - dem erfolgreichen Hamburg Digital Magazin:
  • HANSEVALLEY wird gelesen - in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
  • HANSEVALLEY wird zitiert - in Medien, Pressearbeit und Marketing. 
  • HANSEVALLEY wird gefragt - von Entscheidern, Kammer und Senat.

Nutzen Sie echten Journalismus - mit Editorial Marketing, Redaktion + Distribution:
  • Platzieren Sie überzeugende Botschaften - für Ihre digitalen Positionen.
  • Gewinnen Sie erstklassige Mitarbeiter - für Ihre digitale Zukunft.
  • Begrüßen Sie passende Teilnehmer - auf Ihren Digitalevents.

Sprechen wir über Ihre besonderen Chancen in einem exklusiven Umfeld:

Fragen Sie nach den aktuellen Willkommensangeboten
für HANSEPARTNER, Netzwerk- und Redaktionspartner!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen