Dienstag, 23. Januar 2018, am historischen Zeughausmarkt in der Neustadt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besucht zusammen mit seiner Frau Elke Büdenbender die weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannte Hacker School. Mit viel Zeit und großer Freude lassen sich das Staatsoberhaupt und die First Lady die Arbeit ehrenamtlicher IT-Inspirer, integrierter Flüchtlinge mit IT-Expertise und der Organisatoren um die Ministry Group erläutern.
Großer Tag für ihr Engagement: Frank-Walter Steinmeier zu Gast. Foto: HANSEVALLEY |
Seit 2014 treffen sich in der Hacker School 2x jährlich Kids in Kursen, um gemeinsam Hardware und Software kennenzulernen. Ein ganzes Wochenende betreuen IT-Experten als ehrenamtliche Inspirer bis zu 60 Kinder zwischen 11 und 18 Jahren in bis zu 6 parallelen Sessions. Im Mittelpunkt: Sensibiisierung für die spannende IT-Welt. Ein Hamburg Digital Report:
Samstag, 24. März d. J. im ehemaligen Hotel am Zeughausmarkt: Im Erdgeschoss des Hamburger IT-Dienstleisters Ministry Group spielen, testen und experimentieren gut 50 Kinder und Jugendliche mit digitaler Technik. In 5 Räumen führen ehrenamtliche Inspirer den jungen Nachwuchs in 6 Kursen an die Möglichkeiten der Informatik heran. In einem lichtdurchfluteten Raum mit Deckenfresken und Dielenböden aus dem Jahr 1825 nehmen Kids alte ThinkPads auseinander, lernen die Funktionsweise von Pentium-Prozessoren kennen. 2 System-Administratoren betreuen die Gruppe bei ihrer Reise durch die PC.
Begeisterte Kids bei ihrer Reise durch den PC. Foto: Hacker School |
"Jedes Kind soll einmal in der Hacker School gewesen sein."
Es gibt keinen Lehrplan und keine Frontalbeschallung betont Co-Founder Andreas Ollmann im Gespräch. Die Kids entscheiden sich zu Beginn für ein Thema, dass sie interessiert. Die ehrenamtlichen Inspirer entscheiden, wie sie welche Inhalte spielerisch vermitteln wollen. Von Robotersteuerung über Spieleprogrammierung bis zur Reise durch den PC reicht die Bandbreite der Themen. Zum 8. Mal treffen sich Kids und Techis an diesem Wochenende an der Ost-West-Straße unweit des Michels. Keine 4 Wochen nach Freischaltung der Online-Ameldung war das Frühjahrsangebot ausgebucht.
Von Kontorhaus und Hotel zur Hamburger Hacker School. Foto: HANSEVALLEY |
"Die Teilnehmer kommen nicht über die Schule."
Alles fing vor 4 Jahren ganz klein an: Ein Einseiter lud zum Infoabend ein, verschickt über den Verteiler von Ministry. Rd. 40 Besucher folgten der Einladung, 13 Kurse konnten Anfang 2014 vom Fleck weg angeboten werden, um als Inspirer die Arbeit der Initiative zu unterstützen. Mit den 2x jährlich angebotenen Wochenenden kamen neue Unterstützer hinzu. Rd. 3 Monate braucht es, ein Wochenende mit bis zu 60 Kindern und Jugendlichen zu organisieren. Dazu gehören Termine abstimmen, Inspirer koordinieren, die Kurse planen. Rund 2 Monate vor dem Kick-off wird die Einladung freigeschaltet.
"Die Anmeldungen kommen fast ausschließlich aus den Familien, nicht über die Schulen", sagt der Hamburger IT-Unternehmer Ollmann. Die Zielsetzung ist klar: "Wir wollen den Kindern ermöglichen, sich später für einen Job in der Informatik zu entscheiden." Das ist so über die Schule heute nicht möglich, auch wenn die Staatsministerin für Digitales im Bundeskanzleramt - Dorothee Bär - Informatik flächendeckend an Deutschlands Schulen einführen will. "Wir sind Unternehmer, deshalb machen wir etwas außerhalb der Schule". ist der Bremer Ökonom stolz auf das Engagement mit seinen Co-Foundern David Cummins und Timm Peters.
"Man kann sehr früh mit der Logik für Programmierung anfangen."
First Lady Elke Büdenbender (Mi.) ist begeistert von "Micro-bits" Foto: HANSEVALLEY |
In Hamburg werden die Initiativen vom Bildungsprogramm "Digitale Mündigkeit" der Körber-Stiftung koordiniert und die unterschiedlichen Organisationen zum Erfahrungsaustausch vernetzt. Dabei sind die meisten Aktivitäten im Kern ehrenamtlich, teilweise nur unterstützt durch öffentliche Förderung oder Firmensupport. Erfreulicher Weise sind u. a. mit "Chaos macht Schule", der "Code Week Hamburg", der Hacker School, der Körber-Stiftung, "Jugend hackt" sowie der "Haba Digitalwerkstatt" vergleichsweise viele Initiativen an Alster und Elbe aktiv.
Die Kids können sich ohne elterliche Einflüsse ausleben und gehen auf.
Engagiert für den IT-Nachwuchs: Unternehmer Andreas Ollmann Foto: Hacker School |
Jetzt hat das ehrenamtliche Projekt der Hamburger Hacker School die nächste Stufe gezündet. Wie beim jungen Berufsnachwuchs geht es um die Idee, Talente für die Informatik zu gewinnen. Der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, First Lady Elke Büdenbender und Hamburgs damaligen Ersten Bürgermeister Bürgermeister Olaf Scholz hatte genau diesen Hintergrund: Mit "Hacker School Plus" bieten die Hamburger auch Geflüchteten mit IT-Kenntnissen die Chance, als Inspirer einen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu bekommen, um anschließend schneller und einfacher in IT-Abteilungen und -Unternehmen vermittelt werden zu können.
"Hacker School Plus": Jeder 6. Flüchtling hat einen Tech-Hintergrund
Nach einem sorgfältigen Auswahlprozess haben die jungen Flüchtlinge die Chance, als Inspirer ihre Fähigkeiten einzubringen. Im nächsten Schritt können sie oft ein Praktikum bei einem Hamburger IT-Anbieter beginnen - der Start ihrer beruflichen Laufbahn in Hamburg. "Wir wollen Leute, die was können und eine Affinität haben"; betont David Cummins die Intention von "Hacker School Plus", dem neuen Programm vom Zeughausmarkt. Andreas Ollmann erläutert: "Ich bin über Impact Dock gestolpert." Das Hamburger Innovations-Startup fand bei einer Umfrage in einer Flüchtlingsunterkunft heraus: Jeder 6. Geflüchtete hat einen Tech-Hintergrund.
IT-Profi Muhamed Lakms mit Olaf Scholz in der Hacker School Foto: Hacker School |
"Wir hätten mehr als 20 Kandidaten, die wir sofort vermitteln können."
Natürlich geht das nicht ohne Beantwortung der entscheidenden Fragen: Wie sieht es intellektuell und bildungsseitig aus? Welche sozialen oder sprachlichen Barrieren sind zu überwinden? Reichen die beruflichen Erfahrungen, um im Hochtechnologieland Deutschland mitzuhalten? Zusammen mit einem erfahrenen Jura-Professor aus Damaskus schaut sich das Team zunächst die Lebensläufe an. Zur Verständigung sind deutsche Sprachkenntnis auf B1 erforderlich. Gut gebildete junge Syrer sind nicht selten bereits nach kurzer Zeit auf fortgeschrittenem Niveau B2 oder C1, ergänzt durch Englischkenntnisse.
Über die Bezirke kamen die ersten Empfehlungen für Teilnehmer zu "Hacker School Plus". Im Oktober '17 startete die erste Hacker School mit drei Flüchtlingen. Das hoffnungsvolle Ergebnis des "Beta-Tests": Ein Inspirer konnte kurze Zeit später fest angestellt werden, ein weiterer IT-Experte eine Ausbildung beginnen. Ende 2017 ging das Programm live. Bei der Frühjahrssession im März d. J. waren schon 5 Inspirer dabei. Mit Unterstützung der Hamburger IT-Beratung Alphacoders findet dann der Vermittlungsprozess für die Berufslaufbahn statt.
"Auf diese Weise entstehen viele neue Chancen für alle Beteiligten."
An hoffnungsvollen Talenten fehlt es nicht: "Wir hätten mehr als 20 Kandidaten, die wir sofort vermitteln könnten" unterstreicht Andreas Ollmann, und ergänzt: "Ich glaube, es wissen einfach noch zu wenige." Obwohl viele IT-Anbieter und -Dienstleister konkreten Bedarf an Ingenieuren haben, fehlen ausreichend Unternehmen, die das Projekt aktiv nutzen. Generell freuen sich die Macher über große Offenheit, flexible Rekruting-Prozesse sowie die Vermittlung und Empfehlung. Doch wäre hier deutlich mehr möglich.
Rocken die Zukunft: Hamburger Kids bei der Hacker School. Foto: Hacker School |
Mit 350.000,- € aus dem 2016 verabschiedeten Hamburger Integrationsfonds kann der hinter der Hacker School stehende, gemeinnütze Verein i3 e. V. jetzt über 2 Jahre eine Vollzeit- und zwei Teilzeitkräfte finanzieren, um das Projekt weiter hochzufahren. "Auf diese Weise entstehen viele Chancen für alle Beteiligten", sagt Andreas Ollmann anläßlich des Besuchs von Frank-Walter Steinmeier am Zeughausmarkt Ende Januar d. J. " Geplant sind monatliche Sessions. Dazu Bedarf es weiterer Kandidaten und Kooperationspartner, die koordiniert werden müssen.
Das Hacker School und "Hacker School Plus" Herzensprojekte sind, zeigen die leuchtenden Augen der Schüler an diesem kühlen Samstag-Nachmittag am Zeughausmarkt. Andreas Ollmann bestätigt zum Abschied die wichtigste Erfahrung aus 4 Jahren Hacker School: "Es funktioniert nur, wenn die wichtigsten Personen, die die Kurse geben, das mit Begeisterung und Freude machen." Der Erfolg gibt dem engagierten Team der Hamburger Ministry Group Recht. Vielleicht die schönste Empfehlung, damit weitere Unternehmen dazukommen.
Hamburg Digital Views:
HANSESTATEMENT Dorothee Bär - die richtige Frau zur richtigen Zeit:
http://hh.hansevalley.de/2018/03/hansestatement-dorothee-baer.html
Hamburg Digital Background:
Hacker School + "Hacker School Plus" Hamburg:
www.hacker-school.de/
Körber-Stiftung - Bildungsprogramm "Digitale Mündigkeit":
www.koerber-stiftung.de/themen/digitale-muendigkeit
Alphacoders - IT-Personalvermittlung Hamburg:
www.alphacoders.de/
---
PROGRAMME FÜR INFORMATIK IN DER SCHULE:
"Calliope" - programmierbarer Minicomputer:
https://calliope.cc/
"Chaos macht Schule" - Weiterbildungsprogramm:
https://ccc.de/schule
"Code Week Hamburg" 06.-21.10.2018:
http://hamburg.codeweek.de/
"Jugend hackt" - Programmierkurse:
https://jugendhackt.org/
Haba Digitalwerkstatt - Nachwuchsangebot:
http://www.digitalwerkstatt.de/
"Micro-bit" - programmierbarer Minicomputer:
http://microbit.org/de/
(Aufstellung in alphabetischer Reihenfolge, kein Anspruch auf Vollständigkeit, Änderungen und Irrtümer vorbehalten)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen