Mittwoch, 27. September 2017

HANSESTATEMENT: Hamburg, #daswarsmitmedien, oder?

Ein HAMBURG DIGITAL STATEMENT von
Herausgeber & Chefredakteur Thomas Keup

Am Donnerstag öffnet im traditionsreichen Kehrwieder-Theater zum mittlerweile 9. Mal das "Scoopcamp" seine Pforten. Die laut Eigenwerbung "Innovationskonferenz für Medien" diskutiert in diesem Jahr digitale Konzepte von fernen Kontinenten - aus Florida und Nigeria. Außerdem auf der Tagesordnung: eine "digitale Sozialreportage", Design Thinking bei "Zeit Online"und ein Medien-Prototyping, das den "gesamten öffentlichen Raum" umfassen soll. 


HANSEVALLEY-Chefredakteur Thomas Keup
Foto: Stefan Kney
Sind Design Thinking, Prototyping und Sozialreportage geeignete Lösungsansätze für die in der Sturmflut befindliche Medienbranche Hamburgs? Werden interkultureller Austausch und trendige Kreativtechniken Hamburgs Blattmacher der Morgenpost wieder in Lohn und Brot bringen? Wie ist es bestellt um Arbeitsplätze und Standortpolitik in der einstigen Medienhauptstadt Deutschlands. Ein Hamburg Digital Statement:

Vor einem Jahr hörte ich Carsten Brosda auf dem "Scoopcamp" zum ersten Mal. Damals war mein Gedanke: Endlich ein Politiker, der die Medienbranche versteht und Klartext spricht. Endlich ein Praktiker, der die Leitbranche mit Rat und Tat unterstützt. Mit Weggang engagierter Mitarbeiter und dem Umzug des Medienamtes ist es schläfrig geworden in der Hamburgischen Medienförderung.

Ein Jahr, einen schmutzigen Shitstorm und einen häßlichen Hatespeech Hamburger Szene-Protagonist*innen später, komme ich zu dem Ergebnis: an der Elbe wird in Sachen Medien offensichtlich nur mit lauwarmem Wasser gekocht. 'The same procedure as every year' lautet offensichtlich die Devise in der kleinen Welt der "Next Media", finanzierter "Moonshot"-Konferenzen, "Leitevents" und Citylight-Poster. Im Gegenzug dazu sah ich in den vergangenen drei Monaten gleich drei "Medienflöcke", die nicht in Hamburg "eingeschlagen" wurden:

"Führende Publizistische Marke" in der digitalen Welt
  • Am 26. Juni d. J. eröffnete das Nachrichten-Portal "T-Online" mit 45 Redakteuren seinen neuen, zentralen Newsroom in ... der Torstraße, Berlin-Mitte. Das zum Werbevermarkter "Ströer" gehörende, mit 4.000 öffentlichen Videobildschirmen und 47 Millionen Nutzern pro Monat deutschlandweit reichweitenstärkste Portal soll zur "führenden publizistischen Marke" in der digitalen Welt ausgebaut werden. Flock 1.
Technologie-Showcase für die „Neue Welt des Arbeitens“
  • Am 31. Juli d. J. eröffnete der Software-Riese "Microsoft" mit über 70 Redakteuren zusammen mit der Content Marketing Agentur "C3" für die Online-Nachrichten-Marken "Bing, "Edge" und "MSN" seinen neuen, internationalen Newsroom in ... der Spandauer Straße, Berlin-Mitte. Für Microsoft ist der internationale Standort zugleich "Technologie-Showcase für die neue Welt des Arbeitens". Flock 2.
Europas größtes YouTuber-Festival mehr als 20.000 Besuchern
  • Am 24. und 25. August d. J. trafen mehr als 10.000 Fans der Generation "Z" aus ganz Deutschland auf 500 geladene YouTube-Stars mit zusammen mehr als 100 Mio. Fans ... in der Lanxess-Arena, Köln. Die "VideoDays" finden ihre Fortsetzung am 9. und 10. Dezember d. J. in ... der Mercedes-Benz Arena, Berlin. Flock 3.

Nextmedia-Studie bestätigt: Berlin ist Medienstandort Nr. 1

Die aktuelle Studie der Medieninitiative "Nextmedia Hamburg" zusammen mit dem Business-Netzwerk "Xing" bestätigt: Berlin ist der führende Medienstandort Deutschlands. Die meisten "Media Worker" sind an der Spree zu Hause. Mit 64.000 Journalisten und Kommunikateuren, Marketern und Kreativen liegt die Spreemetropole deutlich vor Hamburg mit 53.000 Medienschaffenden und München mit 50.000 Profis.

Mehr als 443.000 von insgesamt rd. 528.000 Medienschaffenden arbeiten laut Xing-Profiauswertung heute in klassischen Medien und Redaktionen - ein Anstieg von 18.000 Arbeitsplätzen im Vergleich zum Vorjahr. Ein Sechstel bzw. 84.000 arbeiten außerhalb von Medien und PR sowie Marketing und Kreation, vornehmlich in Internet- und IT-Unternehmen. Die Medien-, PR-, Marketing- und Werbebranche wächst.

Die Schlüsselfrage lautet:

Warum profitiert vor allem Berlin von neuen, digitalen Medienangeboten - wie dem "Microsoft"-Newsroom, dem "T-Online"-Newsroom und den "VideoDays"? 

Oder andersrum gefragt:

Warum schafft es Hamburg nicht, neue, digitale Medienangebote an die Elbe zu holen? Warum verliert unsere Stadt weiterhin an Boden gegenüber Berlin?

"Friends & Family"-Videos mit durchweg 2-stelligen Abrufraten 

Ein Blick von außen auf die Hamburger Szene schafft Klarheit: Schaue ich auf Plakate, Publikationen und Events von "Nextmedia Hamburg", sehe ich vornehmlich die gleichen Gesichter: einen "DPA"-Chefdigitalisierer, eine "NMA"-Vorzeigefrau, einen "OMR"-Frontmann, eine "Xing"-Chefredakteurin und einen "12min"-Co-Founder. Fast alle genannten Protagonist*innen profitieren von der Hamburger Medienförderung. Aber sind sie es auch, die Hamburgs gewaltige Medienbranche bewegen?

Bei allem Respekt vor der Arbeit der Medien- und Techmacher sowie vor Carsten Brosda: Wo sind die Innovatoren der laut Hamburg Marketing mehr als 3.000 Presse- und Rundfunkhäuser an Alster und Elbe? Wo sind die Innovationen der Zeitungs-, Zeitschriften-, Buch- und Fachverlage? In den "Friends & Family"-Filmchen mit Abrufraten im durchweg unteren zweistelligen Bereich jedenfalls nicht. Die Relevanz der kostspieligen Videos gleicht einem Versagen der beauftragten Agentur.

Medien in Florida und Nigeria - oder Hafencity und Neustadt?

Wo sind die Macher der digitalen Medienangebote im Social Web, wie "YouTube"? Warum lassen Medienamt und Medieninitiative die Veranwortlichen nach Berlin und Köln ziehen, um dort mit jeweils 500 Social Media Stars die nächste echte digitale Party zu feiern? Warum finden die "VideoDays" nicht in der "Hamburg Messe" statt? Ein Verweis auf das - wie der Name schon sagt - Marketing-Festival "OMR" ist an dieser Stelle nur bedingt geeignet.

Klar ist: Medientechnologien, wie Augmented- und Virtual Reality (gefördert durch "NextReality Hamburg") sowie Gamestechnologien (gefördert durch "Gamecity Hamburg") werden den Medienstandort nach vorn bringen. Allein der Carlsen-Verlag hat mehr als 20 interaktive Bücher mit AR-App herausgebracht - entwickelt seit 2015, vorgestellt am Dienstag-Abend in der Hamburg Digital Community NEXTHANSE. Unterstützung und Anerkennung der staatlichen Medienförderer für diese Medieninnovation? Nicht vorhanden ...

Diskussionen und Preisverleihungen zu Digitalprojekten in Florida oder Nigeria werden keinen einzigen neuen Arbeitsplatz zwischen Hafencity und Neustadt schaffen und den gefeuerten Mopo-Redakteuen wieder eine Chance auf ein sicheres Einkommen ermöglichen. Kein Medienjob in einem der 2.100 Verlage und rd. 1.000 Hörfunk-, Fernseh- und Produktionsstudios wird durch "Reisen in ferne Länder" gesichert. Das kuschlige Scoopcamp macht eher den Eindruck einer Filterblase gut genährter Profiteure.

"Kleingeistig wirkendes Verhalten und provinzielle Haltung"

Es mag sein, dass es an Alster und Elbe bislang nicht schicklich war, offensichtliche Missstände anzusprechen. Als Medienmacher mit mehr als 25 Jahren journalistischem Background und 19 Jahren kommunikativen Erfahrungen tut es mir jedoch leid zu sehen, wie die einstige Medienhauptstadt nach dem Aderlass durch "Axel Springer", "DPA" und "Studio Hamburg" auch digital massiv an Boden zu verlieren droht. Und ein Ende ist bis heute nicht in Sicht.

Diskussionswürdig dürfte auch das kleingeistige Verhalten der Veranstalter von "Next", "OMR", "Scoopcamp" oder "Voccer" sein. Fadenscheinige Argumente, um nicht hofberichterstattende Medien vor der Tür stehen zu lassen, zeigen das wahre Gesicht subventionierter Medien- und Marketingevents, ihrer Agenturen und die zutiefst provinzielle Haltung. Das ist weder Weltstadt, noch Tor zu Welt. Das ist unter dem Niveau der liberalen Hansestadt. Aber Liberalität endet für einige Spezialisten bekanntlich bei der eigenen Meinung.

"Beliebteste deutsche Medienstadt": das 'Pfeiffen im Walde'?

Die jüngsten Beispiele von neuen, digitalen Medienangeboten in Berlin zeigen mir, dass es den Verantwortlichen im Amt Medien trotz millionenschwerer Etats bislang nicht gelungen ist, überzeugende Konzepte zu entwickeln, dem Medienstandort von Rudolf Augstein, Gerd Bucerius, John Jahr und Axel Springer neues, digitales Leben einzuhauchen - fernab von US-Internetgrößen und Marketingplayern. Die Promotion um den "beliebtesten Medienstandort" erinnert mich an das berüchtigte 'Pfeiffen im Walde'.

Ohne Medien ist Marketing nur Reklame ohne Wert. Das haben die Verantwortlichen von "Facebook" und "Google" auf der "Dmexco" mehr als einmal betont. Oder wie es "Mr. Media" Thomas Koch auf den Punkt bringt: "Ohne Haltung ist Content nur noch mehr Müll auf der Werbehalde." Die "beliebteste deutsche Medienstadt" sollte sich bewusst werden, 1. woher sie kommt, 2. wofür sie wirklich steht und 3. wohin sie will. Sind Marketing-Krawall, Startup-Durchlauferhitzer und "Friends & Famliy"-Filmchen eine wirkungsvolle Förderung des Medienstandorts Hamburg? 

Hamburgs Medienszene an "Tag 2", gefangen im Stillstand?

Das Thema Tech hat der "MediaTech Hub Potsdam" besetzt - in Tradition von Albert Einstein und Hasso Plattner, mit Studio Babelsberg vor den Toren der Medienhauptstadt Berlin. Das Thema Startup-Support hat die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf auf die Tagesordnung gesetzt: 1.000,- € pro Monat über 1 Jahr für 1.000 Startups, um den Gründerstandort NRW einschl. der Medienstadt Köln zu fördern. Einzig die branchenübergreifende Zusammenarbeit von Kreativwirtschaft und traditionellen Branchen scheint ein Lichtblick mit Potenzial zu sein - entwickelt von der Kreativgesellschaft. 

Ist Hamburg noch in der Vitalität von "Tag 1", wie es Jeff Bezos fordert, besessen von Kunden, skeptisch gegenüber Lösungen im Schneckentempo, eifrig bei der Aufnahme neuer Trends und schnell beim Finden von Entscheidungen? Oder ist die Medienszene schon an "Tag 2", gefangen im Stillstand, gefolgt von Irrelevanz und einem qualvollem Niedergang? Die Tatsachen rund um "Microsoft", "T-Online" und "VideoDays" sowie die sinnfreien Abwehrgefechte lokaler "Medienprominenz" lassen nichts Gutes ahnen.

Hinweise, Anregungen und Kritik zum Hamburg Digital Statement sind herzlich willkommen unter hamburg@hansevalley.de.

* * *

 Hamburg Digital Background: 

Eröffnung des "T-Online"-Newsroom in Berlin
www.t-online.de/finanzen/boerse/news/id_81517664/eroeffnungsfeier-in-berlin-neuer-newsroom-fuer-t-online-de.html

Eröffnung des "Microsoft"-Newsroom in Berlin
https://news.microsoft.com/de-de/microsoft-startet-internationalen-newsroom-mit-c3-in-berlin/

Eröffnung der "VideoDays" 2017 in Köln
www.rp-online.de/nrw/staedte/koeln/videodays-2017-in-koeln-tausende-fans-treffen-youtube-idole-aid-1.7032650

 Hamburg Digital Statements: 

Wirtschaftscluster + Koordination:
HANSESTATEMENT: Ein digitaler Lotse auf der Hamburger Brücke.

Wirtschaftshauptstadt + Startupcity:
HANSESTATEMENT: Perspektiven für Erwachsene in der digitalen Hansestadt.


Sonntag, 24. September 2017

HANSEPERSONALITY Jennifer Lachman: "Wir werden uns verstärkt mit Videoinhalten beschäftigen."

HAMBURG DIGITAL INTERVIEW

Hamburg-Neustadt, Dammtorstraße am Gänsemarkt. Hinter der gläsernen Fassade verbirgt sich das journalistische Herz das Business-Netzwerks "Xing". Auf 3 Etagen arbeiten insgesamt mehr als 500 Mitarbeiter am Erfolg des deutschsprachigen Business-Netzwerks. Mit "Xing News" hat sich die Karriereplattform selbst zu einem Medium entwickelt - mit eigenen Inhalten  und einem Ohr für die Expertise seiner Nutzer.



"Xing"-Chefredakteurin Jenniger Lachmann
Foto: Xing AG
Das grüne "Xing" ist die Content-Fabrik der Burda-Tochter in Hamburg. Journalisten und Werkstudenten, Entwickler und Designer arbeiten hier im Herzen des größten der 3 "Xing"-Standorte an Inhalten und Traffic für den "Linkedin"-Konkurrenten. An ihrer Spitze steht eine langjährig-erfahrene Wirtschaftsjournalistin. Unser HANSEPERSONALITY ist "Xing"-Chefredakteurin Jennifer Lachman:

Steigen wir mitten ein ins Tagesgeschäft: Im Rahmen Ihrer Serie "10 Wochen - 10 Themen" zur Bundestagswahl haben Sie die AfD voll mit einbezogen? Sie waren US-Korrespondentin, Medienredakteurin und Wirtschaftsredakteurin? Warum haben diese Entscheidung getroffen?

Wir haben Xing-Klartext vor zwei Jahren als pluralistische, politisch neutrale Plattform gestartet. Unser Ziel ist es, einen Raum zu bieten, in dem sich die 12 Millionen Xing-Nutzer miteinander austauschen können – auch über kontroverse Inhalte. Das Prinzip ist immer: eine Debatte, mehrere Standpunkte – von Experten, Betroffenen, Beobachtern. Die Nutzer können sich dann über die verschiedenen Meinungsbeiträge ihr eigenes Urteil bilden und miteinander austauschen. Wir wollen das Gegenteil von Filterblase und Echokammer sein.

Wir haben im Rahmen unserer Wahlberichterstattung zehn aktuelle Fragen an die Spitzenpolitiker der Parteien gestellt: 'Sollte Deutschland mehr Geld für Rüstung ausgeben? Was tun, damit die digitale Revolution nicht zum Jobkiller wird? Wie lässt sich die Migration steuern?' Die AfD sitzt in 13 von 16 Landtagen. Sie hat realistische Chancen, in den Bundestag einzuziehen. Wir fanden es enorm wichtig, dass auch sie den Wahlberechtigten ihre Positionen offen und konkret darlegt – und das im direkten Vergleich mit den anderen fünf großen Parteien.

Hätten wir sie nicht beteiligt, hätte das den „Opfer-Mythos“ derjenigen gestärkt, die meinen, die Presse würde die AfD bewusst ausschließen. Die Brexit-Entscheidung und die Wahl von Donald Trump haben uns gezeigt: Es ist gefährlich, Meinungen zu ignorieren, wenn sie nicht in das eigene Weltbild passen. Deswegen können sich die Nutzer bei uns informieren: 'Warum hält die AfD Klimaschutz für einen Irrweg? Warum spricht sie sich gegen Inklusion aus? Wie ist es wirklich um ihr Frauenbild bestellt?' Manche haben uns dafür kritisiert, dass wir der AfD eine Plattform gegeben haben. Viele fanden es aber auch genau richtig.

Seit 2 Jahren gibt es "Xing Klartext" - eine eigene Redaktion innerhalb des Business-Netzwerks "Xing". Warum produzieren Sie als Journalistin zusammen mit einem fast 10-köpfigen Team eigene Inhalte? Worin unterscheiden sich Ihre Geschichten von denen klassischer Medien?

Xing wandelt sich immer mehr vom virtuellen Adressbuch zu einer Plattform, die unseren Nutzern all das bieten soll, was sie brauchen, um im Job voranzukommen. Neben den Kontakten sind das Stellenanzeigen und inzwischen eben auch journalistische Inhalte. Wir produzieren bei Xing Klartext mindestens eine Debatte am Tag. Die Bandbreite reicht von Themen rund um Job & Karriere wie 'Haben Schwule und Lesben wirklich die gleichen Chancen im Job?' über Trendfragen wie 'Künstliche Intelligenz: Wird unser Leben bald von Robotern beherrscht?' bis hin zu aktuellen Themen, wie zum Beispiel die Bundestagwahl.

Unsere Arbeit ähnelt die einer klassischen Redaktion: Themen identifizieren, setzen, spannende und kompetente Gesprächspartner finden und für sich gewinnen. Wir wollen informieren, unterhalten und zum Nachdenken anregen. Was uns unterscheidet? Bei uns stehen die Reaktionen der Nutzer stärker im Vordergrund als bei klassischen Medien: Wir lesen die hunderte Kommentare, die uns täglich erreichen, und ziehen daraus weitere Beiträge, wenn sie die Ursprungsdebatte bereichern und ergänzen. Der Prozess ist also interaktiv. Da steht dann der Beitrag des Xing-Nutzers, der Automobilexperte ist, plötzlich neben dem des Automobil-Vorstands.

Sie sitzen zusammen mit Entwicklern, Designern und QA-Experten in einer Unit rund um das Thema News. Mehr als 20 Techis und fast 10 "News-Junkies" aus 14 Nationen unter einem Dach an der Dammtorstraße. Was macht Ihre Kultur in der täglichen Arbeit aus?

Xing ist ein sehr internationales, multikulturelles Unternehmen. Amtssprache ist daher auch Englisch. Es ist eine sehr junge Firma, die sich trotz einer Größe von fast 1000 Mitarbeitern den Start-up-Charakter erhalten hat. Unsere Hierarchien sind flach, alle Chefs – bis hin zu unserem Vorstandschef Thomas Vollmoeller – sitzen mit im Großraum. Alle duzen sich. Es ist ein Unternehmen, das den "New Work"-Ansatz wirklich lebt: Thomas (Vollmoeller) hat vergangenes Jahr als erster CEO einer börsennotierten Firma ein Sabbatical gemacht, bei uns arbeiten viele – auch männliche – Führungskräfte in Teilzeit.

Als ich vor zwei Jahren anfing und das Redaktionsteam aufgebaut habe, haben mir ein paar Tech-Kollegen später gestanden, dass sie etwas nervös waren: 'Wie sind Journalisten so? Wie arbeiten die? Reden die nicht irre viel?' Unser Team wurde aber schnell integriert und heute lachen wir darüber. Die Schallwand, die wir aufgestellt haben, hilft aber sicherlich auch. :-)

Zu Ihren Leitthemen gehören die Arbeitswelt von Morgen (Stichwort "New Work"), Personalentwicklung in Unternehmen und wichtige Leitbranchen der Wirtschaft. Wie passt ein Videoformat wie "Xing Talk" in das Konzept? Und wie geht das Talk-Format weiter?

Wir haben Xing Talk im Sommer 2016 gestartet: Auch bei unseren Nutzern steigt die Nachfrage nach Bewegtbild- und Podcast-Formaten. Wir haben daher einen unserer Meeting-Räume umgebaut, in das kleinste, aber schönste TV-Studio der Welt. Zum Start hatten wir tolle, prominente Gäste: Dietrich Grönemeyer hat über Achtsamkeit und die Zukunft der Medizin gesprochen. Heike Henkel darüber, wie sie Spitzen-Managern beibringt, mit Hochstressphasen umzugehen.

In der zweiten Staffel, die im Oktober beginnt, wollen wir ausprobieren, wie nutzwertige Inhalte funktionieren: Wir produzieren gerade Xing Talks, die unsere Nutzer beruflich weiter bringen sollen. Von Tipps für Berufsanfänger, die ihr erstes Gehalt verhandeln wollen bis hin zum älteren Arbeitnehmer, der wissen will, wie er sich am besten auf die Rente vorbereiten kann.

Sie öffnen sich mit dem Netzwerk gegenüber traditionellen Medienhäusern als Vertriebsplattform. So hat das Magazin "Business Punk" rd. 135.000 Follower bei Ihnen. Wie funktioniert die Vermarktung für Ihre Kunden aus Verlagen und Medienkonzernen?


Wir sehen die Verlage und Medienkonzerne, mit denen wir arbeiten, nicht als Kunden, sondern als Partner. Als wir vor ein paar Jahren anfingen, im Content-Segment aktiver zu werden, haben wir als erstes die Branchen-Newsletter gestartet: ein Algorithmus stellt die Artikel zusammen, die im Netz besonders viel gelesen oder geteilt werden. Diese Newsletter wurden von unseren Mitgliedern sehr gut angenommen, so dass wir das Thema schnell ausgebaut haben. Heute liefern wir einmal am Tag „das Wichtigste kompakt“ für mehr als 25 Branchen – und das an 5 Millionen Nutzer in der Woche.

Durch die hohe Verbreitung und Nutzung hat sich Xing für viele Verlage und Medientitel zu einem der wichtigsten Traffic-Lieferanten entwickelt, so dass mehr als 450 von ihnen inzwischen eigene News-Seiten auf XING pflegen, um diesen Effekt zu verstärken. Wir stehen mit den Machern und Entscheidern bei den Verlagen – vom Großverlag bis hin zu den kleinen Fachverlagen – im persönlichen Kontakt und entwickeln das Geschäft partnerschaftlich weiter. 

Vor wenigen Wochen haben wir News Plus gestartet, um Medien dabei zu unterstützen, auch kostenpflichtige Inhalte zu vertreiben. Dazu kooperieren wir mit Medien wie "Die Welt", "Die Deutsche Verkehrszeitung" oder die "Zeit Akademie".

Branchennewsletter, Expertengeschichten, Videointerview, Paid Content-Plattform: Was dürfen wir als Nächstes von "Xing News" erwarten? Wird das Business- und Karrierenetzwerk zu einem YouTube fürs Geschäft? Verraten Sie uns ein wenig, was Sie planen!


Tatsächlich haben wir in den vergangenen Jahren mit einer hohen Geschwindigkeit neue Formate entwickelt und an den Markt gebracht. Jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir uns verstärkt auch damit beschäftigen, die einzelnen Angebote inhaltlich zu schärfen und noch besser aufeinander abzustimmen. Aber ganz ohne neue Formate können wir auch wieder nicht. Verraten kann ich zumindest, dass wir uns verstärkt mit Video-Inhalten beschäftigen werden.

In Pöseldorf frühstücken und am Hamburger Berg feiern - das ist es, was Sie persönlich schätzen. Sie leben als gebürtige Britin seit rd. 27 Jahren in Deutschland und sind gerade eingebürgert worden. Ganz privat: Was lieben Sie an Hamburg - privat wie beruflich?

Die Vielfalt: Wer mag, kann in Pöseldorf frühstücken und abends am Hamburger Berg feiern gehen. Jeder Stadtteil hat seine Eigenheiten. Außerdem: das Wasser. Im Sommer liebe ich stehpaddeln auf der Alster, im Winter lange Spaziergänge an der Elbe. Beruflich macht es mir derzeit irre Spaß, mich mit den anderen Digitalkonzernen zu vernetzen: Die Kolleginnen und Kollegen von Google oder von Dropbox sitzen ja alle quasi um die Ecke.


* * *

Vielen Dank für die offenen Antworten!

Das Interview führte Thomas Keup.


 Hamburg Digital Background: 

Xing News-Überblick
www.xing.com/news

Xing Klartext-Magazin
www.xing.com/news/klartext

Xing Talk-Videoreihe
www.xing.com/talk



HANSESTATEMENT: 

Die Herausforderungen des Medienstandorts Hamburg - ein Hamburg Digital Statement von Chefredakteur Thomas Keup - am kommenden Mittwoch exklusiv hier auf HANSEVALLEY.


Ihr Hamburg Digital Marketing _____________________________________________


Willkommen bei HANSVALLEY - dem erfolgreichen Hamburg Wirtschaftsmagazin:
  • HANSEVALLEY wird gelesen - in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
  • HANSEVALLEY wird zitiert - in Medien, Pressearbeit und Marketing. 
  • HANSEVALLEY wird gefragt - von Entscheidern, Kammer und Senat.

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Mittwoch, 20. September 2017

HANSESTARTUPS an der Leuphana: "Gründen hat was mit Haltung zu tun."

HAMBURG DIGITAL REPORT

Sie ist die Nr. 1 unter den gründerfreundlichsten mittelgroßen Hochschulen Deutschlands. Sie weist als einzelne Universität viermal so viele Ausgründungen vor, wie alle staatlichen Hamburger Hochschulen zusammen. Sie ist die Heimat zahlreicher Größen aus Politik und Wirtschaft. Und Sie ist eine der fortschrittlichsten Hochschulen in der Metropolregion Hamburg: die Leuphana Universität Lüneburg


Das Libeskind-Zentralgebäude der Leuphana-Universität.
Foto: HANSEVALLEY
Was macht Lüneburg anders, als die Universität oder die Technische Universität in Hamburg? Was macht die Leuphana besser, um Gründern einen erfolgreichen Start in die Zukunft zu ermöglichen? Ein Blick hinter die Kulissen der Entrepreneurship-Universität am Lüneburger Bockelsberg vor den Toren der Freien und Hansestadt. Eine Hamburg Digital Report:

Die Wirtschaftswoche brachte es Anfang August d. J. auf den Punkt: Drei deutsche Hochschulen haben sich als besonders unternehmerfreundlich aufgestellt. 1. die führende Technische Universität in München - TUM. Das von der BMW-Eignerfamilie Quandt unterstützte Center for Innovation and Business Creation "UnternehmerTUM" gilt als Vorbild für Gründerberatung, Startupmentoring und Venture Capital. Eine weitere Adresse ist die private Handelshochschule in Leipzig - HHL. Die laut Gründungsradar "führende Business School für Entrepreneurship" macht mit ihrem "SpinLab" – den HHL Accelerator als hochschulübergreifende Plattform für Gründerförderung - auf sich aufmerksam.


Campus der Leuphana-Universität südöstlich von Hamburg.
Foto: Leuphana Universität
Die dritte herausragende Hochschule ist die Leuphana Universität - 60 km südöstlich von Hamburg. Zahlreiche Persönlichkeiten an Alster und Elbe haben an der Stiftungsuniversität in Niedersachsen studiert. Der Gründungsradar 2016 und eine Anfrage des Hamburger CDU-Abgeordneten Carsten Ovens brachte im Juni d. J. ans Licht: In Lüneburg wurden im vergangenen Jahr 55 durch das bundesweite "Exist"-Programm geförderte Jungunternehmen gegründet. An allen staatlichen Hamburger Hochschulen waren es laut Senat zusammen gerade einmal 14 Ausgründungen. 

Der Senat verweist auf die 6 Gründungen an der TU Hamburg, die noch unbekannte "Hamburg Open Online University" und die künftige Informatik-Plattform "Ahoi.Digital". Der Blick auf das futuristische Libeskind-Zentralgebäude der Leuphana macht hingegen klar: Hier wird nicht gekleckert. "Was wir sehen und erleben, hat Einfluss auf unser Denken und Handeln" ist auf der Landingpage zu lesen. "Die Universität für Entrepreneurship" steht als Überschrift auf der Broschüre des Leuphana "Entrepreneurship Hubs". Auf der Internetseite des 2013 gegründeten Hubs wird Hochschul-Präsident Prof. Dr. Sascha Spoun deutlich: "Entrepreneurship im Sinne der Leuphana ist nicht Gewinn-Maximierung, sondern Nutzen-Maximierung." 


Das Leuphana-Entrepreneurship-Team
Foto: Leuphana Universität
"Wir bilden Menschen für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aus", macht Carsten Wille, Koordinator für die Gründungsförderung und Gründerberater an der Universität von Lüneberg klar. Entrepreneurship - also Gründergeist und Unternehmerkultur - haben in Lüneburg lange Tradition. Dabei steht das unternehmerische Handeln im Mittelpunkt. Mehrere Professuren, Lehrstühle und Institute leben die Kultur. Sensibilisierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen fördern unternehmerisches Denken ebenso, wie individuelle Beratungsangebote sowie finanzielle und infrastrukturelle Förderungen.

Die Leuphana als ganzheitliche Universität für Entrepreneurship.

"Management und Entrepreneurship" ist mit fünf Profilthemen eine von vier Wissenschaftsinitiativen in Forschung und Lehre. 75 Professoren für Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaftspsychologie, Wirtschaftsrecht, Wirtschaftsinformatik und Ingenieurswissenschaften sind daran beteiligt. Die Verankerung des Leitgedankens bekräftigt der 52-jährige Gründerberater Wille mit einer ungewöhnlichen Aussage: "Wir haben aufgehört nachzudenken, Gründungen zu produzieren, denn wir als Hochschule können sie nicht produzieren." Der fortschrittliche Ansatz hat nicht zuletzt mit der "späten Geburt" der Leuphana zu tun.


Leuphana-Gründungsservice im Libeskind-Bau
Foto: HANSEVALLEY
2005 wurden die Universität Lüneburg und die Fachhochschule Nord-Ost-Niedersachsen zur neuen Universität zusammengeschlossen. Zwei Jahre später übernahm der deutsch-schweizerische Wirtschaftswissenschaftler Sascha Spoun mit 38 Jahren das Ruder und begann, die finanziell runtergewirtschaftete und zusammengewürfelte Hochschule neu zu denken. Die "Zeit" würdigt den "Mutigsten unter Deutschlands Univerversitätslenkern". "Präsident Tabula Rasa" - Gast-Professor in St. Gallen - entwickelt mit Scholz & Friends einen neue Identität, basierend auf der römischen Siedlung an gleicher Stelle - Leuphana. 

Seit 2010 nimmt sich Vizepräsidentin Prof. Dr. Sabine Remdisch des Entrepreneurships an, wird zum Aushängeschild der Unternehmer-Universität. Die Leiterin des Instituts für Performance Management beschäftigt sich u. a. mit dem Führen und Arbeiten in der digitalen Welt. Dazu forscht sie auch am "H-STAR Institute" der Universität Stanford. Mit dem Weiterbildungsprogramm Leuphana Enterprise Academy, dem Leuphana Forschumgszentrum für Entrepreneurship and its Evidence (RCE), der Leuphana Conference on Entrepreneurship (LCE) und einem umfangreichen Seminarprogramm des Gründungsservices zieht sich der Unternehmergedanke durch die Hochschule.

Studenten können mit Gründungen Credits für ihr Studium sammeln.

"Wir haben begonnen nachzudenken, was nötig ist, damit Gründungen entstehen", sagt Diplom-Kaufmann Carsten Wille, der seit 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gründungsberatung ist. Und ergänzt: "Man muß frühzeitig an den Leuten dran sein, um ihnen zu helfen." 3 Berater und insgesamt 7 Mitarbeiter kümmern sich in Lüneburg um den Gründungsservice. Dazu kommen Botschafter in den Fakultäten und externe Experten im Netzwerk. Es geht darum, eine Gründungskultur zu entwickeln. Carsten Wille ist stolz: "Uns interessieren nicht so sehr die Geschäftsidee, sondern die Köpfe." 



Im vergangenen Jahr ist man den nächsten Schritt gegangen und hat die Bereiche Gründungsservice, Careerservice, Alumniverein und Transferservice in einem gemeinsamen Bereich zusammengefasst. Während an anderen Exist-geförderten Einrichtungen gezählt wird, was durch den Prozeß gelaufen ist, zählt man an der Leuphana, mit wem man in Kontakt war. Qualität statt Quantität - wie von Präsident Spoun ausgerufen. "Wir sind unserem Ziel recht nahe gekommen, daß sich jeder einmal mit Gründung beschäftigt",  resümiert Carsten Wille im Interview mit HANSEVALLEY. 

Entrepreneurship als Schlüsselkompetenz für das 21. Jahrhundert. 

Im Oktober beginnt das neue Semester mit der traditionellen Startwoche, eine neue Generation auf unternehmerisches Denken vorzubereiten. Entrepreneurship ist an der Leuphana im Kurikulum aller drei Schulen - dem College, der Graduate School und an der Professional School verankert. Als Sohn eines Fahrzeugbau-Unternehmers spitzt Carsten Wille aber auch zu: "Es gibt nichts, was das Unternehmergen wissenschaftlich belegt." Umso besser zu wissen, dass in Lüneburg ein ganzheitlicher Ansatz vielen Studentinnen und Studenten die Chance gibt, einen unternehmerischen Weg zu gehen. 




 Hamburg Digital Background 

5. Leuphana Startup-Night
www.leuphana.de/kooperationen/regional/aktuell/veranstaltungen/3-night-of-the-start-ups.html

Leuphana Entrepreneurship Hub:
www.entrepreneurship-hub.de

Leuphana Gründungsservice:
www.leuphana.de/forschung/foerderung/existenzgruendung.html

Leuphana Wissenschaftsinitiative "Management und unternehmerisches Handeln":
www.leuphana.de/forschung/wissenschaftsinitiativen/management-und-unternehmerisches-handeln.html

Sonntag, 17. September 2017

HANSEPERSONALITY Dr. Sebastian Saxe: Erfolgsfaktoren für Digitalen Hafen und Digitale Stadt. 

HAMBURG DIGITAL SPEZIAL

Ein exklusives Spezial zum Digitalen Kristallisationspunkt "SmartPORT" und den Erfolgsfaktoren für den Digitalen Hafen und die Digitale Stadt Hamburg:


DIGITALER HAFEN:
  • HPA prüft AR und VR für Katastropheneinsätze
  • LoRaWAN-Netz für "Internet der Dinge" geplant
  • Cluster Stenzelring 2018 mit Glasfaser versorgt
DIGITALE PARTNER:
  • CDO der HPA begrüßt neuen CDO bei der HHLA
  • Zusammenarbeit aller digitalen Partner im Hafen
  • HPA wird neben HHLA Partner des Digital Hubs
DIGITALES HAMBURG:
  • Digitales Gründerland mit Steuererleichterungen
  • Koordination digitaler Aktivitäten von HPA+HHLA
  • Agile Verwaltung mit "Digital First" vorantreiben

Hafen und Hansestadt Hamburg sind auf dem Weg zu "SmartPORT" und "SmartCity". Ein Erfolgsfaktor dafür sind die Wechselwirkungen zwischen Hafen und Stadt. Der Hafen wird als "Innovationslabor" der Stadt Hamburg gesehen. Der eine kann vom anderen lernen, transferieren, skalieren - und Dinge können im "Kleinen"  - dem Hafen mit 7200 Hektar - erprobt und evaluiert werden.

Zuständig für Digitalisierung bei der HPA:
Chief Digital Officer Dr. Sebastian Saxe
Foto: HPA / Holger Grabtsch

Ein gebürtiger Hamburger, ein Kenner der Szene, Buchautor zur Digitalisierung und mit zuständig für die interessante Entwicklung zwischen Hafen und Stadt ist der Chief Digital Officer der Hamburg Port Authority, HPA. Wir haben mit Hamburgs Digitalem Hafenexperten gesprochen. Unser HANSPERSONALITY im Hamburg Digital Spezial ist Dr. Sebastian Saxe:


 Hafen und Hansestadt: 

Gehen wir gleich mitten hinein in die Chancen: Was kann die Stadt aus den Erfahrungen im Hafen - z. B. mit digitalen Verkehrsprojekten - lernen? Und bedarf es eines Rahmens mit klaren digitalen Akzenten für die "Werkstatt der Digitalen Stadt Hamburg"?

Mit der IAPH Konferenz im Jahre 2015 und der SmartPORT-Philosophie hat sich die HPA zu einer "Werkstatt für die Digitale Transformation" entwickelt. In dieser Werkstatt sind bei den SmartPORT-Projekten - die sich auf die Optimierung der straßen-, schienen- und wasserstraßen-seitigen Geschäftsprozesse beziehen - Erfahrungen, Prototypen und Produkte entstanden.


Multitouch-Tisch der HPA bei der Solutions Hamburg 2017
Foto: HANSEVALLEY
Um mit letzterem zu beginnen, ist mit der Nautischen Zentrale eine Leitstands- und Steuerzentralen-Architektur für die Wasserstraße entstanden, im SmartPORT Projekt „SmartRoad“ wurden neue Sensoren für den Verkehrsweg Straße getestet und evaluiert und mit dem Multitouch-Tisch wurden Erfahrungen hinsichtlich neuer Arbeitsweisen und -methoden mit neuen Endgeräten in Entscheidungssituationen im "Daily Business" in der Nautischen Zentrale zur Schiffsimulation oder bei Sturmfluten inkl. digitaler Überflutungskarte gesammelt.

Diese Erfahrungen muss die Stadt Hamburg auf ihrem Digitalisierungsweg nicht erneut machen. Teilhabe in diesem Zusammenhang bedeutet für die Stadt: von den Digitalen Erfahrungen des Hafens lernen und profitieren sowie entstandene Lösungen vom Hafen in die Stadt zu transferieren bzw. skalieren oder andersherum. So haben zum Beispiel die guten Erfahrungen mit dem Einsatz des Multitouch-Tisches im Hafen dazu geführt, dass eine solche Lösung mittlerweile auch von anderen städtischen Institutionen für eigene Zwecke eingesetzt wird – zum Beispiel für die Baustellenkoordinierung beim Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG).

 Hafen, Hubs & Handling: 

Wie kann der Hamburger Hafen bei der Digitalisierung im Wettbewerb mit Rotterdam und Antwerpen standhalten? Welche Planungs-, Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben bedürfen welche organisatorischen Verankerung in Hamburg auf Landesebene?

Für eine erfolgreiche Digitalisierung Hamburgs und speziell des Hamburger Hafens benötigen Politik und Verwaltung Experimentierräume auf allen Ebenen und in allen Feldern. Politisch und administrativ Verantwortliche für digitale Infrastrukturen und digitale Anwendungen müssen durch Mittel, Fachkompetenz und Zuständigkeit in die Lage versetzt werden, ihre Vorhaben ohne Abstimmungsnotwendigkeiten selbstständig umsetzen zu können.

Im Gegenzug muss die faire Anhörung aller Interessenträger und eine sehr viel höhere Transparenz zwischen den Stakeholdern und Digitalisierungsaktivitäten gewährleistet werden. Konkret sind solche Experimentierräume der „Digital Hub Logistics Hamburg“ für das Feld Logistik - die einer der bedeutendsten Branchen in unserer Stadt ist - und der „Digital-Space Hammerbrooklyn“ für das Feld Mobilität - das im Fokus unserer Bewerbung für den ITS-Weltkongress 2021 steht.

Die Wirtschaft ist eine starke Treiberin der Digitalisierung. Hamburg muss sich zum digitalen Wirtschaftsstandort und digitalen Gründerland entwickeln. Deshalb sind alle bürokratischen Regelungen zu überprüfen, die das Entstehen von Innovationen, Gründungsprozessen und das erfolgreiche Agieren von Start-ups betreffen. Weitere staatliche Anreize für Unternehmensgründung und -tätigkeit, etwa vorübergehende Steuererleichterungen oder steuerliche Förderungsmöglichkeiten, sind zu unterstützen. 

 Hafen Hamburg Hoch 3: 

Stichwort Hafenplayer und IT: Wieso ist in Hinblick auf die Digitalisierung eine Abstimmung aller Beteiligten im Hamburger Hafen – unter Berücksichtigung von DAKOSY und der HHLA – für die erfolgreiche Transformation aus Ihrer Sicht wichtig? 

Teilhabe im Kontext der Digitalisierung berührt in der Stadt und im Hafen noch einen anderen Aspekt: Vernetzte Herausforderungen in der Stadt und im Hamburger Hafen erfordern vernetzte Lösungen. Dafür ist es zum Beispiel im Hamburger Hafen wichtig, dass alle Player sich stärker für gemeinsame Strategien engagieren. Bei klassischen IT-Applikationen wird dies vorbildhaft gelebt. Dieses zeigt die Verständigung der Hafenwirtschaft auf einen gemeinsamen Dienstleister für Hafenapplikationen. Diese Verständigung gilt es auch bei der Digitalisierung zu gestalten.

Die Hamburger Hafenwirtschaft hängt davon ab, dass sie Digitalisierung als Chance begreift: Denn Digitalisierung eröffnet neue Märkte – für etablierte Player in dem Segment und solche, die branchenfremd und bisher nicht aufgetreten sind, wie zum Beispiel Google, Amazon und Alibaba. Die Wirtschaft selbst ist eine starke Treiberin von Innovation sowie Gestaltung, und auch lokale Wirtschaftsunternehmen müssen sich dieser Rolle bewusst sein.

Ein Ort dafür kann der im Hafen entstehende „Digital Hub Logistics Hamburg“ – initiiert vom Bundeswirtschaftsministerium und von Digitalverband Bitkom - unter Schirmherrschaft der BWVI sein, an dem sich auch die HPA beteiligt. Dort werden Gründer und KMU, Wissenschaft und Forschung, Großunternehmen sowie Kapitalgeber an einem Ort zusammengebracht, um die digitale Transformation der Logistikbranche zu befeuern.

 Hamburg, HPA & HHLA: 

Sie plädieren für eine faire Zusammenarbeit der städtischen Akteure im Hafen: Wie könnten Rahmenbedingungen für die Player der Stadt aussehen und wie bekommt man zusammen mehr Tempo in die Entwicklung des Wirtschaftsmotors? 

Beschäftigte im Hamburger Hafen müssen für die Digitalisierung sensibilisiert und ihre Fertigkeiten und Fähigkeiten müssen regelmäßig weiterentwickelt werden. Die Mitarbeiter/innen sollten nicht mehr von der Digitalisierung Betroffene sein, sondern die Entwicklung aktiv mitgestalten.

Der eingeschlagene Weg, Strukturen und Prozesse in der Hamburger Politik und Verwaltung neu auszurichten und weiter zu professionalisieren, muss konsequent fortgesetzt werden. Dazu ist eine umfassende übergeordnete Strategie für den Hafen erforderlich, die in einem iterativen Prozess dezentraler Innovationen und zentraler staatlicher (Re-)Aktionen entsteht.

Den organisatorischen Rahmen bildet ein Multi-Stakeholder-Ansatz, der die wesentlichen Akteure - Politik, Verwaltung, Unternehmen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft - vernetzend einbezieht. Um die Digitalisierungsaktivitäten der öffentlichen Unternehmen zu bündeln und ganzheitlich zu fokussieren, wäre beispielsweise der Einsatz einer übergreifenden, virtuellen Vernetzungseinheit sinnvoll. Nur so, können die teilweise voneinander losgelösten, sektoriellen Initiativen der einzelnen Stakeholder auf eine übergeordnete Vision einzahlen.


 Hafen & Highspeed: 

Sprechen wir über ein heiß diskutiertes Thema: Wie steht es aktuell um die Glasfaserversorgung im Hamburger Hafen? Hier gab es zuletzt scharfe Kritik der Handelskammer und einiger Hafenunternehmen.

Im Februar 2017 fand ein erstes Treffen mit allen Stakeholdern und der HPA statt. In dem konstruktiven Austausch waren sich alle Teilnehmer einig, dass eine kurzfristige Verbesserung notwendig ist. Die Deutsche Telekom und 1&1 Versatel stellten ihre konkreten Konzepte im Hafen vor und warben um Interessenten. Im Übrigen ist der Ausbau des Breitbands auch finanziell öffentlich förderbar. &1 Versatel hat die Initiative ergriffen und mit diversen Unternehmen der Hafenwirtschaft Kontakt aufgenommen. Teilweise wurden erste Breitbandverträge unterzeichnet.

Das überzeugende Angebot von 1&1 Versatel: Sobald in einem bestimmten Hafengebiet genügend Kunden zur Unterzeichnung von Neuverträgen gefunden wurden, wird der Ausbau mit Glasfasernetz sowie die Anbindung des Kunden auf eigene Kosten durchgeführt. Es entstehen keine Erschließungskosten für die hochmoderne, performante Glasfaserinfrastruktur. Im Gegenzug binden sich die Kunden für 5 Jahre an das Unternehmen. Für die zweite Jahreshälfte 2017 plant 1&1 bereits, weite Teile des Hafen Hamburgs mit mind. 1 Gbit/s und mehr an das eigene Glasfasernetz anzubinden.

Voraussetzung ist, dass sich ausreichend Unternehmen in einem Gebiet für die Anbindung entscheiden. Nach aktuellem Stand haben bereits zahlreiche Cluster die kritische Grenze erreicht, so dass sich 1&1 Versatel sich dazu entschlossen hat, die grünen Cluster in diesem und kommendem Jahr auszubauen. Der Cluster Stenzelring (dunkelgrün) soll als erstes ausgebaut werden. Die Baumaßnahmen sollen noch in diesem Jahr beginnen. In den gelben und roten Clustern ist die kritische Masse noch nicht erreicht, so dass sich der Ausbau noch nicht lohnt.



Geplante Bereiche zur Breitband-Versorgung im Hafen.
 Hafen & Hightech: 

Glasfaser ist für digitale Prozesse im Hafen unerlässlich. Warum ist zudem der Aufbau eines sogenannten LoRaWAN-Netzes für den Hafen interessant und wieso bringt es Geschwindigkeit bei der Realisierung von Projekten für das Internet der Dinge (IoT)? 

Das Thema Internet der Dinge spielt bei der Digitalisierung im Hamburger Hafen eine immer größer werdende Rolle. Da das Hafengebiet durch zahlreiche Hindernisse durchzogen ist, sind bauliche Maßnahmen schwierig. Um das Thema kostengünstig und kurzfristig im Hafen zu ermöglichen, bedarf es eines Funknetz, um Geräte und Sensoren miteinander zu vernetzen. Das avisierte Funknetz ist ein sog. LoRaWAN-Netz (Low Range Wide Area Network). Wie wir von Rotterdam, dem Leipziger als auch vom Hamburger Flughafen lernen, läßt sich so ein Netz in wenigen Wochen installieren.

Das LoRaWAN („Long Range Low Power“) ist in Rotterdam flächendeckend verfügbar. Das Besondere ist, dass es sich für Geräte eignet, die wenig Strom und geringe Bandbreite benötigen – ob es um Sensoren zur Messung der Wasserhöhe geht, um eine App, die verfügbare LKW-Parkplätze übermittelt, oder um Sensoren, die Echtzeitmessungen der Luftqualität ermöglichen. Objekte, wie Boote und Autos, die Infrastruktur im Hafen, Abfallcontainer und Lichtmasten sowie Lichtsignalanlagen (Ampeln) können mit diesem Netz Anweisungen erhalten (an/aus, auf/zu) und Informationen weitervermitteln (Auslastung, Feinstoffbelastung).

Für 2018 wird der Aufbau eines LoRaWAN-Netzes im Hamburger Hafen angestrebt, da so kurzfristig eine geeignete Infrastruktur zur Anbindung von Sensoren im Hafen bereitgestellt werden kann. Dies stärkt die Nachhaltigkeit des Hafens und Infrastrukturen lassen sich zunehmend intelligent überwachen.


Wenn wir über Funknetze im Hafen sprechen, müssen wir auch über den Mobilfunk sprechen: Welche Chancen und Perspektiven bringt das Projekt „5G-Monarch“ dem Hamburger Hafen und der Handelsstadt?

Parallel zur LoRaWAN-Entwicklung wurde Hamburg von der EU als Forschungslabor für den neuen Mobilfunkstandard 5G auserkoren. Die 5. Mobilfunk-Generation soll Datenraten von bis zu 10 Gibt/s erreichen. Das wäre etwa 10-mal so schnell, wie der aktuelle LTE-Standard. Gleichzeitig bietet 5G technische Neuerungen ,wie das Network-Slicing. Der Vorteil ist, dass "geslicte Netze" unterschiedliche, sogar widersprüchliche Eigenschaften haben können, und so spezifischen Anforderungen eines bestimmten Anwendungsfalls gerecht werden können. Damit sind die Netze hochflexibel und zuverlässig.

Ab 2021 planen die Mobilfunkbetreiber, den neuen Netzstandard flächendeckend einzuführen. Gleich mehrere europäische Städte buhlten um die Fördergelder – am Ende erhielten nur Venedig und Hamburg den Zuschlag für das "5G-MoNArch"-Projekt. In Hamburg steht die industrielle Nutzung im Mittelpunkt. Um die Möglichkeiten der mobilen Datenübertragung zur Vernetzung von Maschinen zu testen, stellt der Hamburger Hafen ein ideales Testareal dar.

Mehrere 5G-Mobilfunkmasten – verteilt über das gesamte Hafengelände – werden dazu errichtet und sollen technische Anlagen mittels Sensoren überwachen und später über Aktoren steuern. Die Testphase hat an 01.07.2017 begonnen und endet im Juni 2019. Ab 2021 soll 5G in Deutschland ausgerollt werden. Als Drehkreuz im Norden Europas, als Vorreiter in Sachen Digitalisierung und als Medienhauptstadt ist Hamburg prädestiniert, 5G flächendeckend als "First Mover“ einzuführen. Wir sollten alles tun, dass Hamburg nach dem Forschungsprojekt eine der ersten Städte sein wird, wo 5G flächendeckend eingeführt wird.

 Hafen vs. Hacker: 

Wieso ist für die Digitalisierung eine sichere IT-Infrastruktur ein so wichtiger Faktor? Sollte es aus Ihrer Sicht z. B. auch einen Cyber-Sicherheitsrat-IT im Hafen geben? 

Für das Gelingen der Digitalisierung in Hamburg und im Hamburger Hafen ist die IT-Sicherheit ein wesentlicher Faktor. Sie ist eine Aufgabe für alle. Eine sichere IT erfordert klare Verantwortlichkeiten. Ein weiterer Baustein ist eine Technologie- und Industriepolitik, die auf Souveränität und Sicherheitsinnovation setzt. Flankiert werden muss dies durch einen Ausbau der digitalen Kompetenz sowie Fortbildung und Ausbau der Sicherheitsbehörden bei der Cybersicherheit.

Digitalisierung erfordert eine hohe Priorität beim Schutz von Daten im öffentlichen und im privaten Bereich sowie die Datensouveränität jedes Einzelnen. Ein digitales Hamburg darf sich gleichwohl die Innovationschancen der Digitalisierung nicht durch überzogenen Datenschutz verbauen. Vor diesem Hintergrund müssen die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sensibel und mit gebotenem Pragmatismus reflektiert und angepasst werden.

Darüber hinaus kommt dem Staat und den Unternehmen die Aufgabe zu, kritische digitale Infrastrukturen so zu schützen, dass vernetzte Daten, Objekte und Systeme nicht von außen durch Dritte manipuliert oder gar von ihnen gesteuert werden können. Dies gilt insbesondere für den Hafen in Bezug auf das Thema Internet der Dinge: weder ein mit Sensoren ausgestatteter Van Carrier noch eine über Aktoren gesteuerte Schleuse oder Brücke darf durch Dritte beeinflusst werden.

Da die IT-Sicherheit im Hafen eine gesamthafenwirtschaftliche Aufgabe ist, gilt es Interaktion, Kommunikation und die Organisation zwischen Staat, Unternehmen, Bürger/innen und Gesellschaft neu zu justieren. Diese Aufgabe könnte im Hafen ein Cyber-Sicherheitsrat leisten. In ihm würde sich auch der politische Wille widerspiegeln, die IT-Systeme des Hafens bestmöglich zu sichern.


 HH, Digital & Analog: 

Kommen wir zu einem anderen Thema: Was kann man sich unter "Assistenz-Infrasrukturen" in einer Digitalen Stadt Hamburg vorstellen? Welche Bedeutung haben diese für die digitale Entwickung der Hansestadt?

Neben dem Zugang zu digitaler Infrastruktur ist die Gewährleistung digitaler Souveränität ein wichtiges Ziel. Um die Nutzung der Digitalisierung in Hamburg zu fördern, sollte eine – nicht nur digitale, sondern auch eine physische Infrastrukturen aufgebaut werden. Sie hilft, bisher abseits stehenden Bevölkerungsgruppen, die Chancen der Technologien (z.B. in Gesundheit, Bildung und im Verkehr) zu nutzen. Darüber hinaus sollten bezahlbare und unabhängige Angebote und Werkzeuge für eine sichere Kommunikation und die Interaktion zwischen Playern in der Stadt bereitgestellt werden. 

Ein Beispiel hierfür ist der im Wettbewerb „Land der Ideen“ ausgezeichnete Medizincontainer für Flüchtlinge. Die Medizincontainer wirken wie simple Baucontainer. Sie beherbergen aber eine Arztpraxis mit Internetanschluss, über den ein Dolmetscher live zugeschaltet werden kann. So wird ein Problem gelöst, mit dem Ärzte täglich konfrontiert sind: die Sprachenvielfalt der Hilfesuchenden. Über den Video-Dolmetscherdienst SAVD stehen Übersetzer in rund 50 Sprachen sofort bereit. Das spart Zeit und vermeidet Missverständnisse zwischen Arzt und Patient.


 Hamburg & Haltung: 

Kommen wir nach Strukturen und Technologien zu einem weiteren Faktor: Wieso ist die Digitalisierung eigentlich mehr als Technik? Warum ist der Umgang mit ihr für Sie auch eine Frage der Haltung und warum erfordert dies ein grundsätzliches Umdenken?

Digitalisierung verändert alle Bereiche unseres Lebens – grundlegend, schnell, unumkehrbar. Nicht nur die Hamburger Wirtschaft, Politik und die Gesellschaft insgesamt, auch die Lebenswelt jedes Einzelnen ist davon betroffen. Zwei schöne Beispiele aus dem Hamburger Hafen sind das digitale Arbeiten in der Nautischen Zentrale und die digitalen Abläufe auf dem Container Terminal Altenwerder (CTA). Gleichzeitig ist die Digitalisierung im Hinblick auf Zukunftsperspektiven der hier lebenden Menschen ein immer wichtigerer Baustein für ihren Alltag und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit.

Verwaltungsangebote werden in Hamburg zunehmend einfacher und kundenfreundlicher digital zur Verfügung gestellt. Dies wird seitens der Stadt mit dem Programm „Digital First“ vorangetrieben. Aber auch jenseits des klassischen E-Government bzw. der digitalen Verwaltung setzen verschiedene Einrichtungen der Stadt digitale Angebote um, z. B. die geplante digitale Kulturvermittlung beim Spaziergang durch das Weltkulturerbe Speicherstadt.

Damit alle Menschen und Regionen am digitalen Fortschritt teilhaben können, muss der Hamburger Senat konsequent die sich aus der Digitalisierung ergebenden Veränderungen fokussiert gestalten und positiv nutzbar machen. Digitalisierung ist mehr als Technik: Der Umgang mit ihr ist vor allem eine Frage der Haltung und erfordert ein grundsätzliches Umdenken: 

Nicht Risiken und Ohnmacht, sondern Chancen und Gestaltungspotential müssen im Vordergrund stehen. Diese Haltungsänderung gilt es anzusprechen, indem die Lust auf Digitalisierung geweckt und ihre Chancen durch positive Bilder der Zukunft in den Vordergrund gestellt werden. Im Mittelpunkt der Digitalisierung muss immer der Mensch stehen. Auch Fragen der gesellschaftlichen Teilhabe in Hamburg müssen und können in diesem Zusammenhang neu gestellt und beantwortet werden.

 Hamburg & die Welt: 

Zu guter Letzt: Warum brauchen wir in Deutschland - und damit in Hamburg und im Hamburger Hafen - mehr Geschwindigkeit bei der digitalen Transformation? 

Wenn Deutschland sich vom digitalen Entwicklungsland zu einem digitalen Champion entwickeln soll, brauchen wir vor allem ein höheres Tempo: flächendeckend mehr Geschwindigkeit für die Internetzugänge und insbesondere mehr Tempo bei der Schaffung adäquater Rahmenbedingungen. Heruntergebrochen ist dieses auch zu bewerkstelligen in unserer Digitalen Stadt und unserem Digitalen Hafen – wobei wir dort jeweils auf gutem Weg sind.

Zu erreichen ist der deutsche Aufholprozess nur bei konstant hoher Geschwindigkeit und konsequenter Umsetzung. Gepaart sein muss die Digitalisierung daher mit Agilität bei Unternehmen und Verwaltung, mit Mut und Weitsicht - und mit gesunden Pragmatismus.
In Hamburg sind wir auf gutem Kurs: Digitalisierung umfasst als Querschnittsthema alle Lebens- und Politikbereiche. Sie stellt uns somit vor umfassende Planungs-, Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben im Stadtstaat, die eine adäquate organisatorische Verankerung von Zuständigkeiten erfordern. Daher sind diese Aufgaben in Hamburg auch in der Senatskanzlei bei der Leitstelle Digitale Stadt angesiedelt und für die Stadt wird die Stelle eines CDO eingerichtet. Die übergreifende Herausforderung liegt hier vor allem darin, leistungsfähige digitale Infrastrukturen zu schaffen, Fragen der Datensouveränität und Sicherheit zu konkretisieren, die Vernetzung zwischen Akteuren und Institutionen zu unterstützen sowie einen ordnungspolitischen Rahmen zu etablieren.

Die Interaktion zwischen öffentlicher Verwaltung, Bürgerschaft und Unternehmen wird mit dem Ziel einer agileren Verwaltung neu auszurichten sein. Grundsätzlich sollten Prozesse so aufgesetzt werden, dass der Nutzen für die Menschen (also die Bürger) und eine intuitive, einfache „User Experience“ im Vordergrund stehen. Insbesondere sollte die Möglichkeit genutzt werden, Echtzeitdaten aufzunehmen, zu verarbeiten und darauf aufbauend Entscheidungen zu unterstützen. Diese Nutzerzentrierung ist einer der zentralen Leitgedanken des schon angesprochenen Vorhabens „Digital First“.

Übergreifende Steuerung und Koordinierung wird aber auch im Hamburger Hafen etabliert. Neben der HPA hat jetzt auch die HHLA einen CDO implementiert. Digitale Lösungskompetenz wird daher nun auch bei der HHLA im Rahmen der gegebenen Fachlichkeit entwickelt – und der Anspruch ist groß: Schließlich will die HHLA Motors des digitalen Wandels im Hamburger Hafen werden.

Vielen Dank für die klaren Worte!
Das Gespräch führte Thomas Keup.


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 Hamburg Digital Background: 

HAFEN & LOGISTIK

HPA-Projekt "SmartPort"

Digital Hub Logistics Hamburg