Donnerstag, 6. September 2018

HANSESTARTUPS: Acceleration - ein wenig wie "Zuckerbrot und Peitsche".

HAMBURG STARTUP REPORT

Das Startup-Business - geprägt von Inkubation, Acceleration und Funding. Venture Capital Geber und ihre Spielregeln dominieren die Szene. Schnelles Wachstum und die Verdoppelung des Unternehmenswertes als 18 bis 24 Monate gehören zur Pflicht. Startup-Brutkästen schleifen alle 3 bis 6 Monate neue Kandidaten durch Standard-Programme mit Business Modelling für Massenmärkte. Nach dem Demo Day ist meist Schluss, wie "halbtote" Startups nicht nur des Next Media Accelerator & Co. zeigen.


Speedup Europe in Hamburg: 100 Teams, 80% Erfolgsquote
Foto: Speedup Europe

Wer gründet, braucht mehr als 6 Monate Support. Wer gründet, braucht mehr als Standardfloskeln. Wer gründet, braucht einen Plan. Die Europäische Union weiß das. Mit dem Programm "Speed Up Europe" setzte sie auf Nachhaltigkeit bei der Förderung: 100 Startups wurden über 9 Monate begleitet. Nur 80% packten das intensive Programm aus Prototyping, Validierung und Markterschließung. Am Ende standen echte Kunden, echte Umsätze und echte Markterschließung. Vorbild für Hamburg und die Region? Ein Hamburg Startup Report.

Stefan Stengel ist kein Startupper, wie er im Bilderbuch steht: kein Hoodie und keine Skimütze, kein Hipster-Bart und keine Nerdbrille. Auch keine Ringelsöckchen und bunte Sneaekers. Der in Hamburg und Lübeck engagierte Berater würde bei Acceleratoren bzw. Inkubatoren bekannter M&A-Berater glatt als nicht imagekonform durchfallen. Dennoch steht auf seiner Visitenkarte 'Programm-Manager Accelerator'. Mit dem deutschen "Speedup Europe" Hub in Ottensen hat er bewiesen, das Startupförderung nachhaltig geht. 

Von September 2014 bis November 2015 ging es erstmals los. 96 Teams aus 13 Ländern Europas starteten zur 9-monatigen Reise in die Zukunft. 82% überlebten die jeweils 3-monatigen Entwicklungsstufen. Mit bis zu 30% "Verlusten" kalkulierten die Organisatoren. 2/3 der beteiligten Jungunternehmen sind auch 3 Jahre nach dem Start von "Speedup Europe" noch live, eine Quote bei der Hamburger Acceleratoren nicht mithalten können dürften. 


Hippstertum geht anders: Präsenzpflicht im "Speedup" Hub Hamburg
Foto: Speedup Europe

Kein "Bronze-Status" mit warmem Händedruck und Abzocke

Der Accelerator setzte auf Zukunftsthemen, wie Energie, Smart City und Mobility. Die betreuten Teammitglieder kamen aus ganz Europa, von Schweden über Deutschland und die Niederlande bis nach Großbritannien, von Frankreich und Italien bis Spanien. Bis heute sind über 60 Teams allein im Hamburger Hub dabei gewesen. Startups, die für das EU-Programm ausgewählt wurden, bekamen 50.000,- € pro Team. Einen "Bronze-Status" mit warmem Händedruck und abgezockten Firmenanteilen gab es nicht. 

Der Accelerator kümmerte sich über die 9 Monate vor allem um 2 Schlüsselfragen: 


Wo stecken die digitalen Geschäftsmodelle? 
Wie verdienen wir in Zukunft unser Geld?

200 Coaches begleiteten die fast 100 Teams. Dabei sind rd. 100 Expertenvorträge über die 9 Monate verpflichtend gewesen. Nicht genug: Hinzu kamen Coachings mit Bewertung durch die Coaches und Workshops zu allen Schlüsselthemen. Märchen, wie von NMA-Personal verbreitet, konnten hier nicht die Runde machen. Jedes Team musste wöchentliche Reports schreiben. Dazu kamen Reviews, ob es Probleme von Startuppern, den Teams oder den Startup-Projekten gab.

Hinzu kam die Bewertung der Pitches und die aktive Arbeit im Hub. Und die war zu 50% verpflichtend. Bei 3 Teammitgliedern hieß das 60 Stunden Präsenzzeit für das Team pro Woche. Hub-Leiter Stefan Stengel hatte selbst 16 Teams im Batch betreut. Entsprechend hoch war der Ergeiz des Unternehmers: "Ich wollte alle meine Teams durchbringen". Offenherzig gibt er zu: "Das hat schon was von Zuckerbrot und Peitsche." Damit gehört das EU-geförderte Programm eher nicht zu freiwilligen "Sperrholzmöbel-Fraktion".

Mit "Zuckerbrot und Peitsche" zum nachhaltigen Erfolg.

Die 30 besten Teams konnten sich nach 9 anstrengenden Monaten über die Chance auf die ganz große "Möhre" freuen. Im Rahmen der ECFI European Conference wurden die 5 besten Startups Europas gekührt. Mit Preisen von 50.000,- bis 200.000,- €. Krönender Abschluss des Batches war eine 1-wöchige Fahrt mit 45 Teilnehmern ins Silicon Valley einschl. Besuch einer Lean Startup-Konferenz. Eine gute Gelegenheit, nach erfolgreicher Entwicklung des eigenen MVP schon mal internationale Luft zu schnuppern.


Kennt das Startup-Business:
Unternehmer Stefan Stengel
Foto: Stefan Stengel
Der erfahrene Gründer Stefan Stengel betont, dass Startupper mit dem Habitus eines Elite-Absolventen bei "Speedup Europe" so gut wie nie zu finden waren - und kaum eine Chance hatten. "Quick & Dirty" war durch die 6-monatige Vorphase mit Auswahlprozess bei diesem Programm praktisch nicht möglich. Damit ist "Speedup Europe" für schnelle Geschäftsmodelle, entsprechend fokussierte Gründer und Investoren eher nichts. A und O des Programms war vor allem die Bereitschaft zur nachhaltigen Zusammenarbeit. 

Größte Motivation: Die Welt ein bisschen besser machen.

So kann der Hamburger Hub-Manager mit Stolz berichten, dass 3/4 der Teilnehmer aus dem Programm 2014/2015 es nicht gemacht haben, um reich zu werden. Statt dessen herrschte große Motivation, die Welt ein bisschen besser zu machen. So ist es kein Wunder, dass zahlreiche Geschäftsmodelle aus den Bereichen CleanTech und Smart City stammen. Beispiele aus Hamburg sind z. B. das Erfolgsstartup "Breeze" mit seinen Luftsensoren, aber auch "FashionCloud", die 2015 die Siegerprämie des EU-Ausscheids von 200.000,- € nach Hause holten.

Die Europäische Union ließ sich das Programm einiges kosten: 5,5 Mio. € investierte die EU in eine "Speedup Europe". 5,0 Mio. € flossen in die Startups, dazu eine halbe Million Euro Preisgeld des European Top-5-Awards. Auf die weitere Entwicklung angesprochen, hat der Hamburger Hub-Leiter eine klare Vorstellung, wo er hin will: Anfang kommenden Jahres gibt es nach "Speedup"-Vorbild einen Nachfolger mit 15 Teams bei uns in der Region - in Lübeck, unterstützt vom Land und den Clustern für Food und Life Science, Logistik und Smart City.


Lübeck - Heimat des neuen nachhaltigen EU-Accelerators 2019
Foto: mediaserver.hamburg.de / Geheimtipp Hamburg

Nach dem Bericht über die Hamburger Durchlauferhitzer fragten Leser: Wie können Alternativen zu den Next Acceleratoren aussehen? Die HANSESTARTUPS-Empfehlung sind intensive und nachhaltige Programme. Das neue Programm in Lübeck kann eine Alternative werden zu Abzocke, Bullshitting und Startups allein lassen. Und da lohnt sich vielleicht auch die Fahrt in die Hansestadt 45 Minuten vor den Toren unseres ehrbaren aber nicht immer nur nachhaltigen Hamburgs. Wäre nicht das erste Mal, das Hamburg seine Chancen verschläft. Wir werden berichten.

Hamburg Startup Background:

HANSESTARTUPS: Next Acceleratoren - Die Durchlauferhitzer des Bodo Kraeter.
hh.hansevalley.de/2018/08/hansestartups-next-acceleratoren.html

HANSEINVESTIGATION: Die Startup-Abzocke von Harburg.

hh.hansevalley.de/2018/01/hanseinvestigation-tutech-teil3.html

 Hamburg Digital Background: 

Stefan Stengel, Hamburg/Lübeck:
https://tec.tours/ueber-uns/

"Speedup Europe" - Hub Hamburg:
teams.speedupeurope.eu/?jetpack-portfolio-tag=hub-hamburg

European Community Foundation Initiative - ECFI:
communityfoundations.eu/home.html

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen